Hinter den Kulissen

Neue Serie: Die Inspizientin Corinna Fussbach koordiniert im Thalia Theater große Theateraufführungen

Wann wird das Licht gedämmt? Wann wird es wieder aufgeblendet? Wie gelingt es, dass Text und Technik ineinandergreifen und die Bühne zur richtigen Zeit genauso beschaffen ist, wie die Geschichte es erfordert? Wenn man so richtig in einer Theaterinszenierung versunken ist, stellt man sich selten diese Fragen – und doch sind sie elementar.

Corinna Fussbach hat die Fäden in der Hand. Als Inspizientin ist sie im Thalia Theater die Hauptkoordinatorin vieler großer Vorführungen, die auch deswegen beeindruckend sind, weil jedes technische Rädchen genau zum richtigen Zeitpunkt ineinandergreift. Corinna Fussbach sitzt dann an einem Technikpult seitlich der Bühne. Von hier aus gibt sie Lichtsignale, sogenannte „Cues“, an sämtliche Mitarbeiter der kleinteiligen Maschinerie, welche hinter den komplex erzählten Geschichten steht.

Das Notizbuch ist ihr wichtigstes Werkzeug

„Man könnte meinen Beruf mit dem des Dirigenten vergleichen“, erklärt sie. Auf ihre Zeichen hin erklingen die verschiedenen Stimmen in einer Theateraufführung. Sie ist dabei eine „Mittlerin zwischen der Technik und der Kunst“ und sorgt dafür, dass umgesetzt wird, was sich das kreative Team im Vorfeld überlegt hat. Damit das gelingt, ist sie bei den Proben dabei, prägt sich das Geschehen ein und macht sich Notizen im Textbuch. Das Buch ist neben dem Pult ihr wichtigstes Werkzeug, das sie später, wenn es ernst wird, durch die Inszenierung führt.

Trotz dieses Hilfsmittels erfordert der Job während der Einsätze ihre volle Aufmerksamkeit. Es gilt, auf Ungeplantes schnell zu reagieren, Vorgänge gegebenenfalls sogar zu stoppen und in eine andere Richtung zu lenken. Corinna Fussbach trägt viel Verantwortung. Besonders dann, wenn etwas einmal nicht klappt, bekommt sie das zu spüren.

Erst Souffleuse, dann der Sprung ins kalte Wasser

Damit müsse man umgehen können, wenn man den Beruf des Inspizienten wähle, erklärt sie. Sie selbst ging vor zehn Jahren das Wagnis ein, nachdem sie lange Zeit als Souffleuse gearbeitet hatte. Mit einer Mischung aus großem Respekt und dem Willen, es unbedingt hinzukriegen, sprang sie ins kalte Wasser. Inspizientin ist kein typischer Lehrberuf. „Zu Beginn ist alles Chaos. Vor dir liegt ein großes Puzzle, das sich Bild für Bild zusammensetzt.“ Doch wenn es dann gelingt, alles zu überblicken, sei das jedes Mal wie ein großes Flow-Erlebnis.

Das reizt die 49-Jährige bis heute. Gemeinsam mit zwei anderen Inspizienten ist sie feste Mitarbeiterin am Thalia Theater. Momentan koordiniert sie unter anderem „Romeo & Julia“, „Fraktus“ und „Die Stunde da wir nichts voneinander wußten“ – alles Stücke, in denen viel passiert, keine „Durchsteher“, wie es im Fachjargon heißt. Zum Glück, denn Durchsteher bergen das Risiko, dass man abschweift und die Aufmerksamkeit verliert. Dann passieren Fehler.

Auch die Entspannung zwischen den Vorstellungen ist wichtig, um sich wieder richtig konzentrieren zu können. Am besten kann Corinna Fussbach das beim Yoga und bei langen Spaziergängen mit ihrer Hündin Selma. Dann lässt sie die Gedanken schweifen und tankt auf. Für den nächsten Moment, wenn der Vorhang im Thalia Theater wieder aufgeht und sie alles überblicken muss.

Text: Katharina Manzke
Foto: Krafft Angerer

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