Hamburgerin des Monats: Tanja Wilhelm vom Elfenboten

„Der neue Elfenbote“ der Förderschule Elfenwiese wurde im feierlichen Rahmen von Bildungssenator Ties Rabe als eine der besten Schülerzeitungen Hamburgs ausgezeichnet. Zum fünften Mal in Folge. Seit der ersten Ausgabe als Chefredakteurin dabei: Tanja Wilhelm – unsere Hamburgerin des Monats. Ein Gespräch mit der Erzieherin und ihrer Redaktion über wortgetreues Schreiben, Kiss-Konzerte und Ärgernisse des öffentlichen Nahverkehrs
Hintere Reihe von links nach rechts: Tanja Wilhelm, Simon Gerstenkorn, Viola Böger, Ibrahim „Ibo“ Kadim; vorne von links nach rechts: Samantha Klatt, Lenia Schmöle, Maire Wegner (©Markus Gölzer)
Hintere Reihe von links nach rechts: Tanja Wilhelm, Simon Gerstenkorn, Viola Böger, Ibrahim „Ibo“ Kadim; vorne von links nach rechts: Samantha Klatt, Lenia Schmöle, Maire Wegner (©Markus Gölzer)

Szene Hamburg: Was hat der Elfenbote, was andere Schülerzeitungen nicht haben?

Redakteur Simon Gerstenkorn: Es gibt so viel Zeitungen auf der Welt, die nur Erwachsene schreiben. Und der „Elfenbote“ ist nur von uns. Da hat kein Erwachsener mitgeschrieben. Beim Elfenboten kommen nur wir Kinder zu Wort.

Tanja Wilhelm: Das Besondere im Vergleich zu anderen Schülerzeitungen ist, dass die Schüler beim Elfenboten sehr wortgetreu und echt schreiben. Nicht schön ausformuliert für eine Deutscharbeit, sondern so, wie sie frei sprechen und erzählen. Und wir haben einen großen Themenmix: von Schulausflügen über kritische Betrachtungen der Welt bis zum Leben im Rollstuhl. Oder auch mal Trauriges und Bewegendes aus dem Alltag der Schüler. Ich glaube, das ist das, was gemocht wird.

Simon Gerstenkorn: Ich war letztes Jahr auf einem Kiss-Konzert. Darüber habe ich einen Bericht geschrieben. Wie das war und so. Ich bin ein Kiss-Fan und fand das cool, da mal hingehen zu können. Das war mein erstes Konzert.

Was findet ihr gut an der redaktionellen Arbeit?

Redakteurin Maire Wegner: Wir schreiben gerne!

Redakteurin Lenia Schmöle: Mir macht die Schülerzeitung Spaß, weil so auch andere Kinder erfahren, was man mag, was einen interessiert und man dann voneinander mehr weiß.

Redakteur Ibrahim „Ibo“ Kadim: Ich mag, dass wir selbst entscheiden, was wir schreiben möchten. Wir können unsere Meinung sagen.

Redakteur? Im Zweifel entscheidet das Los

Wie oft wechselt die Redaktion des „Elfenboten“?

Simon Gerstenkorn: Man ist ein halbes Jahr in der Arbeitsgruppe Schülerzeitung und in dieser Zeit sammelt man Ideen, schreibt an der Zeitung mit. Dann kommt sie raus. Und nach den Sommerferien geht’s von vorn los.

Tanja Wilhelm: Die Schüler dürfen auch zwei, drei, vier oder fünf Mal in der Schülerzeitung sein. Wie sie Lust haben. Manche kommen nur ein Mal. Manche immer wieder. Grundsätzlich gilt: Wir können pro Halbjahr neun Schüler aufnehmen. Wenn sich mehr bewerben, entscheidet das Los.

Wie läuft die Themenauswahl?

Redakteurin Samantha Klatt: Das entscheiden wir. Ich habe über Disney geschrieben, weil ich die Filme so gerne mag. Ich kenne mich gut aus mit Disney-Filmen.

Simon Gerstenkorn: Alle Mitglieder der Redaktion berichten, was passiert ist, wo sie hingegangen sind, was sie mögen. So wie bei mir das Kiss-Konzert. Dann kann man einen Artikel darüber schreiben.

Tanja Wilhelm: Es sind aber nicht nur die reinen Redakteure, die hier etwas verfassen, sondern auch Gastredakteure aus anderen Klassen. Wenn jemand sagt, ich hab da ein Thema, darf ich das einreichen, dann wird dieser Artikel natürlich ebenfalls gerne von uns veröffentlicht. Wir stellen in jeder Zeitung neue Mitarbeiter der Schule vor und berichten, wenn Kollegen ausfallen und Babys bekommen. Die Babys heißen dann bei uns Elfenbabys.

Ich habe über Disney geschrieben, weil ich die Filme so gerne mag

Redakteurin Samantha Klatt

Kommt es mal zu hitzigen Debatten bei Redaktionssitzungen?

Ibrahim „Ibo“ Kadim: Wir diskutieren manchmal, was bei Themen rein kann. Manchmal wird’s auch lauter, aber eigentlich nur, weil wir so viel Spaß miteinander haben. Wir lachen gerne, oft und viel.

Schreibt ihr auch über Dinge, die euch nerven?

