Flying Carpet: Der Rhythmus des Loslassens

Clubs und Festivals werden mehr mit Exzess als mit Yoga in Verbindung gebracht. Franziska Künne eint mit ihrem Projekt „Flying Carpet“ beide Welten und bringt zusammen mit Martin von TISKO Sound-Bewegungs-Meditationen auf die Tanzfläche
Yoga mit Sound: Flying Carpet in St. Katharinen (©Franziska Brodhun)
Yoga mit Sound: Flying Carpet in St. Katharinen (©Franziska Brodhun)

SZENE HAMBURG: Franziska und Martin, wie passen Yoga und Nachtleben zusammen?

Franziska Künne: Die Verbindung vom Nachtleben mit Yoga und Meditationen, wie ich sie unter meinem Label Flying Carpet leite, liegt vor allem in der Musik und den Veranstaltungsorten. Menschen werden stundenlang durch die Nacht und über Festivals durch Musik getragen. Meditationen erzeugen einen ähnlichen Effekt. Wir lassen das Leben inklusive all unserer Gedanken und Gefühle für einen Moment sein, ganz wie es ist. Diesen Rhythmus des Loslassens durch Musik mit einer so schönen Sache wie Yoga und Bewegungen zu verbinden und Menschen an besonderen Orten eine einmalige Zeit zu bereiten, war für mich der Anlass, Flying Carpet ins Leben zu rufen.

Das Nachtleben ist häufig ausschweifend. Seid ihr eine Gegenbewegung?

Franziska: Es ist eher eine Ergänzung zum Nachtleben. Die Veranstaltungen werden durch Künstler:innen belebt, die auch Menschen mit ihren Rhythmen und Sounds durch die Nacht treiben. Gleiche leiten dann die Teilnehmer:innen der Flying Carpet-Veranstaltungen musikalisch durch aktiv-sanfte Bewegungs-Meditationen.

Wie ist Flying Carpet entstanden?

Franziska: Im vergangenen Sommer lud mich ein Freund für eine Yogastunde auf sein kleines Festival in Sachsen ein. Weil ich verletzt war, kombinierte ich aus der Not heraus eine uralte Meditation nach OSHO mit einem Yoga Warming-Up. Ich ließ völlig ungeplant eine Ambient-Platte im Hintergrund laufen und schaffte so eine einmalige Atmosphäre auf einem kleinen Floor im Steinbruch, auf dem sich einige Stunden später DJs musikalisch austobten. Zu dem Namen Flying Carpet kam es vor allem durch meine theaterpädagogisch-künstlerische Arbeit. In dem einjährigen Entstehungsprozess von einem Musiktheaterstück mit fast 100 Kindern zu ,1001 Nacht‘ wurde ich durch die orientalische Welt, die Kreativität der Kinder und natürlich den gleichzeitigen Überlegungen mit den Jungs von TISKO zu Bewegungs-Meditation & Sound, zu dem Label Flying Carpet inspiriert.

Meditation, Bewegung und inspirierende Klänge vereint

Was machen TISKO sonst?

Martin: TISKO ist ein DJ-, Produzententeam und Liveact. Seit 2014 spielen wir auf Festivals und Partys über die deutschen Grenzen hinaus. Unsere eigenen Kompositionen laden zum ausgelassenen Tanzen ein. Treibende Beats und Rhythmuspassagen paaren sich mit Pathos. Flying Carpet und TISKO vereint die Leidenschaft zur Meditation, Bewegung und inspirierenden Klängen.

Wie kam es zur Zusammenarbeit?

Franziska: Im Spätsommer ’22 lernten wir uns bei einem Set von gemeinsamen Freunden auf dem Gängeviertel-Geburtstag kennen. Ich erzählte Martin von meiner 200-stündigen Yogaausbildung, mit der ich gerade fertig war. Ich erzählte ihm auch von der Bewegungs-Meditation, die ich auf dem Festival gegeben hatte. Wenige Wochen später trafen wir uns dann bei TISKO im Studio, um an der Musik zur Meditation zu arbeiten.

„Das passt gut zum Vibe“

Meditativ-klanglich: Martin und Franziska (©Privat)
Meditativ-klanglich: Martin und Franziska (©Privat)

Braucht es dafür einen bestimmten Sound?

