„Corsage“: Kaiserlicher Mittelfinger

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Kaiserin Sisi (Vicky Krieps) mal anders (Foto: Ricardo Vaz Palma/Alamode Film)

In dem Film „Corsage“ lässt Regisseurin Marie Kreutzer Kaiserin Sisi (Vicky Krieps) eine posthume Befreiung durchleben: rauchend, fauchend, rebellierend

Text: Anna Grillet

Heiligabend, Wien 1877. Elisabeth, Kaiserin von Österreich-Ungarn (grandios: Vicky Krieps), feiert ihren 40. Geburtstag. „Hoch soll sie leben! Schön soll sie bleiben!“, singen die Gäste. Es klingt fast wie eine Drohung, bangt die Regentin doch um ihre einst so viel bewunderte Schönheit. Die Zeitungen lauern auf die ersten Anzeichen des Verfalls. Verbissen kämpft Elisabeth (aka Sisi) mit rigidesten Diäten und Sport um die Aufrechterhaltung ihres ikonischen Images, lässt das Korsett noch fester schnüren. Sie hasst den Druck, der auf ihr lastet und giert doch nach Komplimenten als Ersatz für die ersehnte Freiheit. Schönheit ist ihre Form der Machtausübung.

Kaiser Franz Joseph (Florian Teichtmeister) hat längst eine blutjunge Geliebte, verlangt von seiner Gattin, sich aufs bloße Repräsentieren zu beschränken. Elisabeth, die wagemutige Reiterin, ist eine Frau voller Widersprüche, diszipliniert und kapriziös zugleich, manchmal eine verwöhnte Bitch, insbesondere den Kammerzofen gegenüber. Der kleinen Tochter macht ihr unbändiger Freiheitsdrang Angst, das Kind reagiert mit Ablehnung. Elisabeth ist einsam, rastlos, flirtet mit Cousin Ludwig II., und will nur weg von der düsteren, tristen Hofburg. Reisen als Flucht, doch die Todessehnsucht lässt sie nirgendwo los.

Sisi darf endlich sie selbst sein

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Corsage, ab dem 7. Juli in den Kinos (Foto: Alamode Film)
Corsage, ab dem 7. Juli in den Kinos (Foto: Alamode Film)

Die österreichische Regisseurin und Drehbuchautorin Marie Kreutzer („Der Boden unter den Füßen“) sprengt in „Corsage“ ästhetisch virtuos das historische Zeitgefüge, und so tanzt Elisabeth verträumt nach Kris Kristoffersons „Help me make it through the night“, Beton wechselt mit Brokat, Fiktion und Realität scheinen austauschbar. Kreutzer und Krieps schenken der Kaiserin posthum, was sie nie durfte: in der Öffentlichkeit ungeniert rauchen, den Mittelfinger zeigen, sich die Haare abschneiden, in Vanilleschnitten schwelgen. Hier, auf der Leinwand muss sie sich nicht von einem Anarchisten erschießen lassen, kann über ihr Leben wie auch den Tod bestimmen, darf endlich sie selbst sein.

„Corsage“, Regie: Marie Kreutzer. Mit Vicky Krieps, Florian Teichtmeister, Katharina Lorenz. 113 Min. Ab dem 7. Juli im Kino

Hier gibts den Trailer zum Film:

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