Jörg Heikhaus ist Künstler, Galerist, TV-Talker und jetzt auch Podcaster. Wir sprachen mit dem Querdenker
SZENE HAMBURG: Jörg, dein Lebenslauf ist nicht unbedingt der klassische eines Galeristen – du hast mal Karriere in der Wirtschaft gemacht …
Jörg Heikhaus: Ich hatte gar nicht vor, in der Wirtschaft zu landen. Kunst habe ich immer schon gemacht, aber es war mir nach der Schule nur einfach nicht möglich, Kunst zu studieren. Ich musste erst mal Geld verdienen: In Köln habe ich im Umkreis der Independent- Musikszene in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern als Fotograf, Grafiker und Bandmanager gearbeitet. Zur Wende habe ich als Journalist gearbeitet und habe Sonic Youth und Nirvana interviewt. 1996 habe ich schließlich mit einem australischen Bildhauer eine eigene Onlineagentur gegründet.
Ziemlich erfolgreich … Du hast es bis zum Vorstand geschafft …
Eine schwedische Firma kaufte die Agentur, und ich habe dann noch drei Jahre als Vorstandsvorsitzender von Deutschland aus gearbeitet. Ich bin dann gegangen, weil es am Ende nichts mehr mir zu tun hatte. Mit Anfang dreißig habe ich gesagt, jetzt oder nie, ich muss meine Kunst machen!
In Hamburg hast du 2002 die Galerie heliumcowboy gegründet. Woher kam der Mut?
Ich habe viel recherchiert, mich international mit Galeristen getroffen, Kunstmessen besucht, um herauszufinden was für eine Art Galerie fehlt eigentlich? Ehrlich gesagt habe im Gespräch mit den Galeristen immer gedacht, dass ich so nicht sein möchte. Mich interessiert nur das Konzept Künstler: Wo liegt das Einzigartige, wie ernsthaft ist die Auseinandersetzung mit der Kunst bei genau diesem Menschen? Ich will Leidenschaft sehen.
Was unterscheidet deine Art, Kunst zu zeigen?
Ich habe keinen Lebenslauf, wie man ihn erwartet. Doch die vielen verschiedenen Jobs, die ich gemacht habe, bilden eine gute Basis, ich konnte viele Erfahrungen aus erster Hand machen und dadurch Künstlern helfen. Das Wichtigste für jeden Galeristen bleiben aber Persönlichkeit und Passion – und die sind ja bei jedem anders ausgeprägt.
Du versuchst, Galerie neu zu denken, u. a. mit einem Talk-Format?
Auch wenn wir schnell eine der Hotshot-Galerien aus Deutschland wurden, war es ja nicht immer leicht, vor allem nach der Finanzkrise. Da muss man schon mal überlegen, was sich ändern kann. Ich glaube, dass der Markt heute extrem übersättigt ist, der funktioniert einfach nicht mehr. Aber niemand weiß so genau, wie er funktioniert. Hier müssen wir uns viel mehr austauschen. Nicht nur im Künstlergespräch, sondern mit Menschen, die mit dem Markt zu tun haben. Und natürlich unserem Publikum.
Wie sieht das heute aus?
Zusammen mit Jannes Vahl von den Clubkindern habe ich 2016 „heliumtalk – das Kunstgespräch“ mit Tide TV gestartet. Jetzt setzen wir das als Audio-Podcast fort, denn ich möchte noch viel mehr tolle Leute ausfragen, was Kunst bewegt, wie sie produziert, erlebt, geliebt, gehasst und eben auch verkauft wird. In der ersten Folge unterhalte ich mich Darko C. Nicolic, der ein unglaublich spannendes Konzept verfolgt. Am Anfang wird das Deutsch sein. Aber im April habe ich eine Ausstellung mit „The Jaunt“, die werde ich auf Englisch interviewen.
Und, schon Erkenntnisse? Wie ist der Hamburger Galeriestandort?
Ruhiger und unaufgeregter als anderswo, das ist aber oft auch ein Vorteil. Man hat hier den ruhigen Atem, Künstler sich entwickeln zu lassen und kann in Ruhe etwas aufbauen. Das Zurückhaltende ist hilfreich, denn über Nacht kann in der Kunst nichts passieren. Die Zusammenarbeit von Galerien und Museen klappt in Hamburg leider nicht wirklich. Unbedingt will ich Bettina Steinbrügge vom Kunstverein zum Talk laden, sie macht viel richtig.
Du baust gerade um und präsentierst dich im März mit einem neuen Galerie-Konzept …
Wir entfernen uns noch mehr vom klassischen White Cube. Die Ranch, so nennen wir die Galerie ja liebevoll, wird Studio und Showroom zugleich. Ein Teil meines Alex Diamond-Ateliers und das Podcast-Studio kommen in den Ausstellungsraum, ganz aus Altholz, wie eine Ranch. Die Galerie wird zum Ort, an dem Kunst nicht nur gezeigt, sondern auch produziert wird. Am 24. März eröffnen wir, da stellen wir das Potenzial des Raumes vor. Ich stelle mir einen Kunstsalon vor, jeder kann vorbeikommen, man tauscht sich aus, kommt ins Gespräch. Der Podcast soll das Kommunikative unterstreichen. Ich glaube, wir sind heute als Galerist mehr gefragt, Kunst lebendig zu machen und wieder zu erklären …
Interview: Stefanie Maeck
Heliumcowboy Artspace: Bäckerbreitergang 75 (Neustadt), www.heliumcowboy.com (Eröffnung am 24. März 2018)
heliumTALK – das Kunstgespräch: www.heliumcowboy.com/heliumtalk
Dieser Text ist ein Auszug aus SZENE HAMBURG, März 2018. Das Magazin ist seit dem 24. Februar 2018 im Handel und zeitlos in unserem Online Shop oder als ePaper erhältlich!