Hunger und Durst stillen, Festivalspecials abgreifen und Newcomer entdecken! Zusammen mit Haspa Musik Stiftung und Reeperbahn Festival präsentieren wir die Eatery Sessions. Ob mit oder ohne Festivalpass – in diesen vier Restaurants und Cafés spielt die Musik. Die Festival-Specials sind während des gesamten Festival-Zeitraums und nur mit Bändchen erhältlich.
Nein, hier handelt es sich nicht um ein Café mit ausschweifender Kinderecke, Sackhüpfen und Um-die-Wette-Schaukeln. Mit dem Namen von Playground Coffee will Inhaber Veljko Tatalović bezeugen, dass Café für ihn ein Abenteuerland ist. Seine Gäste sollen sich austoben und ausprobieren können: mit verschiedenen Röstungen, Aufgussverfahrungen oder Aromen. Der in Hamburg geröstete Kaffee aus fairem und nachhaltigem Handel tropft in dem kleinen, modern eingerichteten Laden auf St. Pauli direkt in eure Tassen und lässt jede Spur von Festival-Müdigkeit sofort verfliegen. Reeperbahn Festival-Special: 1 Espresso Tonic für nur 3,90 Euro oder 1 Cold Brew für 2,80 Euro
An Burgerläden mangelt es in Hamburg schon lange nicht mehr – und Grilly Idol gehört zu den Besten. Die selbsternannte Burger-Manufaktur macht alle Soßen selber und brutzelt auf ihrem Grill nur Rindfleisch in Bio-Qualität. Auch Veganer und Vegetarier werden hier ohne Probleme fündig und glutenfreie Burgerbrötchen gibt es für Gäste mit entsprechender Unverträglichkeit. Langweilig wird die Auswahl nie: Kreative Kreationen wie der Asia-Burger in Bao-Brötchen oder Kraut mit Erdnüssen und Cranberries sorgen für den nötigen Festival-Energieschub. Den gibt es am Wochenende schon ab zehn Uhr mit fluffigen Pancakes, Rührei oder Frühstücks-Burrito. Reeperbahn Festival-Special: 1 Cheeseburger mit Kartoffelfritten, Classic Krautsalat und Ketchup/Mayo plus 1 Getränk (Fritz, VCA, Ratsherrn Pils 0,33l) für nur 16 Euro
Craftbeer ist, im wahrsten Sinne des Wortes, in aller Munde. Im Überquell direkt an der Hafenstraße kann man die hauseigenen Bierkreationen zur echten neapolitanischen Pizza genießen. Die wandert, so wie sie sein soll, innen weich und außen Knusprig direkt aus dem Steinofen auf die Teller. Lust auf was Süßes? Unbedingt die Dessert-Pizza mit Schokocreme probieren und genießen – Am besten bei Sonnenschein auf der Terrasse des Überquells. Denn abseits des Reeperbahntrubels eignet sich die chillige Location gut für eine kleine Programmpause, um mit Blick auf den Hafen zu verschnaufen. Reeperbahn Festival-Special: Ein kleines helles Original zu jeder Pizza pro Person oder alternativ eine Saftschorle (jeweils 0,3l)
Lange Nacht gehabt? Die kleine Kaffeerösterei kopiba verschafft da Abhilfe: mit Kaffeekreationen wie dem Early Byrd oder dem Deathpresso hat die Rösterei die perfekten Wachmacher für das lange Festivalwochenende parat. Der kleine Gastraum ist gemütlich und duftet herrlich nach den Kaffeebohnen, die im Hinterzimmer in einer Trommel aus den 60er Jahren frisch geröstet werden. Und zum Frühstück bringt das freundliche Personal hausgemachte Waffeln, Marmeladen und Aufstriche an den Tisch. Das Preis-Leistungs-Verhältnis passt, die Atmosphäre ist angenehm entspannt: Hier verbringt man gerne die frühen Morgenstunden. Passend dazu lautet das Motto der Rösterei „Schlafen kannste, wenn du tot bist“ – oder zumindest erst nach dem Reeperbahnfestival. Reeperbahn Festival-Special: Auf alle Getränke, die Deathpresso enthalten gibt es 50 Prozent Rabatt. Zudem kostet eine Tüte Deathpresso-Bohnen (250 Gramm) in der Festival-Edition nur 5 anstatt 6,50 Euro
Die Hamburger Singer/Songwriterin Lùisa wird im Programm des Reeperbahn Festivals 2017 als eines der musikalischen Talente dieser Stadt angekündigt. Die Künstlerin ist auf der Schwelle zum Durchbruch. Uns hat sie im Interview verraten, wie Ihre musikalische Vision aussieht. Und warum Frauen auf der Bühne es auch heute noch schwer haben, sich durchzusetzen
/Interview & Beitragsbild: Regine Marxen
Lùisa, wenn man über dich und deine Musik recherchiert, stößt man immer wieder auf Vergleiche mit bekannten Künstlern wie beispielsweise José Gonzáles. Kannst du mit Vergleichen wie diesen leben?
