Filmkritik: „Drive-Away Dolls“

„Drive-Away Dolls“ ist ein „horny road movie“ von Ethan Coen auf Solo-Pfaden
Jamie (Margaret Qualley) und Marian (Geraldine Viswanathan) blicken in den Kofferraum – was da wohl drin ist?  (©Working Title / Focus Features)

In einer schmuddeligen Bar klammert sich ein Mann an einen Aktenkoffer. Dessen Inhalt scheint Begehrlichkeiten zu wecken, denn sogleich jagen ihn grimmige Gestalten aus dem Etablissement. Einer der Häscher hat eine Säge dabei, grausige Schreie schallen aus einer dunklen Gasse. Ethan Coen gibt in seinem ersten Solo-Film vom Start weg Vollgas. Nach der makabren Eröffnung liegt der Fokus auf zwei Frauen: Jamie (Margaret Qualley), ein fröhlich vögelnder Freigeist, ist der One-Night-Stands überdrüssig und sehnt sich nach einem Neustart. Auf einem improvisierten Roadtrip nach Florida wird sie von ihrer Freundin Marian (Geraldine Viswanathan) begleitet. Zwischen beiden funkt es, nur muss die zugeknöpfte Marian erst noch rausfinden, dass sie queer ist. Im Mietwagen-Büro gab es indes eine folgenschwere Verwechslung: Ohne es zu ahnen, haben die Frauen den ominösen Koffer an Bord! Klar, dass die üblen Typen vom Anfang sich nun an ihre Fersen heften.

Der Film hat durchaus seine Momente

Drive-Away Dolls
Der neuste Film der Coen-Brüder „Drive-Away Dolls“ läuft ab dem 7. März auch in den deutschen Kinso (©Working Title / Focus Features)

„Drive-Away Dolls“ ist eine zwar tight choreografierte, letztlich aber recht substanzlose Verfolgungsjagd in B-Movie-Ästhetik. Die verästelten, vielschichtigen Plots früherer Coen-Brüder-Geniestreiche sucht man hier leider ebenso vergeblich wie deren unverwechselbare Optik. Zudem fehlt den beiden Hauptdarstellerinnen die rechte Chemie, was die sich anbahnende Romanze etwas blutleer wirken lässt. Viele überdrehte Bettszenen, oft eher cringe als sexy inszeniert, können das Problem nicht übertünchen. Schade, denn Coens Film hat durchaus seine Momente, etwa wenn er in psychedelischen Intermezzos der jüngst verstorbenen Künstlerin Cynthia Plaster Caster huldigt. Die verewigte in den Sechzigern die besten Stücke diverser Rockgrößen als Plastik-Abgüsse (kleiner Hinweis auf den Koffer-Inhalt) und wird hier von Miley Cyrus verkörpert. Doch irgendwie ergibt die Summe der Teile kein überzeugendes Ganzes. Nach Bruder Joels arg kunstbeflissenem Shakespeare-Schinken „The Tragedy of Macbeth“ (2021) muss man leider erneut konstatieren: „Ein Coen allein macht (noch) keinen Sommer“.

„Drive-Away Dolls“, Regie: Ethan Coen. Mit Margaret Qualley, Geraldine Viswanathan, Beanie Feldstein. 84 Min. Ab 7. März 2024

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 03/2024 erschienen.

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