„Oben leuchten die Sterne, unten leuchten wir“

Erinnern Grindelviertel leuchtet 22_ Katharina Stertzenbach
Überall im Grindelviertel und darüber hinaus leuchtet es am 9. November, um an die Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken (©Kahtarina Stertzenbach)

Mehr als 200 Menschen versammelten sich am 9. November 2022 bei einer Mahnwache zur Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht von 1938 auf dem Joseph-Carlebach-Platz und nahmen an der anschließenden Initiative „Grindel leuchtet“ teil

Text: Katharina Stertzenbach

1938: In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurde in der Pogromnacht die Bornplatz-Syangoge auf dem heutigen Joseph-Carlebach-Platz im Grindelviertel von den Nationalsozialisten zerstört. Ein Datum, an dem die Judenverfolgung in Deutschland eine ganz neue Dimension erreichte, auch in Hamburg.

84 Jahre später stehen an diesem Novemberabend über 200 Leute auf dem Joseph-Carlebach-Platz. Anlass ist die Mahnwache, die von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten Hamburg“, der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hamburg und der Universität Hamburg organisiert wurde. Alle Redner:innen erinnerten mit ihren Worten an die grausamen Ereignisse von damals, so auch die Autorin Dr. Regula Venske, die ihre Rede mit einem Zitat aus dem Kinderlied „Ich geh mit meiner Laterne“ enden lies: „Oben leuchten die Sterne, unten leuchten wir.”

9. November: Niemals vergessen

9. November 22_Katharina Stertzenbach
Lichtermeer auf dem Joseph-Carlebach-Platz (©Katharina Stertzenbach)

Auf dem Joseph-Carlebach-Platz erinnert seit 1988 ein Mosaik an die zerstörte Bornplatz-Synagoge. Ihn ihm spiegelt sich maßstabsgetreu das frühere Deckengewölbe wieder. Zum Ende der Mahnwache stellen immer mehr Menschen Windlichter auf das Bodenmosaik, eine von ihnen ist Steffi. Sie kommt seit fünf Jahren immer am 9. November hier her. „Die Erinnerung an die Menschen ist mir dabei besonders wichtig“, sagt die Frau aus Großborstel. An anderer Stelle steht Tito. Er kam 1973 aus Chile zum Studieren nach Hamburg. „Damals habe ich mich gewundert, das hier ein schlammiger Parkplatz ist. 1988 entstand dann der Gedenkort. Und es wurde klar, was das für ein wichtiger Ort ist“, sagt er und wünscht sich, das Orte wie der ehemalige jüdische Friedhof an der Rentzelstraße auch wieder mehr ins Gedächtnis der Menschen kommen, weil „diese Plätze und Tage wichtig sind, um zu erinnern.“

Es leuchtet übers Grindelviertel hinaus

Neben Steffi und Tito sind viele Anwohner:innen des Grindelviertels vor Ort, so auch Katharina und ihre Tochter Mathlida. Seitdem Mathilda klein ist, schauen sich die beiden die Lichter in ihrem Viertel am 9. November an. „Dabei erinnern wir uns als Familie natürlich an die Opfer – also die Generationen vor uns, die das Grindelviertel mit Leben gefüllt haben“, sagt Katharina. Vor ihrer Haustür liegt zudem einer von 6.386 Stolpersteinen. Seit 20 Jahren erinnern die Steine vor den ehemaligen Wohnorten der Opfer des Nationalsozialismus mit auf einer Messingplatte eingraviert, Namen, Geburtstag und Todestag an die Menschen. Viele nutzen den 9. November um diese Stolpersteine zu putzen und ein Licht und Blumen daneben zu stellen. Seit 2013 ruft die Anwohner:innen-Initative „Grindel leuchtet“ jährlich dazu auf die Stolpersteine zu putzen und ein Licht für die Opfer aufzustellen. Mittlerweile leuchten Lichter neben den Stolpersteinen in der gesamten Stadt.

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