Ich denke, Vergleiche zu machen ist etwas ganz Natürliches. Du hörst oder siehst etwas und versuchst es abzugleichen. Und gerade was José Gonzáles anbelangt, kann ich sagen, dass er mich sehr beeinflusst hat was das Gitarrenspiel angeht. Das ist für mich in Ordnung. Man baut sich einen eigenen Stil auf, aber die Menschen brauchen eben Vergleiche, um es einzuordnen.
Dabei verwebst du ja unterschiedliche Genres in deiner Musik, bist also nicht nur in einer Schublade zuhause, oder?
Stimmt. Man selber ist schließlich auch unterschiedlichen Einflüssen unterworfen in seiner Musik. Ich kam aus der Singer/Songwriter-Ecke und dem Folk-Bereich. Aber mittlerweile ist meine Musik elektronischer geworden, geht auch in die Indie-Dream-Pop-Ecke hinein. Da habe ich Einflüsse wie Beach House zu zitieren. Oder Feist. Ich habe immer sehr, sehr viel unterschiedliche Musik gehört. Auch solche Sache wie The Field oder Moderat, also sehr elektronische Musik. Das bündelt sich ein bisschen und heraus kommt ein eigener Stil.
Seit wann machst du Musik? Wie bist du zur Musik gekommen?
Mit neun oder zehn habe ich Klavierstunden genommen, bin dann schnell zur Gitarre gestapft.
Hat dich da jemand in diese Richtung gelotst?
Mein Bruder hat auch Gitarre gespielt. Das hat mich sehr beeinflusst. Und die Musik, die ich damals hörte, war sehr gitarrenlastig. Ich habe dann mit 15 Jahren in einer Punk-Band gesungen. Und mit 17 begann ich, mit meiner Akustik-Gitarre meine eigenen Songs zu spielen.
Deine Stimme ist sehr prägnant, überraschend rauchig. Als ich mich in deine Musik hineinhörte, war ich zuerst überrascht, was für eine Stimme aus dieser zierlichen Person kommt. Hörst du das öfter?
Ich habe das schon als Kind gehört (lacht). Schon als ich fünf war. Ich war ein kleines, blondes Mädchen, hatte aber eine Lache, als hätte ich morgens fünf Flaschen Whiskey getrunken. Das war auch immer Teil von mir. Diese Diskrepanz zwischen der Optik und meiner Stimme. Aber das sagt natürlich auch viel über die Stereotypen aus, die in unserer Gesellschaft verankert sind. Eine kleine blonde Frau mit dunkler Stimme, das passt erst Mal nicht. Aber ich finde es eigentlich ganz schön, dieses Klischee zu brechen.
Kann sich prügeln: Lúisa hat zwei größere Brüder. Da lernt man, sich durchzusetzen. /Foto: Marie Hochhaus
Du hast als Solo-Künstlerin angefangen, inzwischen spielst du aber auch teilweise mit Band, oder?
