Filmkritik: „Sisi & Ich“

„Sisi & Ich“ von Regisseurin Frauke Finsterwalder ist eine Rauschhafte Neu-Interpretation des Sisi-Mythos
In dieser Sisi-Verfilmung gibt es keine kaiserlichen Mittelfinger zu sehen, auch die Hofdame Irma (Sandra Hüller) hebt höchstens den Zeigefinger (©Walker+Worm Film GmbH & Co. KG/Bernd Spauke)
In dieser Sisi-Verfilmung gibt es keine kaiserlichen Mittelfinger zu sehen, auch die Hofdame Irma (Sandra Hüller) hebt höchstens den Zeigefinger (©Walker+Worm Film GmbH & Co. KG/Bernd Spauke)

„Es war in ihrer Gegenwart, als habe jemand alles Licht der Welt auf einen gerichtet“, sagt Irma Gräfin von Sztáray irgendwann über ihre Chefin, Herrin, Gebieterin und Angebetete, die Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn. Doch diese Kaiserin ist es auch, die das Licht ein- und ausschaltet, immer wieder, unvorhersehbar, launenhaft. Irma sonnt sich in dem Licht und fröstelt in dem Schatten.

Mit „Sisi & Ich“ erzählt die deutsche Regisseurin und Drehbuchautorin Frauke Finsterwalder den Mythos Sisi neu. Bereits im vergangenen Jahr hatte Marie Kreutzer mit „Corsage“ einen feministischen Ansatz präsentiert, RTL+ und Netflix jeweils eine Serie auf den Markt geworfen. Nun also Finsterwalder, die das Drehbuch mit ihrem Mann Christian Kracht schrieb. Und auch ihre Interpretation verströmt den Geist der Gegenwart, lässt Epochen verwischen, Konventionen verschwimmen.

Moderne Kostüme, moderner Sound und viel Neues 

Finsterwalder erzählt aus der Sicht jener Hofdame Irma (Sandra Hüller). Die Gräfin ist eine tollpatschige, alte (42 Jahre!) Jungfer. Der Job als Hofdame scheint ihre letzte Chance, ein würdevolles Leben zu führen. Für den wird sie wie Vieh begutachtet und für tauglich befunden. Also reist Irma nach Korfu, wo die Kaiserin (Susanne Wolff) fernab der Konventionen und des Kaisers mit ihren non-binären Zofen ein eigenwilliges Leben führt. Erst muss Irma ihre Sportlichkeit beweisen, dann wird sie auf die Kokain-Diät der Kaiserin gesetzt, ihre k.u.k.-Garderobe ist da schon in Flammen aufgegangen. Zwischen der ängstlichen, tölpelhaften Irma und der kühl-hedonistischen Sisi entwickelt sich eine enge, erotische Beziehung – allerdings stets nach Sisis Gnaden.

Hüller gibt dieser Irma einen jugendlichen Übereifer, ein fast schmerzliches Gefallenwollen und damit eine tiefe Verletzlichkeit. Wolffs Sisi verströmt grandios blasierte, selbstgefällige Ernsthaftigkeit. Umwerfende Kostüme voller schlichter Eleganz (Tanja Hausner), ein Soundtrack moderner Songs von Portishead und Nico lassen die Geschichte von Epochen losgelöst rauschhaft vorbeiziehen – bis zum Ende der Kaiserin. Auch das eine Neuinterpretation.

„Sisi & Ich“, Regie: Frauke Finsterwalder. Mit Sandra Hüller, Susanne Wolff, Stefan Kurt. 132 Min. Seit dem 30. März im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 04/2023 erschienen.

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