Es gibt immer einen Grund zu feiern. Geburtstage, Junggesellenabschiede, Hochzeiten, Jubiläen, persönliche Erfolge – die Partys sind zahlreich, der Grund ist immer der gleiche: ein erfreulicher Anlass. Was ist mit den kleinen und großen Malheurs, den Rückschlägen, den Pechsträhnen und persönlichen Schwächen, die genauso Teil des Lebens sind? Darüber wird nicht gern gesprochen, geschweige denn, dass sie gefeiert würden. Die einzige Ausnahme ist die Trauerfeier. Und selbst hier entscheidet die Stimmung beim Leichenschmaus, ob es ein starker Abgang war.
Woher kommt dieses merkwürdige Gesetz, nur Angenehmes zu zelebrieren? Bei einer guten Party ist alles erlaubt – außer Regeln. Ganz davon abgesehen, dass du viele Feierchancen vergibst. Vielleicht ist es an der Zeit, endlich auf die Dinge anzustoßen, auf die du nicht so stolz bist. Es geht um die überfällige Würdigung der Misserfolge des Lebens. Der Mensch braucht das Scheitern, der Weg ins Glück ist mit Bananenschalen gepflastert.
Seit zehn Jahren hast du ein verdammt gutes Drehbuch in der Schublade – bei dem du leider nicht über die ersten zehn Seiten hinausgekommen bist. Auf die Filmpreislaudatio, die du nie halten wirst und in der du einer Person sicher nicht dankst: dir. Der Kleiderberg in deinem Schlafzimmer hat den Stuhl längst unter sich begraben und demnächst auch dich: Zeit, auf einem Bergfest steil zu gehen – an jedem Tag der Woche. Deine Diät geht ins fünfte Jahr. Deine Gewichtszunahme ins zehnte. Darauf eine Sahnetorte. Der Pfandautomat im Supermarkt nimmt keine deiner Flaschen an. Das Mit-mehr-Flaschen-raus-als-rein-Fest möge beginnen. Warte nicht länger auf schöne Anlässe. Fang an, dein Leben zu feiern.
Markus Gölzer ist textender Exil-Bayer und lebt seit über 20 Jahren auf St. Pauli. Seine Kolumne „Offen gesagt“ erscheint jeden Monat in der SZENE HAMBURG.