Sowohl als auch. Ich arbeite viel mit Loops und Samples, nehme es selber auf, spiele Synths und Drums selber live ein. So, mit dem elektronischen Setup, werde ich auch auf dem Reeperbahn Festival performen. Manchmal spiele ich aber auch mit Band, mit einem Drummer und Basser, die das spielen, was ich sonst alleine mache. Je nach Bühne und Laune.
Du hast bereits mit einigen größeren Acts gespielt. Enno Bunger oder Lindi Ortega, zum Beispiel. Gibt es Auftritte, die dir besonders im Gedächtnis geblieben sind?
Ja, gerade das letzte Jahr war geprägt von größeren Bands. Ich habe Paper Kites auf ihrer Europa Tournee begleiten dürfen. Das ist immer total toll, wenn man bekannte Bands supporten kann und sich neues Publikum erschließt. Man setzt sich sozusagen an den gedeckten Tisch. Und man lernt von den Künstlern, die ja schon einen Schritt weiter sind. Ich war auch mit Cäthe auf Tour, eine tolle Performerin. Wir haben uns großartig verstanden und auch viel darüber gesprochen, wie es ist, als Frau zu touren und auf der Bühne zu stehen. Das ist schön, zu erleben, dass Verbindungen entstehen, die über die Musik hinausgehen.
Bist Du ein Tourmensch?
Ja, total. Ich habe schon gemerkt, dass ich einen Cut für mich mache muss, wenn ich auf Tour war und mich dann auch zurückziehen muss. Es ist für mich wichtig, wenn ich wieder schreibe, was dieses Jahr der Fall ist, das Vagabundenleben zur Seite zu lassen und mich nach Innen fokussieren. Beides, schreiben und touren geht nicht. Aber wenn ich auf Tour bin, bin ich immer total glücklich. Klar ist es auch anstrengend, aber auf eine Weise, die belebend ist.
Was genau macht dich glücklich beim Touren?
Mit Cäthe waren wir im Nightliner unterwegs. Das ist dann wie eine Zirkusproduktion. Du stehst morgens auf, besorgst dir ein Frühstück, ohne zu wissen, wo, weil du wieder in einer fremden Stadt bist und auch gar nicht so genau weißt, wie du da hingekommen bist. Dann bereitet man alles vor, schleppt die Kisten. Ich mag auch dieses Körperliche, diesen Einsatz, den man bringen muss. Und komplett ausgelastet zu sein. Das ist ein Leben, das mir sehr zusagt. Mich nicht in einem Alltag zu befinden, wo ich mich ein bisschen eingesperrt fühle. Und sehr in dem Moment zu leben. Den einen Tag übernachtest du in einem tollen Hotel, am nächsten auf einer verlausten Matratze. Das gehört dazu. Das liebe ich.
Stichwort Hier & Jetzt: Hast du manchmal Zukunftsängste?
Auf Tour nicht. Da lebe ich im Moment. Das ist besonders. Wenn man in einer Routine, an einem Ort, lebt, ist man aber oft nicht so empfänglich für die schönen Momente und die Einzigartigkeit des Tages an sich. Wenn ich also hier in Hamburg in meiner Wohnung in Eimsbüttel bin, dann kommen mir schon Gedanken wie ‚Wie mache ich es nächsten Monat?’ Dann ist viel mehr Planung angesagt. Zukunftsängste kann ich nachvollziehen, diese Sehnsucht nach Sicherheit, aber ich zersetze das in der Reflektion, und lasse das nicht so krass an mich ran. Es ist gar nichts sicher im Leben. Alles ist in Auflösung, vergänglich. Mein Album ‚Never own’ hat genau diesen Ansatz. Man kann nichts festhalten. Nichts besitzen.
“Ich möchte das die ganze Zeit machen. Als Frau. Auf Augenhöhe.”
Aber dein Leben hat feste Säulen, oder? Dinge oder Menschen, die bleiben?
Die größte Säule ist die Musik. Bei mir hat sich immer sehr, sehr viel verändert, aber die Musik war immer da. Und natürlich Familie und Freunde. Das merke ich immer mehr. Wie wichtig diese feste Gruppe ist, mit der man durchs Leben geht. Aus der man sich auch mal rausnehmen kann, aber, wenn man fällt, dort immer ein Netz findet. Diese langfristigen Verbindungen spenden Kraft.
