Filmkritik: „Tatami“

Sport im Klammergriff der Politik: Aus einem recht simplen Szenario macht das Regie-Duo in „Tatami“ einen mitreißenden Film über den Kampf eines Individuums gegen ein Unterdrückungssystem
Die Judoka Leila (Arienne Mandi) schreit und kämpft in „Tatami“ gegen das iranische Regime (©Judo Production LLC-Juda Khatia Psuturi)

Wenn Sportler erfolgreich in ein Turnier starten, gleich im ersten Match voll bei der Sache sind, sofort ein gutes Gefühl entwickeln, werden manchmal unglaubliche Kräfte freigesetzt. Mit jedem neuen Sieg steigt das Selbstbewusstsein. Ein Flow entsteht. Und plötzlich ist alles möglich. Genau so ergeht es der Protagonistin von „Tatami“. Bei der Judoweltmeisterschaft in Tiflis läuft es für die iranische Außenseiterin Leila Hosseini (Arienne Mandi) von Anfang an wie geschmiert. Den Titel in greifbarer Nähe, kommt es für die junge Frau jedoch knüppeldick.

Aus Angst, sie könnte gegen eine Athletin aus Israel verlieren, macht das Regime in Teheran eine klare Ansage: Leila soll eine Verletzung vortäuschen, um eine mögliche Schmach gegen den Erzfeind zu verhindern. Anders als ihre Trainerin Maryam Ghanbari will die ehrgeizige Judoka allerdings nicht einfach klein beigeben.

„Tatami“ ist Kino in Reinform 

„Tatami“ – seit dem 1. August 2024 im Kino (©Wild Bunch Germany)

Aus diesem recht simplen Szenario machen die Iranerin Zar Amir Ebrahimi und der Israeli Guy Nattiv einen mitreißenden, brodelnden Film über den schmerzvollen Kampf des Individuums gegen ein brutales Unterdrückungssystem. „Tatami“ ist Kino in Reinform. Von den ersten Minuten an herrscht Bewegung, braut sich eine Energie zusammen, die schnell zu einer thrillerhaften Spannung führt. Ob in den immersiven, aus nahen Einstellungen gedrehten Kampfszenen, beim ständigen Rennen durch die Katakomben des Austragungsortes oder in den kraftvollen Schauspieldarbietungen von Arienne Mandi und Co-Regisseurin Ebrahimi – fast immer ist mächtig Dampf auf dem Kessel.

Selbst einige der gelegentlichen, die Kammerspielsituation aufbrechenden Einschübe haben es in sich – etwa als Leilas in der Heimat gebliebener Mann mit dem gemeinsamen Kind vor den anrückenden Regierungsschergen fliehen muss. Passend zum Thema präsentieren die Macher ihr in Schwarz-Weiß gehaltenes Plädoyer für Selbstbestimmung im beinahe quadratischen 4:3-Bildformat. Leila bewegt sich in einem einengenden Rahmen, den sie trotz aller Widerstände zu sprengen versucht.

„Tatami“, Regie: Zar Amir Ebrahimi, Guy Nattiv. Mit Arienne Mandi, Zar Amir Ebrahimi, Jaime Ray Newman. 103 Min. Seit dem 1. August im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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Diese Kritik ist zuerst in SZENE HAMBURG 08/2024 erschienen. 

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