Filmkritik: „The Quiet Girl“

Eine herzerwärmende Kinosensation aus Irland unter der Regie von Colm Bairéad
Die schüchterne Cáit (Catherine Clinch) birgt einige Geheimnisse in sich (©Neue Visionen Filmverleih)
Ab dem 16. November 2023 im Kino (©Neue Visionen Filmverleih)

Völlig unverhofft befand sich unter den Oscar-Nominierungen für den besten internationalen Film Anfang des Jahres ein leiser, bis dato wenigen bekannter, irischer Film. Mit „The Quiet Girl“ wurde erstmalig einem irischsprachigen Film die Ehre und Aufmerksamkeit einer Nominierung zuteil. Jetzt ist der Film endlich im Kino zu sehen.

Im ländlichen Irland Anfang der 1980er-Jahre wächst die neunjährige Cáit (Catherine Clinch) bei ihrer sieben- bald achtköpfigen, mittellosen Familie ohne Liebe auf. Das kleine Mädchen – und das lässt man sie spüren – fällt ihrer Familie zur Last, sie ist Bettnässerin und rennt weg, wann immer sich Konflikte anbahnen. Es trifft sich gut, als sich entfernte Verwandte anbieten, Cáit über den Sommer bei sich aufzunehmen. Während Gastmutter Eibhlín (Carrie Crowley) das schüchterne Kind warmherzig und liebevoll empfängt, verhält sich Ehemann Seán (Andrew Bennett) zunächst distanziert der neuen Bewohnerin gegenüber. Stück für Stück entblättert sich das tiefe Trauma ihrer Vergangenheit …

Brillanz in Momenten der Sprachlosigkeit

Eigentlich ist Sprache wesentlich in diesem Film, der vollständig auf Gälisch gedreht ist, der irischen Sprache, die vom Aussterben bedroht ist. Gleichzeitig brilliert der Film in seinen Momenten der Sprachlosigkeit, in denen Worte an ihre Grenzen stoßen und Stille so viel mehr auszudrücken vermag. Regisseur und Drehbuchautor Colm Bairéad blickt mit „The Quiet Girl“ tief in die Seelen der Menschen, deren Schweigen von Schmerz, aber auch der Fähigkeit zur bedingungslosen Liebe erzählt. Die zarte, herzerwärmende Geschichte der drei Figuren, die ohne viele Worte einander ihre Wunden heilen, wird vor dem Hintergrund der ländlichen Kulisse Irlands von einem fantastischen Cast getragen. Hin und wieder bedient sich der Film zwar simplen Mitteln, so ist die Familie der Protagonistin unterkomplex bösartig und die eine oder andere kitschige Montage bleibt nicht aus – doch das verzeiht man dem Film spätestens, wenn man an seinem wunderbaren Ende schluchzend zum Taschentuch greift.

The Quiet Girl“, Regie: Colm Bairéad. Mit Carrie Crowley, Andrew Bennett, Catherine Clinch. 95 Min. Ab dem 16. November 2023 im Kino

Hier gibt’s den Trailer zum Film

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Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 11/2023 erschienen.

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