Filmkritik: „Hysteria“

Kluger, düsterer Thriller um die Macht von Bildern, Meinungshoheit und Rassismus
Es geht heiß her in Mehmet Akif Büyükatalays „Hysteria“
Es geht heiß her in Mehmet Akif Büyükatalays „Hysteria“ (©Real Fiction Filmverleih)

Der Argwohn, das Misstrauen, das Unbehagen schwingt von Anfang an mit: Als die junge Praktikantin Elif (Devrim Lingnau) einen Szenendreh über den Bildschirm des Regisseurs Yigit (Serkan Kaya) verfolgt, der Fahrer Majid (Nazmi Kirik) stolz verkündet, dass er die Komparsen in einer Flüchtlingsunterkunft gefunden hat und Yigits Produzentin und Lebensgefährtin Lilith (Nicolette Krebitz) unterstützend hinzukommt. Dann schon folgt die Eskalation: Bei dem Dreh über den rassistischen Brandanschlag in Solingen von 1993 ist versehentlich ein Koran verbrannt worden. Sahid (Mehdi Meskar), ein junger Komparse, rastet aus und Yigit ist ganz beseelt von den authentischen Aufnahmen. Plötzlich entbrennt eine bedrohliche Diskussion über die richtige Interpretation dieses symbolischen Akts. Noch dazu verschwinden wenig später die analogen Filmaufnahmen, Elif verliert den Schlüssel von Yigits und Liliths Wohnung und verstrickt sich anschließend in gefährliche Lügen. Ein Verwirrspiel beginnt, in dem jeder und jede ein anderes Komplott sieht, ganz unterschiedliche Interessen verfolgt, Rassismus auf beiden Seiten aufflammt.

„Hysteria“: Die Macht der Bilder

Mehmet Akif Büyükatalay, selbst Kind türkischer Einwanderer, erzählt in seinem düsteren Psychothriller von der Macht der Bilder, von der Dynamik unterschiedlicher Interpretationen, von gesellschaftlicher Hysterie, von Vorurteilen und Rassismus auf allen Seiten – und verfällt dabei niemals in Klischees. Klug setzt er den Film im Film ein. Devrim Lingnau gibt die junge, ehrgeizige Elif mit energischer und zugleich verunsicherter Intensität. Sie selbst leidet unter ihrem türkischen Vater, der von allen verlacht wird. Krebitz verleiht Lilith die zurückhaltend-sanfte Aura einer vermeintlich aufgeklärten, toleranten Bildungsbürgerin und bleibt doch undurchsichtig. Am Ende verlieren alle. „Hysteria“ ist ein intensives Drama, das viele, wenn nicht alle Fragen offenlässt, nicht verurteilt, und daher umso mehr nachhallt in einer Zeit, in der kontroverse Diskurse immer schwieriger werden und jeder die Meinungshoheit für sich beansprucht. 

Das Plakat des Film Hysteria (©Real Fiction Filmverleih)

Der Trailer zum Film: 

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 11/25 erschienen. 

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