Wie gehst du mit kritischen Stimmen um? Musik ist ja eine sehr intime Geschichte.
Ich bin selber ein sehr kritischer Mensch und finde konstruktive Kritik auch wichtig für meine Musik. Nur so entwickelt man sich weiter. Aus der Reflektion heraus. Aber Kritik muss eben Inhalt haben, konkret sein. Damit kann ich dann arbeiten. Aber: Ich mache ja relativ viel selber auf der Bühne, mit dem elektronischen Aufbau. Und ich merke, dass es immer noch ein großes Thema ist, wenn eine Frau eine größere Eigenständigkeit hat. Den Laden auf der Bühne alleine schmeißt. Manche Kritik muss man mit Vorsicht genießen, weil ich das Gefühl habe, dass einige Männer nur ein bisschen Mansplaining betreiben wollen.
Mansplaining. Gutes Stichwort, zumal du ja schon andeutetest, dass das Thema weibliche Künstler im Musikbusiness auch auf der Tour mit Cäthe von euch diskutiert wurde. In Hamburg hat sich in diesem Jahr das Netzwerk musicHHwomen – art.business.media gegründet. Was hältst du davon?
Das letzte Treffen war doch vergangenen Sonntag. Ich war auch dort. Eine gute Sache! Ich merke immer wieder, dass der Support um einen herum oftmals männlich dominiert ist. Wenn es um Tour-Organisation geht, oder du eine Schlagzeugerin suchst. Oder du eine Gruppe von Frauen suchst, die mal zusammen jammt. Das ist schwierig. Eines der Anliegen von musicHHwomen ist, eine Datenbank zu erstellen, damit sich Künstlerinnen schneller und einfacher verbinden können. Ich finde, ein Netzwerk wie dieses ist ein Empowering, stärkt das Selbstbewusstsein. Man eiert nicht alleine rum, sondern es gibt eben viel mehr von uns. Das ist total wertvoll, sich mit den anderen zu verbinden. Man betrachte nur die Zahlen: Unter elf Prozent der Frauen auf der Bühne tragen ihre eigenen Kompositionen vor.
Da ist noch Luft nach oben.
Genau. Ich merke, dass mich dieser Gedanke auch immer mehr beschäftigt, zumal ich nicht mehr in dem Alter bin, indem ich wild auf die Bühne gehen, sondern weiß: Ich möchte das die ganze Zeit machen. Als Frau. Auf Augenhöhe.
Ist deine Optik, klein zierlich, blond, Türöffner oder eher hinderlich und fördert das Schubladen-Denken?
Mich hat das Denken in Stereotypen in Sachen Genderfragen immer gestört; ich glaube, deshalb habe ich so viel an mir gearbeitet. Ich war nie das niedliche Wendy-und-Barbie-Mädchen. Und ich wollte eben nicht nur die niedliche kleine Sängerin sein. Ich möchte noch besser produzieren lernen. Ich möchte die technischen Sachen verstehen. Für mich war das eher ein Ansporn. Ich sehe nicht ein, warum ich auf etwas reduziert werden sollte, was ich nicht bin. Ich denke, das ist auch gerade im Umbruch. Es gibt immer mehr Künstler, die nicht dem Klischee entsprechen.
“Es wäre schön, wenn die Musikszene in Zukunft durchmischter wäre, und die Frage, ob du Frau oder Mann bist, irgendwann egal ist und es nur noch um die Musik geht.”
Nimmst du das wirklich so wahr?
Ja, aber das ist natürlich Szenenabhängig. Ich rede von der Indie-Szene, wenn ich mir kommerziellere Szenen anschaue, ist das anders. Wenn ich darüber nachdenke, was für ein Frauenbild Helene Fischer symbolisiert… Und ich habe das Gefühl, dass Deutschland hinterher hinkt. Die Strukturen sind hier noch eingekrusteter als in England oder Frankreich. Als ich in Paris auftrat, war eine Frau für den Bühnensound verantwortlich, und bei Aufnahmen für eine Life-Session im Studio übernahm eine Frau die Technik. Die Emanzipation in der Musikszene ist in diesen Ländern ein ganzes Stück weiter.
