Filmkritik: „Kleine schmutzige Briefe“

„Kleine schmutzige Briefe“ mit Olivia Colman: Ein britischer Kleinstadt-Skandal, erzählt nach einer wahren Begebenheit
 Edith (Olivia Colman) und Rose (Jessie Buckley) unterhalten sich über die mysteriösen schmutzigen Briefe (©STUDIOCANAL)

Social Media war noch Science-Fiction, als das britische Städtchen Littlehampton anno 1920 mit einem krassen Fall von „Hate Speech“ konfrontiert wurde. Ein anonymer Absender schickte persönliche Briefe an die Einwohner, in denen allerlei Unterleibs-Vokabeln zu blumigen Tourette-Schimpftiraden arrangiert wurden. Diese „Wicked Little Letters“ (so der Originaltitel) versetzten nicht nur Betroffene in Aufruhr, sie elektrisierten auch die Presse. Der Skandal lieferte den Zeitungen saftige Schlagzeilen, auch überregional.

Das formidable Ensemble schützt vor Klamauk

„Kleine schmutzige Briefe“, ab dem 28.3. auch in den deutschen Kinos (©STUDIOCANAL)

Der Film erzählt anhand des historisch verbrieften Stoffes die Geschichte zweier höchst unterschiedlicher Frauen: Edith Swan (Olivia Colman, wie immer zum Niederknien) lebt als lediges Nesthäkchen noch bei ihren Eltern und leidet unter ihrem tyrannischen Vater (Timothy Spall). Zu allem Übel wird sie nun auch noch mit anrüchigen Briefen bombardiert. Ihre Nachbarin Rose Gooding (Jesse Buckley), irische Emigrantin und alleinerziehende Mutter, pfeift auf Konventionen. Im örtlichen Pub mischt sie sich zum Kampftrinken unter die Männer, wobei sie auch virtuos zu fluchen versteht. Klar, dass sie als Verdächtige herhalten muss. Als Familie Swan die Ordnungshüter alarmiert, betritt eine dritte Frau die Bühne: Gladys Moss (Anjana Vasan) hat als erster „Woman Police Officer“ der Stadt ebenfalls unter Ressentiments zu leiden. Dass sie indischer Abstammung ist, macht die Sache nicht leichter. Für ihre männlichen Vorgesetzten lediglich exotischer Zierrat, entpuppt sie sich als versierte Kriminalistin. Mit Sherlock-Skills jagt sie den wahren Schmierfinken, um zu verhindern, dass Rose unschuldig eingesperrt und von ihrer kleinen Tochter getrennt wird.

Regisseurin Thea Sharrock, bislang vor allem am Theater tätig, setzt bei allem ernsthaften Kommentar über Mobbing und Misogynie auf einen komödiantischen, mitunter gar albernen Ton. Dafür, dass ihr Film nicht ins Klamottige abdriftet, sorgt ein formidables Ensemble aus herrlich dämlichen Mannsbildern und wunderbar durchtriebenen Frauen.

„Kleine schmutzige Briefe“, Regie: Thea Sharrock. Mit Olivia Colman, Jessie Buckley, Anjana Vasan. 100 Min. Ab dem 28. März 2024 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 04/2024 erschienen.

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