Hamburg erinnert und der Grindel leuchtet

Am 9. November 2023 erinnert Hamburg an die Reichspogromnacht von vor 85 Jahren. Bei einer zentralen Gendenkveranstaltung sprachen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Religion und Gesellschaft
Rund 1.000 Menschen trafen sich zur Gedenkveranstaltung anlässlich des 85. Jahrestages der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 auf dem Hamburger Joseph-Carlebach-Platz, dem früheren Standort der Bornplatzsynagoge (©Felix Willeke)

Vor 85 Jahren, am 9. November 1938, setzten organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und andere Einrichtungen in Brand. Tausende Jüdinnen und Juden wurden bei der Reichspogromnacht verhaftet, misshandelt oder getötet. Unter dem Leitspruch „Nie wieder ist jetzt“ luden die Stiftung Bornplatzsynagoge und die Jüdische Gemeinde in Hamburg am 9. November 2023 zur Gedenkveranstaltung anlässlich des 85. Jahrestages der Reichspogromnacht.

An diesem Abend versammelten sich rund 1.000 Menschen auf dem Joseph-Carlebach-Platz im Hamburger Grindelviertel, wo die von den Nationalsozialisten zerstörte Bornplatzsynagoge stand. „Unsere Stadt war damals fest in der Hand der Nazis“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Und betonte zugleich die Bedeutung des Platzes, der „mit dem Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge wieder zu einem Zentrum jüdischen Lebens und Glaubens in Hamburg werden soll“. Denn der Wiederaufbau sei auch „Teil unserer historischen Verantwortung.“

Das Erinnern stand an diesem Abend auch im Zeichen des Angriffs der Hamas auf Israel, wie es Peter Tschentscher betonte. „Wir stehen fest an der Seite Israels“, so seine Botschaft aus Hamburg. Auch Kirsten Fehrs, Bischöfin des Sprengel Hamburg und Lübeck, ging darauf ein und sagte: „Wir dürfen unsere heiligen Schriften mit ihren Friedensbotschaften nicht den Fanatikern überlassen“. Und weiter: „Wir bitten alle Hamburgerinnen und Hamburger sich gegen die Spaltung einzusetzen“, denn „wir sind viele“. Dazu betonte Daniel Sheffer, Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Bornplatzsynagoge: „Der Graben läuft nicht zwischen Juden und  Muslimen oder Juden und Christen sondern zwischen Terroristen und Demokraten.“

Die historische Verantwortung

Während die aktuelle Situation in Israel bei der Gedenkveranstaltung stets eine Rolle spielte, verwiesen die meisten Rednerinnen und Redner auf die Wichtigkeit der Erinnerung und auf die historische Verantwortung Deutschlands. So zitierte Klimaaktivistin Luisa Neubauer den Philosophen Ernst Bloch: „Nur jedes Erinnern ist fruchtbar, das zugleich erinnert, was noch zu tun ist.“ Neubauer betonte die darin enthaltene Aufforderung zum Handeln und sie schloss mit einer eigenen Interpretation des Zitas von Ernst Bloch: „Nur jedes Erinnern ist fruchtbar, das der Verlockung widersteht, es sich zu leicht zu machen.“

Denn aktuell ist die Situation für Jüdinnen und Juden in Deutschland angespannt. „Das Jüdinnen und Juden im Land der Täter leben, setzt voraus, dass sie sich darauf verlassen können, dass sie in diesem Land sicher sind“, sagte Tanja Chawla, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Hamburg und ging zugleich auf den Leitspruch der Gedenkveranstaltung ein: „Wenn ich höre, dass Jüdinnen und Juden aus Sicherheitsbedenken keine Kippa tragen, dann ist nie wieder jetzt.“ Genau dieser Situation gilt es entgegenzutreten, das betonte auch Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit, denn „es gibt keinen Raum in der Stadt für Antisemitismus“. Und Journalist Deniz Yücel ergänzte in seiner Rede: „Wer sagt ich bin Hamburger, ich bin Deutscher der kann sich nicht aus der Verantwortung für dieses Land entziehen“ und forderte damit auch die politischen Akteure zum Handeln auf.

Nach der Gedenkveranstaltung zündeten viele der Teilnehmenden Kerzen an, … (©Felix Willeke)
… so wie in ganz Hamburg und insbesondere im Grindelviertel, … (©Marie Oetgen)
… erinnern die Menschen bei „Grindel leuchtet“ an das jüdische Leben in Hamburg, das durch die Nationalsozialisten zerstört wurde. (©Felix Willeke)
Traditionell werden dazu nicht nur Kerzen angezündet, sondern … (©Marie Oetgen)
… auch die Stolpersteine gereinigt, die an die ehemaligen jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner erinnern. (©Felix Willeke)
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