In Deutschland muss man also Ellenbogen zeigen im Business?
Auf jeden Fall. Aber ich bin mit zwei älteren Brüdern aufgewachsen, ich kann mich prügeln (lacht). Als Künstlerin, die ihre eigenen Kompositionen produziert, hast du noch immer den Exklusivcharakter. Und ich selber bin ja auch mehr von männlichen Künstlern geprägt worden in meiner Entwicklung als von Frauen. Es wäre schön, wenn die Musikszene in Zukunft durchmischter wäre, und die Frage, ob du Frau oder Mann bist, irgendwann egal ist und es nur noch um die Musik geht.
Dein Tipp an die Kolleginnen? Was muss man mitbringen, um sich durchzusetzen als Künstlerin?
Wichtig ist die Gabe, mit Selbstzweifeln umzugehen. Und mit Down Times. Bleibt immer bei der Musik und grenzt euch von der Industrie ab. Schreibt nicht für den Erfolg, sondern um eure eigene Vision zu verwirklichen.
Auf dem Reeperbahn Festival erleben wir dich und deine Vision gleich mehrfach, unter anderem am Freitag um 23.30 Uhr im Mojo Club? Aufgeregt?
Ich bin 2013 schon mal beim Reeperbahn Festival aufgetreten, aber in der Pooca Bar. Mojo ist natürlich Mega. Ich freue mich sehr, ich hab’ voll Bock auf den Auftritt. Ich war heute im Proberaum und es ist so schön, sich darauf vorzubereiten. Und es ist so toll, dass es um die Ecke ist. Ein kleines Heimspiel, aber so international.
Hast Du Angst, unterzugehen in der Menge der Newcomer?
Ne, ich finde Konkurrenzdenken in der Musikszene fehl am Platze. Wir sitzen ja alle im selben Boot und sollten uns verbunden fühlen. Ich finde es eher schade, dass ich selber so viele Künstler verpasse, weil sie parallel zueinander spielen.
Letzte Frage: Wen sollte man deiner Meinung nach unbedingt ansehen auf dem Reeperbahn Festival?
Alice Merton. Ich hoffe, dass ich die auch sehen kann. Und Vök aus Island, die sind auch megacool.
Lùisa in Concert
Hier könnt ihr Lùisa live auf dem Reeperbahn Festival erleben:
Frehn Hawel ist Head Of Communications bei Karsten Jahnke und offizieller Pressesprecher des Reeperbahn Festivals. Ein Gespräch über Europas größtes Clubfestival auf St. Pauli
450 Konzerte an 70 Spielorten, dazu Konferenzen, Kunst und Literatur. Das Reeperbahn Festival (21.–24.9.) ist pickepackevoll mit Highlights der internationalen Popkultur
Ohne, äähm, natürlich mit Holland fahren wir zum diesjährigen Reeperbahn Festival. Das Nachbarland steht nämlich nicht bloß für Käse, Tulpen und (hin und wieder) guten Fußball, sondern auch für musikalische Talente en masse. Holland ist Partnerland des Festivals und fährt deshalb auch ordentlich auf, was die eigenen Acts angeht. Die vielversprechende Aufstellung der Niederländer fürs Gastspiel in Hamburg: Rats on Rafts, Afterpartees, Black Oak, Bombay, Blaudzun, Sevdaliza, De Staat, Causes, Klyne, Klangstof. Neben diesen Top-Acts sowie reichlich Rahmenprogramm von Konferenzen über die Zukunft von Open-Air-Festivals bis zur Fotoausstellung „Ladyflash – Women in Music“ der Hamburger Fotografin Katja Ruge wird es im Festivalzeitraum vom 21. bis 24. September natürlich noch zig weitere Goodies geben.
