Ordentlich Wind um die Ohren
Text: Rosa Krohn
Erholung am Klütjenfelder Hauptdeich in Wilhelmsburg (Foto: Rosa Krohn)
Ich bin sicher nicht die einzige, bei der ein Großteil der letzten zwei Jahre pandemiebedingt zu Hause stattfand. Als Studentin wurde der sonst recht lange Fahrweg zur Uni durch den, nun ja, erheblich kürzeren Gang zum eigenen Schreibtisch ersetzt. Das war zwar durchaus bequem, doch gab es Tage, an denen musste ich buchstäblich nicht ein einziges Mal meine Wohnungstür öffnen. So beschloss ich eines Tages während der zähen Tage im Lockdown: mindestens einmal raus, jeden Tag. Denn, wie sehr einem die Decke auf den Kopf fällt, hat man bis zur Dämmerung nicht einmal das Haus verlassen, muss ich hier wohl gar nicht schildern. Den Vorsatz habe ich seitdem nicht mehr gebrochen. Teils waren es schöne Tagesausflüge, wenn die Zeit das erlaubte. Aber oft reichte die nur für einen Spaziergang im eigenen Viertel. Und so war es für mich ein großes Glück, dass es zwei Minuten von meiner Haustür entfernt einen Deich gibt.
Von Anfang an bedeutete der Klütjenfelder Hauptdeich für mich nicht nur – seinem Zweck folgend – Schutz vor Sturmfluten, sondern Zuflucht an stressigen Tagen. Einmal den Blick über die Elbe in die Weite des Hafens schweifen lassen, sich den heftigen Wind da oben um die Ohren wirbeln lassen, runterkommen, abschalten. An warmen Tagen im Sommer bietet der Deich sich ebenso gut dafür an, sich mit einem guten Buch in sein warmes Gras zu legen. In den Lockdowns wurde der Deich essenziell, brachte mich, eine Person, die Joggen zutiefst verabscheute, schließlich sogar dazu, die Runde joggend zu drehen. Das mache ich bis heute. Ja, es gibt Tage, da mag ich nicht. Gerade im Winter ist es kalt, oft grau und es kostet Überwindung, sich aufzuraffen. Doch wann immer es gelingt und ich doch eine Runde über den Deich jogge oder einfach nur spaziere, werde ich stets mit einem freien Kopf belohnt, mit dem sich die Dinge leichter verrichten lassen. Ist so vieles ungewiss und unstet in den letzten Monaten – der Deich hat mich noch nicht hängen lassen.
Natur Pur
Text: Felix Willeke
Zu jeder Jahreszeit entspannend: der Wohldorfer Wald (Foto: Felix Willeke)
Hamburg ist grün, das wissen mittlerweile alle. Was den meisten dabei aber noch nicht klar ist: Hamburg ist zu fast zehn Prozent ein Naturschutzgebiet. Dabei ist es egal, ob Norden, Süden, Osten oder Westen, in der Stadt gibt es 36 geschützte Gebieten. Orte, an denen fast überall Entspannung garantiert ist. Einer dieser entspannten Orte ist der Wohldorfer Wald. Nur wenige Gehminuten von der U-Bahn-Station Ohlstedt entfernt liegt das fast 300 Hektar große Naturschutzgebiet. Ein riesiges Areal, an denen man selbst an den schönsten Tagen oftmals keiner Menschenseele begegnet – erst recht im Winter. Ein idealer Ort für alle, die dem Trubel der Stadt entkommen wollen. Hier können Kinder durch das Unterholz flitzen, Eltern die frische Luft genießen oder bei einem Kaffee am Mühlenteich entspannen. Auch mit dem Rad lässt sich das Gebiet auf den vielen Wegen bestens erkunden.
Dazu kommt: Der Wohldorfer Wald ist umgeben von noch mehr Natur: Während sich im Norden mit dem Duvenstedter Brook das drittgrößte Naturschutzgebiet der Stadt anschließt, ist es im Süden nur ein Schritt über die Hauptstraße und man steht am Alsterlauf. Hier im Norden zwischen Duvenstedt und Poppenbüttel verläuft die Alster durch das Rodenbeker Quellental und vorbei am Hainesch-Iland, zwei weiteren Hamburger Naturschutzgebieten. Also auf geht’s: feste Schuhe an Winterjacke übergestreift und Mütze auf, es ist Zeit für einen Spaziergang in der herrlichen Wintersonne.
Romantik beim Container
Text: Erik Brandt-Höge
An der Brücke 10 am Alten Elbtunnel gibt es einen entspannten Blick auf die schönste Stadt der Welt (Foto: Jasmin Tran)
Ich wollte mal nach Wilhelmsburg, kam aber nie an. Lag daran, dass ich nicht wie zuvor mit den Öffis die Strecke vom Karoviertel bis zum Inselpark zurücklegte, in dem ich gerne joggte, sondern mit dem Rad unterwegs war. Die Radroute führte durch den Alten Elbtunnel, diese mehr als 400 Meter lange Fliesenröhre unterm Fluss. Heraus kam ich an einem schwarzen Container, auf dem stand: Brücke 10 am Alten Elbtunnel. Brücke 10? Da war doch was! Genau, die Fischbrötchenbude auf den Landungsbrücken. Nur herrschte rund um den neu entdeckten Container weit weniger Trubel als dort, wo Dutzende und Dutzende sich in die Barkassen schoben, um gemeinsam Richtung Elbstrand zu tuckern.
