Drei Frauen, drei Generationen, ein und dasselbe Problem: Wie können Kinder und Beruf unter einen Familienhut gebracht werden? Das beleuchtet die Uraufführung „Goldes Wert“ – der Titel verzichtet bewusst auf den Anfang des alten Sprichworts, wo der Herd im Weg steht. Sprechwerk-Intendantin Konstanze Ullmer schrieb das Stück, inszenierte und musste am Premierenabend für jene erkrankte Schauspielerin einspringen, die im Mittelpunkt der Story steht: Martha, Ende 40, brach vor Jahrzehnten ihr Jurastudium ab, als sie schwanger wurde; heute fährt sie Taxi, um über die Runden zu kommen. Ein solches Schicksal möchte sie ihrer Tochter unbedingt ersparen, weshalb sie sich ungefragt vehement in deren Leben mit Mann und zwei Kindern einmischt: In ihrer Rolle als Oma erzählt sie den Enkeln zum Einschlafen das Märchen von der Gleichberechtigung und lässt die beiden weinend und völlig aufgelöst zurück – sehr zum Ärger ihrer Tochter.
Zu lang, das ist die Krux
Ähnlich kontrovers verlaufen die Streitgespräche zwischen Martha und ihrer verstorbenen Mutter, die sich in Marthas Vorstellung äußerst kreativ und angriffslustig aus dem Jenseits zu Wort meldet. Fragt sich die Protagonistin zu Beginn noch „Was habe ich falsch gemacht?“, so imaginiert sie im zweiten Teil des Abends eine Alternative: „Was hätte aus uns allen werden können?“. In ihrem Gedankenexperiment dreht sie die Zeit zurück und fantasiert, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn sie anstelle ihres Ex-Manns Karriere gemacht hätte. Diesem Exkurs samt Schaubildern vom Statistischen Bundesamt folgt man zunächst gern als originellem und überraschendem Einfall, doch artet er zum zähen Vortrag aus. Das ist auch die Krux der Inszenierung: Der Abend ist einfach zu lang, trotz des unterhaltsamen Textes, überraschender Regie-Ideen und drei Darstellerinnen, die ihre Sache gut machen.
„Goldes Wert“ im Sprechwerk, am 31. März, 1., 2. und 5. April 2023
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 04/2023 erschienen.