Anke Harnack tritt in Norddeutschland vor allem als Moderatorin in Erscheinung. Seit Jahresbeginn widmet sie sich einer Aufgabe, die ihr abseits von Radio und Fernsehen am Herzen liegt: Sie ist Bo(o)tschafterin der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)
Interview: Erik Brandt-Höge
SZENE HAMBURG: Anke Harnack, schon lange repräsentieren Sie öffentlich den Norden, sind aus zig Fernsehen- und Radio-Formaten bekannt. Hamburger hören Ihre Stimme zudem, wenn Haltestellen der Hochbahn angesagt werden. Fehlte eigentlich nur noch das jetzige Engagement für die raue See …
Anke Harnack: … zumindest war es naheliegend. Und als die Anfrage der Seenotretter kam, ob ich ein Jahr lang Bo(o)tschafterin sein möchte, habe ich keine Minute überlegt und zugesagt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon den Eisbrecher „Christian Nehls“ und die Barkasse „Ennstal“ getauft. Da dachte ich: „Zur DGzRS kann ich nicht nein sagen!“ Es ist außerdem eine Organisation, die mich schon seit Kindertagen begleitet. Schon damals kannte ich die Sammelschiffchen. Ich war immer froh und dankbar, dass ich selbst keine Hilfe der Seenotretter brauchte, aber allein zu wissen, dass sie da sind und auch wirklich immer rausfahren, um Menschen zu retten, ist sehr beruhigend. Mit diesem Engagement haben sich also Kreise geschlossen. Es ist sehr norddeutsch, und das Norddeutsche ist einfach ein Teil meiner DNA.
War es Ihnen auch wichtig, dass Sie etwas machen, das eine lange Tradition hat? Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gibt es ja schon seit mehr als 155 Jahren.
Unbedingt! Es ist eine Organisation, die wirklich schon so lange weiß, was sie tut – und das auch aus gutem Grund. Sie ist zu 100 Prozent spendenfinanziert. Man könnte sich durchaus fragen, warum wir Steuerzahler nicht die Seenotretter finanzieren, schließlich haben sie eine wichtige Aufgabe, nämlich an den Küsten und auf dem Wasser für Sicherheit zu sorgen. Aber die Entscheidung, bei einer Finanzierung durch Spenden zu bleiben, macht die Organisation auch sehr flexibel. Sie kann schnell entscheiden. Sie kann ihre Technik aktuell halten. Sie sorgt selbst dafür, dass ihre Rettungsmittel immer auf dem neuesten Stand sind. Damit retten sie Leben.
„Zu wissen, dass sie da sind und rausfahren, um Menschen zu retten, ist sehr beruhigend“
Und welche Aufgaben haben Sie als Bo(o)tschafterin der Seenotretter?
Ach, jetzt bringen Sie mich fast zum Weinen. Ich habe zwei Pressekonferenzen mitgemacht, und wir sind einmal von Cuxhaven aus rausgefahren. Im Juli haben wir – statt wie geplant mit viel Publikum an der Elbphilharmonie – den neuen Rettungskreuzer „Hamburg“ in ganz kleinem Kreis in Bremen getauft. Aber ich hatte mir natürlich viel mehr vorgenommen. Es gibt 55 Seenotretter-Stationen zwischen Nord- und Ostsee, die ich natürlich nicht in einem Jahr besuchen kann, aber viele davon wollte ich schon ansteuern. Zum Beispiel wollte ich einen Ausflug an die westlichste Nordsee und einen an die östlichste Ostseeküste machen.
All das hat aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattgefunden …
… und das macht mich traurig. An den Stationen arbeiten so kernige, tolle Typen und Mädels. Die sind so ehrlich und echt und immer voll bei der Sache. Jede nichtstattfindende Begegnung mit den Teams bricht mir ein bisschen das Herz. Aber: Auch wenn meine Zeit als Bo(o)tschafterin im Januar offiziell zu Ende geht, bleibe ich mit den Leuten verbunden und hoffe, dass ich ein bisschen von dem, was nicht möglich war, nachholen kann, wenn das Pandemiegeschehen beherrschbar ist.
Worauf lag denn generell ihr Hauptfokus, arbeitstechnisch, seit Pandemiebeginn?
Ich habe ganz wenig gearbeitet. Mein Fokus lag auf meiner Familie. Mein Sohn wird bald drei, als die Kitas geschlossen hatten, war er fünf Monate zu Hause und meine größte, wichtigste und schönste Aufgabe. Einige Aufträge als Unternehmensberaterin und Coach konnte ich trotz Corona realisieren, ich habe mich in der Stiftung St. Michaelis engagiert und bin dort in den Vorstand gewählt worden. Und: Ich habe für einen tollen Podcast im Auftrag der Sozialbehörde Menschen interviewt, die sogenannte ESF-Projekte leiten. Der Europäische Sozialfonds und die Stadt Hamburg haben in den vergangenen sieben Jahren nämlich mehr als 150 Millionen Euro ausgegeben, um vielen Menschen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Projekte sind unglaublich vielfältig und die Geschichten beeindruckend! Aktuell gibt es fünf Folgen von „Europa wirkt!“ – überall, wo es Podcasts gibt.
SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Dezember 2020. Das Magazin ist seit dem 28. November 2020 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!