Das Ernst Deutsch Theater zeigt Wolf-Dietrich Sprengers Inszenierung von Goethes „Die Mitschuldigen“ – ein sogenanntes Lustspiel, in dem die weibliche Hauptfigur wenig zu lachen hat. Ines Nieri übernimmt die Rolle der Sophie
Interview: Dagmar Ellen Fischer
SZENE HAMBURG: Ines, inwiefern ist die von dir verkörperte Figur der Sophie, der einzigen Frau im Stück, mitschuldig?
Ines Nieri: In Bezug auf ihre Mitschuld werden die Meinungen des Publikums vermutlich auseinandergehen. Ihre Situation lässt Sophie stets dazwischenstehen, das ist der Konflikt ihrer Figur. Sophie gibt mir die Möglichkeit, eine Achterbahnfahrt der Gefühle zu zeigen, zum Lachen zu bringen, im Herzen zu berühren und überraschend emotionale Feuerwerke und Ausbrüche zu versprühen.
„Meinen Rollen fühle ich mich schnell verbunden“
Wie bereitest du dich vor?
Meinen Rollen fühle ich mich schnell verbunden und gebe mich ihnen gerne hin. In der Vorbereitung bin ich sehr ehrgeizig, präzise, streng mit mir selbst und habe Spaß.
Der Text ist in Hexametern verfasst, das kann heute ungewohnt klingen, behält der Regisseur das bei?
Es wird zum Teil bedient, aber es steht nicht im Fokus. Ungewohnt ist es nicht, ich mag es. Für mich ist es Kunst. Außerdem liebe ich die klassische Literatur.
Funktioniert der Humor des Lustspiels heute noch?
Ja, schon, Humor ist letztlich auch eine Geschmacksache. An einer bestimmten Stelle haben wir allerdings bewusst mit Ironie gearbeitet.
„Die Mitschuldigen“ transportieren Männer- und Frauenrollen aus dem 18. Jahrhundert, kann man mit den dort geschilderten Geschlechterrollen noch etwas anfangen?
Es ist ein altes Stück. Daher gehen wir da anders heran. Im Punkt der Gleichberechtigung ist auch heute noch Luft nach oben.
Aktualisiert der Regisseur Wolf-Dietrich Sprenger?
Nein, er hat es verworfen und bewusst nicht modernisiert. Es ist meine erste Zusammenarbeit mit ihm. Seine Art zu inszenieren, empfinde ich als leidenschaftlich, wach, klar und kraftvoll. Er ist mit dem ganzen Herzen dabei.
Du bist oft im Ernst Deutsch Theater zu erleben …
Ja, dort bin ich glücklich. Ich liebe das Haus, die Mitarbeiter:innen und Isabella Vertés-Schütter sowieso! Ihr habe ich wahnsinnig viel zu verdanken. Seit 2013 unterstützt sie meinen Weg, vertraut mir schöne Rollen an. Ihr Vertrauen bedeutet mir sehr viel.
Traumberuf: Schauspielerin
Du hast schon als Kind eine Schauspielschule besucht und bereits vor der Kamera gestanden, bevor du Theater spieltest, wie hast du die beiden unterschiedlichen Medien als Jugendliche erlebt? Gibt es eine Vorliebe?
Ja, das war mein Traumberuf. Tatsächlich habe ich damals schon beides gemacht und beides geliebt. Empfunden habe ich es damals schon so erfüllend wie heute. Auch als Kind habe ich den Beruf schon sehr ernst genommen. Oft blieb ich zu Hause und habe Text gelernt und Rollen vorbereitet, während meine Freunde draußen spielten oder feiern gingen. Und ich war absolut glücklich damit.
Hat die Verleihung des „Hamburg Theaterpreis – Rolf Mares“ für dich etwas verändert?
Mein Kindheitstraum wurde erfüllt. Es hat mich einfach wahnsinnig glücklich gemacht, und ich bin sehr dankbar dafür! Ich werde immer daran zurückdenken und mich freuen.
Hast du ein bestimmtes Ritual, das du vor einer Vorstellung brauchst?
Nein. Doch spüre ich vor jeder Vorstellung Spielfreude und Fokus in meinen Körper schießen und bin glücklich und dankbar, dass ich diesen Beruf ausüben darf.
„Die Mitschuldigen“ im Ernst Deutsch Theater, 6. Oktober (Premiere), 7. Oktober bis 7. November, Tickets ab 24 Euro