Martin: Bei Klangmeditationen geht es darum, die Teilnehmer:innen bei einer nach innen gekehrten Reise zu begleiten, was natürlich auch durch ein sphärisch, repetetives Klangerlebnis ermöglicht wird. Hierbei spielen Pads aus dem Ambient, atmosphärische Samples und organisch klingende Oneshots eine tragende Rolle. Produziert und wiedergegeben werden die Klänge mit der Maschine von Native Instruments. Während der Meditation werden die Kompositionen frei arrangiert und mit zwei Kaoss Pads moduliert.

Mit welchen Musiker:innen arbeitet Flying Carpet noch zusammen?

Franziska: Momentan mit Celestial. Sie ist vor Kurzem von Los Angeles nach Hamburg gezogen. Mit ihren Auftritten erzählt sie Geschichten und schafft eine zeremonielle Atmosphäre auf der Tanzfläche. Das passt gut zum Vibe von Flying Carpet. Eine weitere Veranstaltung mache ich mit aïne, ein Hamburger Produzentenduo. Für Flying Carpet bereitet Vitor Aguiar ein speziell meditatives Set vor, das auf filmischen Atmosphären und natürlichen Klanglandschaften basiert.

Eine Session im Mai bespielt Klangkünstler Manuel Scuzzo live mit akustischen und elektronischen Instrumenten. Ich habe sein Album gehört und konnte mir sofort vorstellen mit ihm eine Meditation zu machen. Zwischen abwechslungsreichen Mixen aus experimenteller Popmusik, elektronischen Klängen und atmosphärischen Field-Recordings bietet er erdige Bässe, minimalistische Klang-Collagen und teils orientalisch anmutende Instrumentierung. Mehr Klangrepertoire kann ich mir für eine Meditation nicht wünschen. Es braucht auch Proben und eine gute Energie zwischen mir und den Musiker:innen. Ich habe Ahnung von Yoga, die andere Hälfte von Sound.

„Alle können mitmachen“

Welche Yoga-Art nutzt du?

Franziska: Ich habe eine 200-stündige Yogaausbildung mit dem Schwerpunkt Vinyasa Yoga gemacht. Tatsächlich geht es bei den Sound-Bewegungs-Meditationen bisher um alte Meditationstechniken mit einfachen Bewegungen. Die Meditationen beginnen mit einem dynamischen Teil. Dabei liegt der Fokus auf aktiven Schwerpunkten, wie sanften Bewegungen, Tanzen, Schütteln oder Atmung. Danach folgt eine Phase der stillen und klassischen Meditation – im Sitzen oder Liegen. Drum herum baue ich die fließenden Körperübungen aus dem Yoga, die sogenannten Asanas.

Flying Carpet ist aus Leidenschaft und Liebe zu Yoga, Musik und der Energie zwischen Menschen entstanden.

Franziska Künne

Wer kann mitmachen?

Franziska: In den Meditationen geht es darum, sich einen Moment auf sich zu konzentrieren, eine schöne Zeit zu haben und möglicherweise eine tragende Energie in der Gruppe zu entwickeln. Die Bewegungen sind dynamisch und einfach, sodass keine Vorkenntnisse, Yoga- oder Meditationserfahrungen benötigt werden. Alle können mitmachen.

„Es ist mein Herzensprojekt“

Wo findet ihr überall statt?

Franziska: Mit TISKO zusammen wurde ich im November im Rahmenprogramm der Kunstausstellung ,Clear River Calm Sea‘ / China Time Hamburg 2022 in der Hauptkirche St. Katharinen eingeladen, eine Sound-Bewegungs-Meditation anzubieten. Die Ausstellung wurde von Bettina Freimann kuratiert. Das war atmosphärisch natürlich einmalig, auch vom Sounderlebnis. Denkbar sind alle Locations, in denen man einen guten Klang hat und die atmosphärisch ein schönes Erlebnis bieten können. Festivals aller Art unter freiem Himmel eignen sich natürlich auch bestens. Da begann ja auch die Flying Carpet-Reise.

Was plant ihr für 2023?

Franziska: Seit Februar findet die Sound-Bewegungs-Meditation mit wechselnden Künstler:innen monatlich im Goldbekhaus statt. Weitere Termine sind im Frühjahr mit TISKO auf einer immersiven Kunstausstellung geplant. Und die Festivalsaison steht an. Ich hoffe, dass wir auf einigen Floors meditativ-klanglich dabei sein dürfen. Wichtig ist mir, die klassischen Yogastunden nicht aus dem Auge zu verlieren und Vinyasa Flows zu geben. Flying Carpet ist aus Leidenschaft und Liebe zu Yoga, Musik und der Energie zwischen Menschen entstanden. Es ist mein Herzensprojekt und soll seinen freien Geist behalten.

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 03/2023 erschienen.

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