Festival: Privattheatertage zeigen nationale Inszenierungen

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Foto: Vaternahm

Was im letzten Jahr nicht stattfinden konnte, wird jetzt nachgeholt: Vom 8. bis 20. Juni zeigen die Privattheatertage zwölf Inszenierungen aus ganz Deutschland

Text: Sören Ingwersen

Eine traurige Bilanz wäre es gewesen, 137.448 Reisekilometer zurückzulegen, ohne am Ende das Ziel zu erreichen. Das ist die Strecke, die die neun Jurorinnen und Juroren vor über einem Jahr hinter sich gelassen (und offenbar penibel vermessen) haben, um von 93 Bewerbungen deutscher Privattheater zwölf Inszenierungen für den Monica Bleibtreu Preis zu nominieren, der im Rahmen der Privattheatertage 2020 vergeben werden sollte. Die Ankündigungen der Aufführungstermine gingen im April letzten Jahres noch über den Ticker, dann wurde das Festival abgesagt.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. „Wir haben schon sehr früh im März dieses Jahres bei den Theatern angefragt, ob sie sich vorstellen könnten, ihre Stücke Corona-konform zu überarbeiten“, berichtet Produktionsleiterin Daniela von Lengerke. Man konnte. Mit einer Ausnahme: In der Komödie „Alles, was sie wollen“ ist die körperliche Nähe der beiden Darsteller unverzichtbar, sodass diese sich vor der Aufführung einem Corona-Test unterziehen werden. Der Beitrag über eine Theaterautorin mit Schreibblockade stammt vom Torturmtheater Sommerhausen, das wie das Zentraltheater München und das Theater Eurodistrict Baden Alsace aus Offenburg erstmals bei den Privattheatertagen vertreten ist, wenn das für 2020 geplante Programm nun nachgeholt wird. Die anderen geladenen Theater sind alte Bekannte, die schon öfter bewiesen haben, dass sie dem Qualitätsanspruch der Jury gewachsen sind.

So bringt das Kleine Theater am Südwestkorso aus Berlin Franz Werfels Erzählung „Eine blassblaue Frauenschrift“ auf die Bühne, in der ein aufstrebender Politiker von seiner karrierebedrohenden Vergangenheit eingeholt wird. Das Theater Lindenhof aus Melchingen verspricht mit „Darum wandle wehrlos fort durchs Leben, und fürchte nichts!“ eine musikalisch gerahmte Annäherung an den Dichter Friedrich Hölderlin und das Societaetstheater Dresden lässt Shakespeares blutiges Drama „Macbeth“ auf ein klaustrophobisches Zwei-Personen-Kammerspiel zusammenschrumpfen.

Klassiker, Drama, Komödie

In den neun Hamburger Spielstätten der Privattheatertage braucht man klaustrophobische Zustände indes nicht zu fürchten: „Es wird die üblichen Abstandregelungen geben. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Besucher noch ein aktuelles Corona-Schnelltest-Ergebnis vorzeigen müssen, so wie es auch bei Friseuren der Fall ist“, fasst von Lengerke die Sicherheitsvorkehrungen zusammen. So kann man im Ernst Deutsch Theater „Emmas Glück“ miterleben, als ein sterbenskranker Dieb mit seinem Fluchtauto auf dem Hof der titelgebenden Schweinezüchterin strandet. In den Hamburger Kammerspielen begegnet man im Stück „Wir kommen“ nach dem Roman von Ronja von Rönne einer Jugendclique auf den Dorf, deren Gleichgewicht durch einen Selbstmord völlig aus den Fugen gerät. Und im Altonaer Theater gewinnt man mit Joachim Meyerhoffs „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ Einblicke in den ganz alltäglichen Wahnsinn von Schauspielschulen – diesmal nicht in der vor zwei Jahren entstandenen Eigenproduktion des Gastgeberhauses, sondern in einer virtuos mit dem Bühnenraum spielenden Inszenierung des Jungen Theater Göttingen.

Wie bei den Privattheatertagen üblich, werden die drei Kategorien „(Moderner) Klassiker“, „(Zeitgenössisches) Drama“ und „Komödie“ mit jeweils vier Inszenierungen bedacht, von denen im Rahmen einer Gala im Anschluss an die letzte Vorstellung jeweils eine mit dem Monica Bleibtreu Preis prämiert wird. „Das Festival wird anders sein als in den letzten Jahren. Wir werden natürlich auch nicht so viel Publikum haben“, bedauert von Lengerke. „Ich hoffe, die Stimmung wird trotzdem gut, damit sich die deutschlandweiten Theater hier bei uns näher kennenlernen können. Auch das ist ja der Sinn des Festivals.“

privattheatertage.de
8.–20. Juni 2021


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