Drei Frauen rangeln zwei Tage lang um ein altes Haus. Wie viele Morde wegen besagtem Erbe verübt worden sind, kann erst in den letzten Minuten des Dramas addiert werden. Sir Alan Ayckbourns „Falsche Schlange“ zählt zu den weniger bekannten, sicher nicht zu den weniger gelungenen Stücken des renommierten Autors. Seine großartig konstruierte Story gerät in Gerit Klings Inszenierung zu einem spannungsreichen Wechselbad zwischen Psychothriller und Slapstickkomödie.
Mackie Heilmann speilt die Kolleginnen an die Wand
Nach dem Tod des Vaters treffen sich zwei Schwestern nach 15 Jahren erstmals wieder im Elternhaus: Annie, die Ältere, floh als Jugendliche ans andere Ende der Welt, die jüngere Miriam blieb und kümmerte sich um den alleinstehenden Vater. Als Dritte ist die langjährige Pflegerin des alten Herrn im Bund, Alice; unlängst entlassen, sinnt sie auf Rache. Da sie beobachtete, wie Miriam ihren Vater ermordete, fordert sie nun 100.000 Pfund Schweigegeld. Eine solche Summe können die beiden Schwestern indes nicht aufbringen. Bekanntlich fällt der zweite Mord leichter, und so stürzt Miriam die Erpresserin kurzerhand in den hauseigenen Brunnen. Nun scheint der überfälligen Versöhnung der Schwestern nichts mehr im Weg zu stehen, immerhin gibt es einiges zu klären: Miriam fühlte sich durch die Flucht der Älteren seinerzeit im Stich gelassen, und aktuell ist sie enttäuscht, dass Annie das Haus erbt. Und dann taucht plötzlich der nasse Schal von Pflegerin Alice wieder auf …
Die spielt Astrid Rashed mit wunderbar nuancierter Boshaftigkeit. Gerit Kling hingegen verkörpert die heimgekehrte Annie leider derart überdreht, dass ihre ungewöhnlich übertriebenen Aktionen beim Publikum für Gesprächsstoff sorgen. Star des Abends ist eindeutig Mackie Heilmann: Sie ist weinerliche kleine Schwester, vom Vater terrorisierte Tochter, Alice gegenüber skrupellose Arbeitgeberin und spielt ungewollt die beiden anderen an die Wand.
„Falsche Schlange“, noch bis zum 22. Oktober 2023 in der Komödie Winterhuder Fährhaus
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 10/2023 erschienen.
