Sind tatsächlich fünf Jahre vergangen, seit die Elbphilharmonie in Hamburg eröffnete? Es kommt einem irgendwie länger vor. Als wäre sie immer da gewesen, als wäre Hamburg schon immer Teil der ersten Reihe der Musikstädte dieser Welt. Andererseits, kommt es einem kürzer vor – denn auch das strahlende Konzerthaus in der HafenCity musste aufgrund der Pandemie und der Lockdown-Phasen über Monate pausieren. Kein Beethoven, keine Klangwelten, kein Husten und Räuspern in den Pausen. Aber es stimmt: Im Januar feiert die Elbphilharmonie, die die Hansestadt schlagartig in die erste Liga der klassischen Musik katapultierte, ihren fünften Geburtstag. Und das will gebührend gefeiert werden!
Feier zum Fest
Zu diesem Anlass gibt es vom 9. bis 17. Januar 2022 eine spektakuläre Konzertwoche. Vielfalt, Dichte und Qualität lässt keine Wünsche offen. Das Festkonzert am 11. Januar übernimmt wie am Eröffnungstag das NDR Elbphilharmonie Orchester, diesmal unter Leitung des neuen Chefdirigenten Alan Gilbert. Darüber hinaus gibt es jede Menge prominente musikalische Beiträge: Kent Nagano mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg (9.1./10.1.), der legendäre US-Jazzsaxofonist Charles Lloyd mit seinem Quartett (9.1.), das London Symphony Orchestra unter ihrem Chefdirigenten Sir Simon Rattle (13.1./14.1.) sowie die Staatskapelle Berlin mit ihrem Stardirigenten Daniel Barenboim (15./16.1.), um nur die prominentesten zu nennen. Zudem spielt Pianist Kirill Gerstein gemeinsam mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester das jüngste, hochgelobte Klavierkonzert des britischen Komponisten Thomas Adès (12.1.). Ein Highlight ist das Licht-Kunstwerk des international gefeierten Künstlerduos DRIFT aus Amsterdam, das das Konzerthaus spektakulär in Szene setzt – passend zu der parallel beginnenden Ausstellung zum Duo im Museum für Kunst und Gewerbe.
Elphi-Klänge
Die Elbphilharmonie ist eine einzige Offenbarung: Seit dem 11. Januar 2017 führt die etwa 80 Meter lange, leicht gekrümmt Rolltreppe durch einen hellen, mit Glaspailleten bestückten Tunnel (genannt „Tube“) Musikliebhaber und Neugierige hinein in den Kern des Gebäudes. Oberhalb der Plaza gelangt man durch das lichtdurchflutete Foyer schließlich in den Großen Saal mit seinen 2.100 Plätzen, der an einen Weinberg erinnert. Architektur zum Staunen und Musik zum Dahinschmelzen: Außen: Wow! Innen: Ohh! Für Letzteres sorgte nicht zuletzt der japanische Akustik-Experte Yasuhisa Toyota, der im Innenraum des großen Konzertsaals eine spezielle Wand- und Deckenstruktur, bestehend aus 10.000 millimetergenauen, individuell gefrästen Gipsfaserplatten, die „Weiße Haut“ genannt, verbauen ließ, um den perfekten Klang zu ermöglichen. Ein riesiger Reflektor unter der Saaldecke sorgt zusätzlich dafür, dass sich der Klang sich gleichmäßig im Raum verteilt.
Hohe Baukunst, hohe Kosten
Das kostete nicht nur Geschick und Nerven, sondern auch eine Menge Geld: Die ursprünglich vorgesehenen Baukosten von 77 Millionen Euro erhöhten sich letztendlich um mehr als das zehnfache auf 789 Millionen Euro – insgesamt kostete die Elbphilharmonie inklusive Spenden sogar 866 Millionen Euro. Keine Petitessen, aber inzwischen so gut wie vergessen! Die Hamburger sind stolz auf ihre „Elphi“, haben sich längst mit ihr versöhnt. Jeder Besucher gelangt zuerst auf die „Plaza“ geführt, eine kostenlosen Aussichtsplattform mit 360-Grad-Rundumblick. Schaut her: Das ist unser Wahrzeichen – mit Blick auf die Elbe! Wer darüber hinaus die begehrten Tickets ergattern konnte und den Klängen im Großen oder Kleinen Saal lauscht, verlässt das Gebäude berauscht, auf jeden Fall aber verändert.
Backstein und Glas – kein Gebäude vereint die Dualität der Stadt mit ihren wohlhabenden und weniger wohlhabenden Bevölkerungsteilen so gut wie dieses. Es hat dem Michel und Tele-Michel als Wahrzeichen dieser Stadt längst den Rang abgelaufen. Der Siegeszug begann vor fünf Jahren, abgeschlossen ist er noch lange nicht. 2,7 Millionen Menschen hatten in 2.500 Konzerten bis zum ersten Lockdown die Ehre. Viele folgen seit Wiederaufführung der Konzerte im Sommer 2021. Dieses Gebäude trotzt allem Ärger, allen Kostensteigerungen, allen Wellen. Gratulation!
SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Januar 2022. Das Magazin ist ab dem 22. Dezember 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!