„Das Lehrerzimmer“: eine Lehrstunde

Im bedrückenden Film „Das Lehrerzimmer“ zeigt Regisseur İlker Çatak den Mikrokosmos Schule als Sinnbild für den Makrokosmos Gesellschaft – mit einer herausragenden Leonie Benesch in der Hauptrolle
Manchmal kann der Schulalltag zum Schreien sein, so auch für die ambitionierte Lehrerin Carla (Leonie Benesch) (©Alamode Film)
Manchmal kann der Schulalltag zum Schreien sein, so auch für die ambitionierte Lehrerin Carla (Leonie Benesch) (©Alamode Film)

Die Atmosphäre ist von Anfang an bedrückend, die Gesichtszüge der jungen, engagierten Lehrerin Carla sind angespannt, voller Konzentration, der Blick ängstlich, in Alarmbereitschaft. Dabei gibt sie alles für ihre siebte Klasse, lässt sie ihren Frust kollektiv herausbrüllen, versucht sie zum kritischen Denken und verantwortlichen Handeln anzuleiten – und scheitert selbst, gerät zwischen alle Fronten, weiß irgendwann nicht mehr, was richtig oder falsch ist und verliert sich in einem Strudel aus Intrigen, Verdächtigungen und vorschneller Urteile.

Eine großartige Leonie Benesch

„Das Lehrerzimmer“, ab dem 4. Mai im Kino (©Alamode Film)
„Das Lehrerzimmer“, ab dem 4. Mai im Kino (©Alamode Film)

Kammerspielartig, einzig in den Räumen einer Schule, lässt Regisseur und Drehbuchautor İlker Çatak sein Drama um den Mikrokosmos Schule spielen. Geld ist verschwunden, schnell wird der türkische Junge Ali verdächtigt, die Eltern zu Lehrerin und Schulleiterin zitiert und mit dem Verdacht oder vielmehr der Beschuldigung konfrontiert. Doch Carla zweifelt an der Schuld, stellt eigene, nicht ganz legale Nachforschungen an und bietet dadurch schnell selbst eine Angriffsfläche im Kollegium, unter der Elternschaft, selbst bei den Kindern. Eine pfiffige Schülerzeitungsredakteurin weiß sogar, harmlose Äußerungen Carlas in einen zweifelhaften Zusammenhang zu rücken. Carla, großartig gespielt vom European Shooting Star Leonie Benesch, die zuletzt im ZDF-Mehrteiler „Der Schwarm“ zu sehen war, ist plötzlich der Sündenbock und steht ähnlich isoliert da wie der verdächtigte Junge.

Bei der Berlinale geehrt, beim Deutschen Filmpreis nominiert

So wie sich Çatak räumlich nur auf die Schule beschränkt, fokussiert er sich bei Carla auch einzig auf ihre Rolle als Lehrerin, Privates erzählt er über diese Figur nicht, ist auch gar nicht notwendig. Denn ihre Stärke, ihr Idealismus offenbart sich in jenem Schulgebäude. Gedreht wurde übrigens ausschließlich in Hamburg, in einer leeren Berufsschule in der City Nord und am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Klein Borstel. Angestachelt von einem hypnotisch-penetranten Sound bleibt die Anspannung bis zum Schluss, eine Lösung oder gar Aufklärung gibt es nicht. Auf der Berlinale wurde der Film mit dem Europa Cinemas Label als bester europäischer Film der Sektion Panorama ausgezeichnet, für den Deutschen Filmpreis ist er in sieben Kategorien nominiert. 

„Das Lehrerzimmer“, Regie: İlker Çatak. Mit Leonie Benesch, Michael Klammer, Rafael Stachowiak. 98 Min. Ab dem 4. Mai im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 05/2023 erschienen.

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