Text: Felix Willeke
Wo genau Jazz entstanden ist, lässt sich nicht sicher bestimmen. Wie viele andere Musikstile entspringt auch er einer Entwicklung. Das Zentrum dieser wird am Ende des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts in New Orleans verortet. Hier waren es Afro-amerikanische Communities, die basierend auf unter anderem Blues und Ragtime den Jazz entwickelten. Und was macht Jazz bis heute aus? Vor allem eines: seine Vielfältigkeit. Dabei spielt besonders die Improvisation und die Einzigartigkeit des Spontanen eine große Rolle. Das Vorurteil, Jazz sei elitäre Musik ist dabei völlig falsch. Denn wie sagte schon der amerikanische Jazzpianist Bill Evans: „Es nervt mich, wenn Leute versuchen, Jazz als intellektuelles Theorem zu analysieren. Das ist er nicht. Es ist ein Gefühl.“ Und fühlen kann man Jazz am besten live.
Birdland: Ein klangvoller Name

An einer der holz-vertäfelten Wände steht „Don’t look at the time. Have a drink and enjoy real music“. Damit ist das Motto für das Birdland gesetzt. Diese Hamburger Jazz-Institution gibt es seit 1985.
Nachdem die Gründer 2013, nach mehr als 4.700 Konzerten mit Gästen wie Chet Baker, Diana Krall oder Rebekka Bakken, in den Ruhestand gingen, schien der legendäre Club vor dem Aus. Doch Dank einer der Söhne und einem der Gründer des Freundlich+Kompetent, lebt das Birdland weiter – vielleicht mehr als je zuvor.
Neben regelmäßen Jam- und Vocal Sessions gibt es im Birdland hauptsächlich Modern Jazz zu hören. Dazu kommen Pop-Konzerte und seit Kurzem auch die Schnack Comedy, eine Stand-Up Comedyshow.
Gemütlich im Brückenstern

Der Brückenstern ist schon fast Kult, seit Jahren führt Kwesi Asiama die kleine Musikkneipe an der Sternbrücke. Waren hier früher viele Künstler der Hamburger Off-Szene zu Gast, ist seit 2019 die JazzKitchen im Brückenstern zu Hause.
Bei gutem Bier und noch besserem Essen gibt es hier richtig gute Musik in Wohnzimmeratmosphäre. Und alleine Kwesi Asiamas Gastfreundschaft ist immer einen Besuch wert.
Cotton Club: Ein echter Klassiker

In einem der ältesten Jazz-Clubs der Stadt hat sich etwas verändert: Am 26. März 2022 feierte Dieter Roloff nach über 60 Jahren seinen Abschied vom Cotton Club. Der 1951 eröffnete Club hat seit dem 1. April 2022 neue Betreiber, die den Club in Roloffs Sinne erhalten, aber auch weiter entwickeln wollen. Dabei soll die musikalische Ausrichtung beibehalten werden.
Der Cotton Club war schon immer die Anlaufstalle für den traditionellen Jazz, Oldtime, Dixieland und Swing. Hinzu kommen neue Ideen, eine für den Sommer 2022 geplante Renovierung und weiter viel Leidenschaft für die Musik.
Gesellig am Wasser im Hafenbahnhof

Früher gab es Bahngleise direkt am Hafen, davon zeugt neben dem Alten Bahntunnel zwischen Fischmarkt und Altona auch der Hafenbahnhof. Das kleine Haus zwischen Kaistraße und Großer Elbstraße ist neben Partylocation auch eine Anlaufstelle für Jazzfans. Jeden Montag gibt es hier Live-Jazz im Jazzraum.
Wenn das Wetter stimmt, finden die Konzerte in der Regel auch Open Air statt. Los geht es jede Woche montags um 19.30 Uhr (Einlass um 18.30 Uhr) und kostet 9 Euro (ermäßigt 6 Euro).
Halle 424: Schick und szenig

Der Oberhafen ist nicht erst seit gestern ein beliebtes Kulturquartier. In Mitten von alten Lagerhallen, Restaurants und Ausstellungen befindet sich auch die Halle 424, die sich selbst als Ort für „Jazz- und Klassikkonzerte im Oberhafen“ bezeichnet.
Vielleicht lässt sich nirgendwo besser ein Jazz-Abend erleben, als in so einem historischen Gemäuer, das mit liebevollen Details zu einer wirklich schicken Konzert-Location gemacht wurde.
Der neue Tempel: Jazz Hall