Simon Gerstenkorn: Ja. Ein Redakteur hat einmal einen Beitrag über einen Bus geschrieben, den er knapp verpasst hat. Er wollte gerade einsteigen, der Busfahrer hat ihn auch gesehen und ist einfach losgefahren. Das fand er dann nicht so toll. Er hat dann viel darüber geschrieben, was aus seiner Sicht beim öffentlichen Verkehr schlecht läuft und sich richtig beschwert.

„Die Prominenten dürfen sich gerne bei uns melden“

Johannes Oerding war auch schon auf dem Cover. Was war da los?

Tanja Wilhelm: Ein Schüler hat ein Meet & Greet gewonnen, hat sich Fragen überlegt, ihn interviewt und gefragt, ob er das bei uns in der Schülerzeitung verwenden darf. Leider war Johannes Oerding nicht bei uns an der Schule. (lacht)

Habt ihr öfter prominente Gesprächspartner?

Tanja Wilhelm: Noch nicht, aber wir warten drauf. Die Prominenten dürfen sich gerne bei uns melden. (lacht)

Was sind eure Lieblingsartikel? Oder eure Lieblingsrubrik?

Maire Wegner: Ich find’s cool, dass ich jetzt über die Pferde schreiben kann. Manche haben Angst vor Pferden. Aber ich nicht.

Simon Gerstenkorn: Einige aus der Mittelstufe und Oberstufe waren im Februar beim Skifahren im Schwarzwald. Die sind leider heute nicht hier, sonst könnten die auch was sagen. Dazu wollte ich auf jeden Fall einen Beitrag schreiben.

Gibt es Feedback von Leserinnen und Lesern?

Tanja Wilhelm: Manchmal. Wir kriegen immer zurückgemeldet, wie toll sie die Zeitung finden, dass es so Spaß gemacht, hat sie zu lesen. Leserbriefe sind selten, haben wir aber auch schon bekommen.

Eine Auflage von 150 bis 200 Stück

Gab’s schon mal Ärger wegen eines Artikels?

Tanja Wilhelm: Nein, obwohl die Schüler schon auch ihre Kritik äußern, was sie an der Schule stört, wo sie sich was anderes wünschen. Bis jetzt ist immer alles gut angekommen.

Ergotherapeutin und zweite Chefredakteurin Viola Böger: Ibo hat mal einen Artikel über die Lehrer geschrieben.

Ibrahim „Ibo“ Kadim: Ja, das war ein sehr lustiger Artikel. (lacht) Da haben mich dann Leute angesprochen und gesagt, Mensch Ibo, was hast du da über mich geschrieben. Die fanden das aber nicht doof. Die fanden das lustig.

Es macht Spaß, Themen von Schülern zu hören, die man sonst wenig mitbekommt

Zweite Chefredakteurin Viola Böger

Wie viele Leser und Leserinnen hat der „Elfenbote“?

Tanja Wilhelm: Wir haben immer eine Auflage zwischen 150 und 200 Stück. Manchmal ist es so, dass die ganz schnell ausverkauft sind. Alle sind weg. Die letzte Ausgabe ist so eine. Und manchmal haben wir am Ende auch noch 40 über. Im Schnitt verkaufen wir 170 Zeitungen.

Simon Gerstenkorn: Ich habe gesehen, dass man sich beim Schulbüro auch eine nehmen kann. Ich weiß aber nicht, ob man die so mitnehmen darf oder kaufen muss.

Tanja Wilhelm: Die Zeitungen, die da liegen, sind auch für Besucher. Die können  büschen drin rumstöbern und dürfen die kostenlos mitnehmen. Das sind aber die älteren Ausgaben. Da leg ich nie die aktuelle hin. Weil: Die aktuellen sollen ja verkauft werden.

„Da ist viel Herzblut dabei“

Wird der „Elfenbote“ auch außerhalb der Schule gelesen?

Tanja Wilhelm: Es gibt ehemalige Schüler und Kollegen, die immer wieder sagen: Auf jeden Fall brauch ich den „Elfenboten“ auch weiterhin. Meistens sind es schon die Leute, die mit der Schule enger verbunden sind.

Simon Gerstenkorn: Ich habe von der letzten Ausgabe zwei gekauft und dann meiner Oma oder Verwandten gezeigt: Hier, das haben wir geschrieben. So lesen das halt auch mal andere.

Tanja Wilhelm: Es gibt Schüler, die kaufen sieben oder acht Zeitungen für Oma, Opa, Tante, Onkel, Nachbarn und so weiter. Die gehen manchmal durch viele Hände. (lacht)

Was motiviert Erwachsene, eine Schülerzeitung mitzugestalten?

Tanja Wilhelm: Für mich ist es ein totales Hobby, den „Elfenboten“ mit den Schülern zu machen, weil von ihnen immer so schöne Themen kommen. Da ist viel Herzblut dabei. Und deshalb ziehen wir das gnadenlos durch. Auch zu Corona-Zeiten. Da habe ich mit den Schülern online gearbeitet.

Viola Böger: Ich finde es unheimlich spannend, immer unterschiedliche Gruppen hier zu haben, die ganz unterschiedliche Themen mitbringen. Und das auf unterschiedliche Weise zu einem Artikel bringen. In einer Gruppe saß ein Junge, der das über einen Talker, einen Sprechcomputer gemacht hat. Das ist herausfordernd und spannend. Es macht Spaß, Themen von Schülern zu hören, die man sonst wenig mitbekommt.

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