Halle fürs Leben

Soulkitchen Halle Hamburg 1

Die Soulkitchen-Halle feiert fünfjähriges Jubiläum. Wilde Nächte liegen hinter, eine Zukunft als Herz des „Soulvillage“ vor ihr

Erst klingt die Liebe von Mathias Lintl noch etwas verhalten, man habe 2010 eben Platz gebraucht. Damals, als er und seine Kollegen aus der alten Zollstation am Elbtunnel rausmussten. Doch schnell wird aus dem neuen Ort, der Soulkitchenhalle, die Liebe seines Lebens. Seit 15 Jahren lebt Lintl in Wilhelmsburg, erst auf einem Hausboot im Spreehafen, heute wenige Meter von seiner Halle entfernt.

Unperfekt & unfertigt

Sie wird, so sagt er, sein „riesengroßes, geiles Wohnzimmer“. An einem Dienstag vor fünf Jahren schreibt er die erste Mail, Mittwoch um elf haben er und seine Freunde die Schlüssel zur Filmhalle, Freitag tanzen 350 Leute auf dem schrundigen Tanzboden zum Natural High Orchester. Es folgt das schöne erste Jahr mit der Soulkitchenhalle, draußen auf der Industrierampe sitzen sie, blinzeln in die Wilhelmsburger Sommernacht und spinnen Ideen, die Urwilhelmsburger Rolfi und Karsten zaubern ein Drei-Gänge-Menü ohne fließend Wasser. Sie trinken Wilhelmsburger Deichbruch und tanzen Lindy-Hop. „Es war so unperfekt und unfertig!“

Drinnen in der Halle mit dem Industriecharme stehen Flohmarktsessel. Wenn der Bass über den Boden fegt, mit 16 Hertz, ist das wie eine stehende Welle an den Beinen. Die Lichter tanzen über die blanken Wände. Dann kommt der Sommer 2011 und mit ihm die Mängelliste vom Bezirk. Die Frau vom Amt, die in der Halle steht, versteht keinen Spaß. „Das ist viel brutaler als im Film“, sagt Lintl und muss lachen, als er an die Szene in Fatih Akins Film „Soulkitchen“ denkt: Die strenge Dame vom Amt mutiert dort dank aphrodisierendem Pudding zum Sex-Biest. Lintl und seine Komplizen bessern nach, doch auch wenn Andy Grote, Bezirksamtsleiter Hamburg-Mitte, den einen oder anderen Gin-Tonic bei ihnen trinkt, weht im Juni 2013 ein endgültiger, rosa Zettel an der Soulkitchen-Tür: „Für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.“

Dann war die Tür versiegelt

Zwei Stunden haben sie Zeit, ihre Sachen rauszuholen, dann wird die Tür versiegelt, Einsturzgefahr. Nicht mehr als fünf Personen dürfen herein, das Gelände ist umzäunt. Mathias Lintl braucht keine zwölf Stunden, dann hat er ein Zirkuszelt organisiert, das Exil-Soulkitchen – 15 Meter Sicherheitsabstand zur Halle. Jetzt setzt die Phase ein, in der sein geiles Wohnzimmer zum Freiraumlabor wird. Die Ideen, die gesponnen werden, machen den

Veringkanal hinter der Halle zum „Kulturkanal“ – und die Soulkitchenhalle zum Zentrum eines charmant-verrückten „Soulvillage“. Ein Ort der Geselligkeit, der Kultur und der kreativen Experimente soll rund um die Halle auf 10.000 Quadratmetern Fläche entstehen. „Es geht um Austausch mit dem Stadtteil.“ Seit Sommer 2013 hat die Vision „Soulvillage“ Farbe bekommen. Hochbeete für Urban Farmer soll es geben, Gärten für Seefahrer, Lagercontainer für die Menschen in Wilhelmsburg und Proberäume – smarte Ideen.

Soul-Kitchen-Halle Hamburg

Die Vision „Soulvillage“

Aus Containern, Sandsäcken und Beton-Legosteinen soll ein Neubau nahe der Halle die Visionen beherbergen. In einer New Media Gallery, so überlegt Lintl, könnten per Livestream Konzerte der Elbphilharmonie übertragen werden, denn seine Halle und das Konzerthaus liegen auf dem gleichen Längengrad. Auf einer 120 Jahre alten Schute am Kanal soll es eine Bühne für Rockkonzerte geben. Lintl redet sich in Begeisterung, seine Talente als Umwelt- und Kulturwissenschaftler passen perfekt. Pflanzenkläranlagen sollen sogar das Wasser des dreckigen Veringkanals vitalisieren. Die Halle soll nur „ertüchtigt, nicht saniert werden“. Ein Unterschied.

Der Haken: Alle finden die utopische Idee super, schieben sich gegenseitig aber den politischen schwarzen Peter zu. Der ehemalige IBA-Chef wünschte den Visionären sogar per Postkarte Glück. Aber die Flächen sind nun mal auch in der Hafenlogistik begehrt. „Wir wollen da jetzt Drive reinbringen“, sagt Lintl, „Butter bei die Fische.“ Zum Architektursommer wird es erstmals Veranstaltungen geben. Mit einem „Rudelrudern“ hat man ebenfalls Werbung für sich gemacht.

Möglichst legal Geburtstag feiern

Und der Geburtstag? Den möchte man „möglichst legal im Rahmen des Musikfestivals 48h Wilhelmsburg feiern“, hat Lintl neulich zu Andy Grote gesagt. „Das ist löblich“, hat der Freund der Soulkitchenhalle geantwortet. Man wird sich also auf der anderen Kanalseite treffen und die sehnsüchtigsten Wünsche zur Filmkulisse herüberschicken – der aufregendsten Seelenküche made in Wilhelmsburg.

Text: Stefanie Maeck

Informationsveranstaltung (Hamburger Architektursommer)
„Über Wandel und Zukunft der Soulkitchenhalle“
31.7. bis 16.8., Soulkitchenhalle (Wilhelmsburg)

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