Hamburgs neuster Jazz-Tempel liegt direkt an der Alster. Mit der Jazz Hall hat die Hochschule für Musik und Theater (HfMT) endlich seine eigene Konzerthalle bekommen. 15 Jahre wurde geplant, zwei Jahre gebaut und seit Juni 2021 ist sie endlich da. Corona-bedingt war das erste Jahr noch wenig los, das ändert sich in diesem Sommer.
Im Mai fand das JazzHall Festival statt, bei dem große Stars und Studierende der HfMT auf der Bühne begeisterten. Jetzt geht es weiter mit dem bewährten Mix aus Größen der Szene – zumeist präsentiert von der Jazz Federation – und den Konzerten der Studierenden.
Höchstes Niveau bei den großen Drei
Wer in Hamburg an die großen Häuser für Jazz denkt, dem fallen sofort drei Namen ein: Die Elbphilharmonie, die Laeiszhalle und das Rolf Liebermann Studio.
Die Elbphilharmonie

In Hamburgs wohl bekanttestem Konzerthaus geben sich nicht nur beim Elbjazz das who is who des Jazz die Klinke in die Hand. Auch außerhalb der Festivals gibt es hier regelmäßig Jazz der Spitzenklasse. Der Andrang auf die Elbphilharmonie ist dabei längst nicht mehr so groß wie am Anfang und so gibt es für einige Konzerte auch kurzfristig noch Tickets, auch an der Abendkasse.
Und während der Große Saal für viele ein Sehnsuchtsort ist, sollte man den Kleinen Saal nicht unterschätzen: Besonders kleine Ensembles bekommen hier genau den richtigen Rahmen.
Die Laeiszhalle

Das Haus ist mittlerweile über 110 Jahre alt und hat nichts von seiner Faszination verloren. In die Laeiszhalle kommen sie alle: Von Klassik-Superstars über Größen des Pop bis hin zu Neuentdeckungen des Jazz. Dabei verhält es sich hier ähnlich wie in der Elbphilharmonie: Der große Saal beeindruckt und der Kleine ist perfekt für die intimeren Konzerte.
Das Rolf Liebermann Studio

Der Klang in der Elbphilharmonie ist nahezu perfekt, doch ist er nicht mit der Qualität eines Tonstudios zu vergleichen. Der „Große Sendesaal“ des NDR ist eine ehemalige Synagoge und trägt seit 2000 den Namen des jüdischen Komponisten Rolf Liebermann.
Das große Studio des NDR ist das Wohnzimmer der NDR Bigband und in der Reihe NDRJazz finden hier pro Jahr sechs bis sieben Konzerte statt. Darunter finden sich Auftritte von Newcomer:innen genauso wie etablierten Stars – oft begleitet von der NDR Bigband.
Jazz im Süden: White Cube Bergedorf

Jazz gibt es in Hamburg nicht nur rund um die Alster, auch in Bergedorf kann man richtig guter Musik lauschen. Einer der besten Orte dafür ist zweifelsfrei der White Cube Bergedorf.
Der Club liegt etwas versteckt im Gewerbegebiet, ist aber nur knapp einen Kilometer vom Bahnhof Bergedorf entfernt. 2017 wurde das eigentliche Loftgebäude zu einem Club umgebaut. Pro Monat gibt es im Schnitt drei Konzerte im White Cube, hinzu kommen die mittlerweile etablierten Jamsessions.
Klein und fein: Yoko Club

Wer in Hamburg Cotton sagt, muss auch Yoko sagen. Neben dem Cotton Club gehört der Yoko Club direkt neben dem Gängeviertel zu einem der besten Jazz-Clubs der Stadt. Von außen sieht das Yoko zwar klein aus, aber hier haben schon ganze Ensembles gespielt. Auch für diejenigen, die neu im Jazz sind, lässt es sich hier bestens reinhören.
Open Air: Jazz geht auch draußen

Seit 2010 gibt’s das Elbjazz fast in jedem Jahr mit Stars und viel Neuem auf dem Werftgelände von Blohm & Voss. Nach einer Pause im Jahr 2016 haben mittlerweile die großen Hamburger Konzertveranstalter übernommen. Unter der Leitung von Karsten Jahnke und Folkert Koopmanns (FKP Skorpio) gab es Besucherrekorde und große Namen wie Jamie Cullum, Kamasi Washington oder in diesem Jahr Web Web mit Max Herre.
Auch neben dem Elbjazz gibt es Musik unter freiem Himmel: Das Jazzbüro veranstaltet seit einigen Jahren die Jazz Open Hamburg in Planten un Blomen. 2022 findet das kleine aber feine Festival am 3. und 4. September statt.
Wer jetzt Lust auf Jazz hat, findet die aktuellen Konzerthighlights in der Stadt auf den Homepages der Clubs und Konzerthallen oder beim Konzertkalender von jazzmoves.de.