Hier unsere Top 3 im Überblick:
July-Talk-Sängerin Leah Fey genießt die Nähe zu ihrem Publikum
July Talk – Punkrock-Wucht aus Kanada
Zuckerbrot und Peitsche – das ist wohl die treffendste Beschreibung dieses kanadischen Punkrock-Kollektivs. Das bestand anfänglich nur aus den beiden Frontfiguren Leah Fey (Zuckerbrot) und Peter Dreimanis (Peitsche). In einer durchzechten Nacht in ihrer Heimatstadt Toronto entschieden sich die beiden, gemeinsam Rockmusik zu machen, und zwar solche, die an allen Ecken und Enden kracht, rumpelt und brennt, sodass die Fachpresse bis heute vergleichsweise Größen à la White Stripes, Blood Red Shoes und Johnossi nennt. Während Fey mädchenhaft hohe Töne singt, rasselt aus Dreimanis’ Mund ein tiefdunkles stimmliches Gegenstück. Dazu kommen von den mittlerweile drei Mitspielern Gitarrenwucht und scheppernde Rhythmen, die July Talk zu einer kugelblitzartigen Punkmaschine werden lassen. Aktueller Beweis: Ihr Album „Touch“, das am 9. September erscheint.
Ein bisschen leichte Kost für zwischendurch: Die Soul-Pop-Sängerin Inna Modja aus Bamako/Mali macht Musik ohne Ecken und Kanten, dafür mit Melodien, die kaum mehr aus den Ohren gehen. Wer ihren zuckerwattesüßen Sommerhit „C’est la vie“ kennt, weiß, wovon die Rede ist. Neben ihrem massentauglichen Sound kümmert sich Modja übrigens auch um in Afrika leider immer noch nicht massentaugliche Forderungen, nämlich Gleichheit und Freiheit für alle Frauen. Unterstützens-, sehens- und natürlich hörenswert.
Matthias Arfmann – Ballettklassiker im Hier und Jetzt
Klassik trifft Pop: kennt man. Klassik trifft Electro: schon oft gehört. Überhaupt: „Klassik plus X“-Produkte sind auf dem Musikmarkt längst nichts Exotisches mehr. Ganz im Gegenteil zu dem, woran der Hamburger Musikproduzent Matthias Arfmann (Blumfeld, Patrice, Jan Delay)
in den vergangenen sieben Jahren gearbeitet hat, nämlich „Ballett Jeunesse“. Das ist ein Album, auf dem Klassiker der europäischen Ballettmusik enorm gegenwartstauglich erscheinen. Strawinsky, Tschaikowsky und Co werden in knackigen und vor allem tanzbaren Stücken mit ein bisschen HipHop hier, ein wenig Reggae dort versehen und lassen eine neue, unerwartete Tanzbarkeit entstehen. Zusammen mit seinen Mitstreitern Onejiru Schindler, Peter Imig, Milan Meyer-Kaya und Sebastian Maier sowie Gastmusikern von Jan Delay über Schorsch Kamerun bis Kele Okereke (Bloc Party) hat Arfmann etwas Einzigartiges geschaffen. Das Album „Ballett Jeunesse“ erscheint am 9. September, Live-Premiere ist am 21. September, selbstverständlich beim Reeperbahn Festival.
Weggeh-Wissen: Das Hamburger Clubkombinat veröffentlicht zum Reeperbahn Festival seine erste eigene kostenfreie App
Nächtliche Streifzüge dürfen sich auf eine weitere koordinatorische Hilfsstütze im Smartphone-Format freuen: Mit dem Reeperbahn Festival am 21. September veröffentlicht das Hamburger Clubkombinat seine erste eigene kostenfreie App für iOS und Android und bringt sein geballtes Termin- und Clubwissen somit genau dorthin, wo man es braucht – in die Hosentasche, zum Mitnehmen. An die Straßenecke, an der man sich berät, in welche Richtung es nun weitergehen soll. Zu der Party, die zu früh zu Ende ist und nach Anschluss sucht.
