Die Zeit ist zum Vergessen da, behauptet Markus Gölzer. Warum das seiner Meinung nach so ist, verrät er in seiner Kolumne
„Offen gesagt“, eine Kolumne von Markus Gölzer
Gerade ist Weihnachten vorbei. Und die beste Zeit des Jahres ist da: Die Zeit zwischen den Jahren. Spoiler: Diese Zeit ist keine Zeit. Wäre sie eine, würde irgendwas passieren. Es gäbe eine chronologische Abfolge von Ereignissen. Außer, sich noch mal umzudrehen. Da wären Tage, und du wüsstest immer, welcher gerade ist. Was für ein Tag war der 28.12.21? Eben. Zwischen den Jahren ist keine Zeit, sondern ein Wartesaal. Es wird irgendwann weitergehen, aber du hast keinen Einfluss darauf. Alle Pläne sind sinnlos wie ein Fahrplan der Deutschen Bahn.
Endlich. Weihnachten ist überstanden und hallt bestenfalls auf der Waage nach. Silvester zeigt sein Partyhütchen am Horizont, ist aber noch zu weit weg für Aktivismus. Wo keine Zeit, da kein Druck. Nur ein langes Durchatmen. Nie wird deutlicher als zwischen den Jahren, dass Zeit ein künstliches Konstrukt ist. Sie zerhacken dein Leben in Zeiteinheiten, um dich bis auf die Sekunde zu kontrollieren. Befreie dich von der Diktatuhr.
Get funky now!
Klebe die Zeitanzeige von Smartphone und Rechner ab. Zeige der Wanduhr, wo der Hammer hängt. Willkommen auf deiner Nichtzeitreise. Alles ist erlaubt. Außer die Uhr um Erlaubnis zu fragen. Iss, wenn du hungrig bist. Trinke, wenn du durstig bist. Trinke weiter, wenn es ein guter Weißwein ist. Wozu die Taktung der anderen, wenn du im eigenen Rhythmus flowst? Get funky now! Du kannst nicht zu spät ins Bett gehen. Nur zu früh aufstehen. Du bist verabredet? Du kommst immer zum richtigen Moment. Bist du zu früh, hast du noch etwas geschenkte Zeit. Verpasst du dein Date, hast du erst recht frei. Bist du zufällig mal pünktlich, ist die Freude bei Freunden und Kollegen umso größer. Vergiss die Zeit. Und du hast alle Zeit der Welt.