SZENE HAMBURG: Jascha Schütz, was erzählt Ihnen Dostojewskis Text über Spielsucht aus dem Jahr 1867 heute noch?
Jascha Schütz: Vor allen Dingen: Jeder ist sich selbst der Nächste! Man sollte höllisch aufpassen, mit wem oder um was man spielt. Und nie den fatalen Fehler machen, eine Sucht gegen eine andere auszutauschen.
In welche Richtung geht die Inszenierung von Regisseur Georg Münzel?
Ich denke, es wird stellenweise eine sehr lustige Inszenierung. Natürlich mit einem bitteren Beigeschmack, wir spielen immer noch Dostojewski. Aber zwischendurch darf auch gelacht werden. Das finde ich, gerade bei einer derartig schweren Thematik, sehr wichtig.
Wie sieht Ihre Annäherung an eine Rolle aus?
Das ist jeweils unterschiedlich. Manchmal recherchiere ich viel, gerade wenn es historisch wird, manchmal trete ich einfach über Körperlichkeit und Emotionen mit der Rolle in einen Dialog.
Und im Fall des Spielers?
Alexej Iwanowitsch ist ein Hauslehrer aus verarmtem Adel, der sehr unglücklich verliebt in die Stieftochter seines Chefs ist. In seinem Fall habe ich mich mit dem Thema „Sucht“ auseinandergesetzt, denn das spielt in seinem Leben auf vielen Ebenen eine sehr große Rolle.
„Depression ist nichts Ungewöhnliches“
War es ein Kindertraum von Ihnen, auf der Bühne zu stehen?
Ja, absolut. Ich habe noch nie etwas anderes machen wollen und könnte mir ein anderes Berufsfeld auch gar nicht vorstellen.
Ich kann mit Worten gar nicht beschreiben, was mir dieses Haus bedeutet
Jascha Schütz über das Theater das Zimmer
Über Ihr erstes Engagement in Lauenburg schrieben Sie sehr witzige, selbstironische Kommentare zu Ihren Rollen als Hummer und Prinz im selben Stück und über Ihre Wirkung auf das weibliche Publikum …
Wie alt war ich da? 19, 20? Das war wohl mein Humor damals. An dem Umstand, dass ich meine eigene Unsicherheit in Späße verpacke, hat sich bis heute nichts geändert. Obwohl ich wahrscheinlich inzwischen doch etwas reifere Witze machen würde.
Ihre Depressionen benennen Sie ebenso offensiv …
Ja, Depression ist nichts Ungewöhnliches. Ich komme damit ganz gut klar und finde, dass über das Thema offen geredet werden darf. Gerade als depressiver Mensch muss man sich das Leben manchmal lustig machen, sonst dreht man durch. Heute würde ich mich als einen Menschen beschreiben, der versucht, im Leben klarzukommen, sich auszudrücken, Kunst zu machen und dabei so viel Spaß zu haben wie möglich. Manchmal brauche ich Hilfe von anderen, manchmal kann ich anderen helfen – ist ja alles ein Geben und Nehmen.
„Irgendetwas scheine ich richtig zu machen“
Sie haben seit 2019 häufig im Theater das Zimmer gespielt, wie ist Ihre Beziehung zu diesem besonderen Hamburger Theater?
Ich kann mit Worten gar nicht beschreiben, was mir dieses Haus bedeutet. Angefangen bei den wunderbaren Theaterleitern, Lars Ceglecki und Sandra Kiefer, die für mich inzwischen zu meiner „Hamburg Familie“ gehören, bis hin zu der spannenden Form des Zimmer-Theaters und den tollen, aktuellen Stücken, die dort inszeniert werden. Dieses Theater ist für mich ein magischer Ort.
Welche Veränderung hat die Auszeichnung mit dem Theaterpreis Hamburg – Rolf Mares in Ihrem Leben bewirkt?
Ich gehe etwas selbstbewusster an die ganze Sache heran. Es stärkt einem ganz schön den Rücken, wenn die eigene Arbeit so wertgeschätzt wird. Irgendetwas scheine ich richtig zu machen, und das möchte ich so beibehalten. Ein gewisser Leistungsdruck ist im Paket auch mit dabei, aber eher ein positiver Leistungsdruck.
„Der Spieler“ im Altonaer Theater, Premiere am 10. April 2023, weitere Termine: 13.–16. April, 18.–22. April und mehr.
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 04/2023 erschienen.