Zum Start wird die App das Programm von über 80 Hamburger Spielstätten aufzeigen. Die Informationen zu den Partys, Konzerten, Lesungen und anderen Veranstaltungen kommen dabei ungefiltert von den Clubs selbst und sollen somit ein umfassendes und vielschichtiges Bild dessen bieten, was aktuell in der Stadt los ist. Ergänzt wird die Termindatenbank mit Informationen zu den Clubs, einer kuratierten Playlist und einem Blog, mit Künstler-Interviews und Konzerttipps. Verknüpft mit der hauseigenen Ticketplattform FairTix lassen sich zudem für Veranstaltungen mit Vorverkauf auch Eintrittskarten erwerben. Spontane Streifzüge und Neuplanungen, ahoi!
Reeperbahn Festival: Freitag und Samstag zeigten sich von ihrer vergnüglichen Seite – mit Headlinern im Docks und chilligem HipHop bei der BlockParty
Da kribbelte es im Bauch, als publik wurde, dass Fünf Sterne Deluxe ein Überraschungskonzert beim Reeperbahn Festival geben. Zumindest bei denjenigen, die seit Ende der 1990er Jahre dem deutschen Sprechgesang zugeneigt sind.
So schlängelte sich also am Donnerstag die wartende Masse vor dem Docks noch ein bisschen weiter gen Spielbudenplatz als sonst. Wer das Glück hatte reinzukommen, wurde bestens von den Hamburger HipHop-Veteranen unterhalten.
Die Show startete mit einer Maskerade (Bild oben): Wladimir Putin und Barack Obama streckten die berühmten fünf Finger in die Höhe. Zum Abschluss regnete Konfetti von der Decke. Dazwischen gab’s Fünf Sterne Deluxe-Klassiker zum Mitwippen und einen Vorgeschmack auf’s neue Album “Alt.Neu” – das erste seit “Neo.Now” im Jahr 2000.
Unser Höhepunkt der Warner Music Night im Docks war aber die Show von Rudimental, dem Kollektiv aus dem Nord-Londoner Stadtteil Hackney, die Drum’n’Bass mit elektronischer Musik zu einer extrem tanzbaren Mischung vermengen.
Die Stammbesetzung – Amir Amor, DJ Locksmith, Kesi Dryden und Piers Agget – wurde live von diversen weiteren Musiker unterstützt, die sich auf der Bühne verausgabten. Und tatsächlich hielt keine Hüfte still als Rudimental plus X grinsend, schwitzend, groovy über die Bühne wehten.
Wer in diesem Jahr auf dem Reeperbahn Festival schon vor Sonnenuntergang über den Kiez stromerte, den führte es unweigerlich am bunten Streetart-Dorf von Viva con Agua vorbei (Video unten). Hier wurde auf die gegenwärtigen globalen Herausforderungen im Umgang mit Wasser hingewiesen. Drum ging es mit Live Painting, Live Musik, Kunstinstallationen und Graffiti besonders bunt und gechillt zur Sache – bestens geeignet, um der Glitzermeile für eine Weile den Rücken zuzukehren.
