Filmkritik: „Ich Capitano“

„Ich Capitano“ von Regisseur Matteo Garrone ist eine Reise aus dem Senegal nach Europa – schonungslos erzählt
Der 16-jährige Seydou (Seydou Sarr) hat für seine risikoreiche Reise nach Europa den Segen seiner Ahnen (©Greta De Lazzaris/X Verleih AG)
„Ich Capitano“ war für den Oscar nominiert und läuft seit dem 4. April 2024 auch in den deutschen Kinos (©X Verleih AG)

Der 16-jährige Seydou (Seydou Sarr) und sein Cousin Moussa (Moustapha Fall) träumen von einer erfolgreichen Musikkarriere. Seit Langem sparen sie für die Reise aus dem engen, baufälligen Haus ihrer liebevollen Familie im Senegal nach Europa, um dort berühmt zu werden. Trotz aller Warnungen schleichen sich die beiden ohne den Segen der Familie, aber mit dem ihrer Ahnen davon. Doch wo erst noch Vorfreude und Abenteuerlust herrschten, bleiben bald nur noch Angst und blanker Überlebenswille. Schon auf dem Weg von Dakar durch die erbarmungslose Wüste müssen die Teenager am eigenen Leib erfahren, mit welcher Grausamkeit und Geldgier Geschäft an Migrantinnen und Migranten getrieben wird. Noch bevor sie Tripolis (Libyen) erreichen, werden die beiden getrennt …

Mamadou Kouassi, Co-Drehbuchautor und Berater, erzählt mit Regisseur Matteo Garrone („Dogman“) einen Teil seiner eigenen Einwanderungsgeschichte. In enger Zusammenarbeit mit zahlreichen jungen Menschen, die nach Europa kamen, zielt Garrone darauf ab, eine authentische Gegenperspektive zur eurozentrischen Berichterstattung zu zeigen. Das Ergebnis ist ein schonungsloses Drama über den Verlust einer Kindheit, durchsetzt von magischem Realismus, wie eine Antwort auf das Trauma.

Härte, Aktualität und ein überragendes Schauspieldebüt

Der Film zeigt, was für Hunderttausende Migrantinnen und Migranten jährlich Realität ist. Im politisch instabilen Libyen sitzen schätzungsweise 700.000 eingewanderte Menschen fest, viele davon Opfer von Kidnapping und Sklaverei. Diejenigen, die es schaffen, die Reise übers Mittelmeer anzutreten, sind noch lange nicht sicher. Im letzten Jahr hat sich die Zahl der Tode auf den Überfahrten in oft seeuntüchtigen Booten verdoppelt. 

Angesichts der Härte und Aktualität des Themas liefert Seydou Sarr ein überragendes Schauspieldebüt. Nuanciert bringt er einen Protagonisten auf die Leinwand, der trotz all des Schreckens nichts an Sanftmut, Stärke und Hoffnung verliert. „Ich Capitano“, nominiert für den diesjährigen Oscar in der Kategorie Bester Internationaler Film, klingt noch lange nach dem Abspann nach.

„Ich Capitano“, Regie: Matteo Garrone. Mit Seydou Sarr, Moustapha Fall, Issaka Sawadogo. 124 Min. Seit dem 4. April 2024 

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 04/2024 erschienen.

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