Der Container, wo es die gleichen Fischbrötchen gab wie gegenüber, war im Vergleich ein Ruhepol. Geradezu ein Ort der Romantik – denn der Blick von dort auf die Landungsbrücken war fantastisch. Auf der Containerseite tummelten sich keine alles und jeden knipsenden Touri-Trupps, sondern Pärchen, die sich mit ihren Rollmops-Snacks und Bierchen auf die Mauern setzten, schnackten, knutschten, die Stille genossen. Kann man so machen, dachte ich, kann man sogar öfter machen. Ende dieser Radtour. Seitdem komme ich regelmäßig zurück. Nichts gegen Wilhelmsburg, schon gar nichts gegen den Inselpark. Aber auf dem Weg dorthin lädt diese Station dazu ein, einfach mal nicht weiterzufahren.
Runde um Runde
Text: Erik Brandt-Höge
Der Eppendorfer Park ist einer von vielen Erholungsorten in der Stadt (Foto: Erik Brandt-Höge)
Es gibt größere Parks als den Eppendorfer Park. Das Areal, direkt beim UKE gelegen, ist nur eine kleine, grüne Oase des Stadtteils. Aber sie reicht: für Dates, die hier ihre Runden drehen. Für Familien, die hier ihre Runden drehen. Für Jogger, die hier … ja, schon klar. Anwohner und Eppendorf-Besucher machen das Beste aus dem Stückchen Natur, das es hier gibt. Manche spannen eine Slackline zwischen den dicken Birken, andere nutzen die Wiesen zum Gruppensport, stellen ein Tablet auf und lassen Pamela Reif die Übungen vormachen.
Im Winter ist der Eppendorfer Park deshalb so empfehlenswert, weil in seinem Zentrum ein Teich ist. Einen See kann man die paar Liter Wasser schlichtweg nicht nennen. Immerhin: Sie sind genug, damit ein gutes Dutzend Menschen – bei ausreichenden Minusgraden versteht sich – mit oder ohne Schlittschuhen übers Eis gleiten kann. Entspannen geht nicht bloß an Orten, die gefühlt unendliche Weiten bieten. Entspannung geht auch da, wo jederzeit jede Menge möglich ist. Zum Beispiel im Eppendorfer Park.
Hoch über der Hektik
Text:Marco Arellano Gomes
Entspannt mit Blick auf den Hafen am Aussichtspunkt: Bei der Erholung (Foto: Marco Arellano Gomes)
Hier, direkt am Hotel Hafen Hamburg, ist der Name des Ortes Programm: „Aussichtspunkt Bei der Erholung“. Es sind nur einige Treppen zu besteigen, um zu dieser einzigartigen Plattform mit Panoramablick über den Hafen zu gelangen, bei der man sich ganz nebenbei von der Hektik und dem Trubel der Stadt erholen kann. Links im Hintergrund grüßt die Elphi, die gerade ihr fünfjähriges Bestehen feiert, direkt vor einem erstrecken sich die Landungsbrücken, und auf der rechten Seite sieht man im Hintergrund die Kräne, die die Container aus Übersee entladen, um die Kaufhausregale mit all dem Spielzeug, den Elektrogeräten und Fahrrädern zu füllen, die seit Monaten zuverlässig ausverkauft sind.
Wer der Fotografie zugeneigt ist (mit einer echten Kamera, nicht diesen Handy-Spielzeugen!), dem wird hier an klaren Wintertagen ein Lichtspektakel sondergleichen geboten: Wenn die Sonne im Stile von „Apocalypse Now“ hinter der Elbe verschwindet und die Skyline, während die Schiffe ein- und auslaufen, in ein rot-orange-vanille-farbenes Tableau färbt. Es ist unzweifelhaft eine der schönsten Aussichtsplattformen der Stadt, aus dem seltsamerweise ein Braukessel aus Messing herausragt: Astra. Was dagegen? Seit 2004 gibt es hier auch einen kleinen, knapp 600 Meter langen, feinen Wanderweg, der sinnigerweise „Bei der Erholung“ heißt. Sitzgelegenheiten sind vorhanden, bei den winterlichen Temperaturen allerdings nur mit Zeitung oder SZENE HAMBURG unterm Hintern zu empfehlen. Ach ja: Und unbedingt passend anziehen! Es kann zzzzzziemmmmlich fffffrosssssstig werden.
SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Januar 2022. Das Magazin ist ab dem 22.Dezember 2021 im Handel und auch imOnline Shop oder als ePaper erhältlich!