Der Altmeister aus Österreich lässt im Mojo Club den Festival-Freitag ausklingen
Das Reeperbahn Festival bringt bekanntlich einen ganzen Schwall hervorragender Mucke auf den Kiez. Gerade starke Newcomer gibt es Jahr für Jahr zu entdecken. Doch auch bekannte Größen der internationalen Musikbranche sind immer mit am Start. So wie DJ-Urgestein Richard Kruder der auf der offiziellen Aftershowparty im Mojo auflegen wird. Die Sets des Österreichers lassen erfrischend viel Direktheit zu und zielen bei allem Eklektizismus klar auf die Tanzfläche. Auch alle Nicht-Festivalbesucher können dies für ’nen Zehner miterleben. (OMA)
Auch für Menschen ohne Festivalticket (10 Euro Eintritt)
Tag 2 des Reeperbahn Festivals brachte elektronische Italiener an die Spielbude und Gänsehaut-Momente mit Chloe Charles in den Mojo Club
Texte & Fotos: Lena Frommeyer
Gute Laune aus Polen: Klaudia Szafrańska, Frontfrau von XXANAXX, zog an der Spielbude alle Blicke auf sich
Zart und zerbrechlich wirkte Aurora aus Norwegen am Reeperbus
Elektronische Italiener: JoyCut verausgabten sich an Mischpult und Percussion
Wurde im Docks angeschmachtet und kann auf Deutsch “Ich liebe dich!” sagen: der Sänger Mikky Ekko aus den USA – bekannt durch den Hit “Stay”, den er mit Rihanna sang
Das Gänsehaut-Konzert des zweiten Festivaltages: Chloe Charles sang im Mojo Club über Höhen und Tiefen des Lebens
Feiern eine Blockparty im Rahmen des Reeperbahn Festivals: Die Trinkwasserinitiative Viva con Aqua zeigt hier u.a. Filme
Rund um den Spielbudenplatz: exotische Fahrzeuge, Schweißarbeiten an der abgebrannten Spielbude, schweißtreibendes Konzert im School Bus
Künstler, Lichtfassade und Brandgeruch: Rund um den Spielbudenplatz war am ersten Tag des Reeperbahn Festivals derbe was los
Texte & Fotos: Lena Frommeyer
Die Hamburger Schwestern JOCO gaben eine musikalische Kostprobe am Reeperbus – sie spielen am Freitag bei Michelle Records und am Samstag im Docks
Durch eine Ritze im Bauzaun kann man einen Blick auf die abgebrannte Bühne des Spielbudenplatzes werfen
Fabio Meschini ist einer der Künstler, die bei der Flatstock Europe Poster Convention auf dem Spielbudenplatz ihre limitierten Gig-Poster ausstellen und verkaufen
Der slowenische Rapper und mehrmalige Freestyle-Champion N’toko zeigte, wie man Elektronica und Old School HipHop verheiratet
Um 21 Uhr wurde erstmals die Medienfassade des Klubhaus St. Pauli angeknipst. Hier werden dank LED-Fassade 23 Stunden am Tag Videos und Werbung laufen
In einer Wohnung in der Talstraße nimmt Katrin Bpunkt Songs mit Bands vom Reeperbahn Festival auf. Gerade steckten Sorry Boys unter der Decke
Da hocken sie im Bett, eine Frau im geblümten Morgenmantel und vier Männer. Es ist früher Abend, zu spät um gerade erst aufzustehen, zu früh um ins Bett zu gehen. Dann schnappt sich die Gruppe ihre Instrumente – Melodica, Gitarre, Trommel – und legt los.
Sorry Boys ist eine der Bands, die von Katrin Bpunkt (nicht im Bild) anlässlich des Reeperbahn Festivals ins Bett gesteckt wird. Ihr Video-Blog heißt In Bed With. Künstler, die in Hamburg auftreten, schlüpfen für ihre Aufnahmen in Pyjamas oder andere Schlafkleidung und spielen einen Song, unplugged. Manchmal wird auch ein Interview geführt.
Dieser Tage hat Katrin alle Hände voll zu tun. Sie ist zu Gast in Privatwohnungen auf dem Kiez. Mit ihrem kleinen Team okkupiert sie dann einige Stunden das Schlafzimmer, diesmal in der Talstraße. Hier wohnt jemand, der auch sonst der Musik viel Raum gibt. Ein Foto von Patty Smith hängt an der Wand. Das oberste Buch auf dem Stapel neben dem Bett ist die Biografie von Jimmi Hendrix.
Sorry Boys stehen pünktlich auf der Matte. In der Nacht waren sie mit dem Bus von Warschau aus losgefahren. Frontfrau Bela schlüpft in einen Morgenmantel, und setzt sich auf die Bettkante zu ihren Bandkollegen. Nach zwei Durchgängen sitzt die Aufnahme. Das nächste Kollektiv wartet schon in der Küche. Dieses Bett wird heute nicht mehr kalt.
Zusammen mit vier weiteren Bands ist Sorry Boys Teil des Showcase “Don’t Panic! We´re From Poland”. Sie treten am Donnerstag (24.9.) um 11.30 Uhr auf dem Reeperbahn Festival (Spielbude) auf.
Text & Fotos: Lena Frommeyer
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