Seit fast 20 Jahren arbeitet Christina Pillat-Prieß in unterschiedlichen Projekten in der Obdachlosenhilfe. „Soziale Ungerechtigkeit und Ausgrenzung waren schon immer ein Thema, dem ich etwas entgegensetzen wollte“, sagt sie. Seit 2022 ist sie Leiterin des Kältebus, der obdachlose Menschen im Winter versorgt. Betrieben wird der Kältebus vom CaFée mit Herz, einem Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, ein „sozialer Hafen“ für arbeitslose und obdachlose Menschen in Hamburg zu sein, so die Selbstbeschreibung. Seit fast 25 Jahren werden im CaFée mit Herz, das sich im Gesundheitszentrum St. Pauli befindet, rund 300 Gäste mit kostenlosen Speisen und Kleidung versorgt – die Anzahl steigt kontinuierlich. Der Verein mit einem festen Team und seinen 40 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bietet außerdem kostenlose Sozialberatung, ärztliche Versorgung für nicht krankenversicherte Menschen und Duschmöglichkeiten.
Als das Projekt Kältebus im Dezember 2018 in Planung ging, war Pillat-Prieß sofort dabei. Seither fährt der Kältebus jedes Jahr von Anfang November bis Ende März durch ganz Hamburg, um obdachlose Menschen in die Einrichtungen des Winternotprogramms zu bringen oder sie zumindest mit dem Nötigsten zu versorgen, damit sie die kalten Winternächte überstehen.
Kältebus Hamburg: Auch an Weihnachten im Einsatz
Auch an Heiligabend ist der Kältebus auf den Straßen Hamburgs unterwegs. „Wir haben dann auch Weihnachtsschokolade dabei“, sagt Pillat-Prieß. Die Weihnachtszeit sei die emotionalste Zeit des Jahres für die Menschen auf der Straße. „Die Menschen treffen sich zum Feiern mit Freunden und Familie in ihren behaglichen Häusern oder Wohnungen und die Obdachlosen sitzen allein in der Kälte“, so Pillat-Prieß, „oft fließen die Tränen in Erinnerung an Kinder oder Eltern, zu denen man keinen Kontakt mehr hat.“ Der Kältebus kann an diesen schweren Tagen ein wenig Trost spenden, die Menschen mit einem Schlafsack, einer Isomatte, Kleidung, einem heißen Getränk und vor allem ein paar warmen Worten versorgen.
Pillat-Prieß ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Situation der Menschen auf der Straße immer elender wird. Immer mehr Menschen werden obdachlos, leben oft jahrelang auf der Straße. Die Resignation sei teilweise so groß, dass ein Arztbesuch nicht nur an der fehlenden Krankenversicherung, sondern an dem Empfinden scheitere, dass alles ohnehin schon egal ist.
Fälle offenbaren „Defizite im Hilfesystem“
„Kompliziert wird es, wenn wir Menschen finden, für die niemand wirklich zu ständig ist.“ Die Menschen seien dann beispielsweise zu gesund für das Krankenhaus, hätten keine Krankenversicherung und seien zu krank für die Notunterkünfte. Die Unterbringung dieser Leute sei dann mit vielen zeitraubenden Diskussionen verbunden. „Diese Fälle offenbaren immer wieder die Defizite im Hilfesystem“, sagt Pillat-Prieß. Die Leiterin des Kältebusses wünscht sich, dass Hamburgerinnen und Hamburger noch mehr auf obdachlose Menschen achtgeben. Den Helferinnen und Helfern des Kältebusses geht es darum, den Menschen, die oftmals gar nichts für ihre prekäre Lebenssituation können, ein Stück Selbstwert zurückzugeben. Das CaFée mit Herz freut sich immer über Sachspenden in Form von warmer Kleidung und robusten Schuhen für Männer oder über eine Geldspende an den Verein.
Wer einen obdachlosen Menschen in Not sieht, kann die Nummer des Kältebusses jede Nacht von 19 bis 24 Uhr wählen: 0151-65683368.
Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 12/2024 erschienen.