„Kunst&Quer“: Von Engeln, Monstern und Murmeln

Kultur und Bildung ist für alle da: Das stellt das neue Kunstvermittlungsformat des Altonaer Museums eindrucksvoll unter Beweis. Ein Gespräch mit Heike Roegler, der Projektmanagerin von „Kunst&Quer“
Bunt, vielfältig, kreativ: Das Schild in den Händen des Künstlers Peter Kossin ist Programm bei „Kunst&Quer“ im Altonaer Museum (©Kristine Thiemann)

SZENE HAMBURG: Liebe Heike, für alle, die euer Projekt noch nicht kennen: Was ist „Kunst&Quer“? 

Heike Roegler: Das ist gar nicht so leicht zusammenzufassen. Also bei „Kunst&Quer“ handelt es sich um ein von der „Aktion Mensch“ gefördertes Projekt des Altonaer Museums, bei dem Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung Führungen in unserer Sammlung geben – und bei dem wir einige Kooperationspartner haben, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre. „EUCREA“, ein Verband zum Thema Kunst und Behinderung, ist mit dabei, das „Atelier Freistil“ – eine Kooperation von „Leben mit Behinderung Hamburg“ und den „Elbe-Werkstätten GmbH“ – ebenso wie das inklusive Netzwerk „barner 16“ und die „Freunde des Altonaer Museums e. V.“. Über die letzten drei Jahre haben wir gemeinsam mit etwa zehn Künstlerinnen und Künstlern einstündige Programme ausgearbeitet, bei denen sie häufig zu dritt oder zu viert und in wechselnder Besetzung mit Besuchern vor Ort über ausgewählte Objekte der Sammlung sprechen, dabei aber auch – und das finde ich besonders schön – die eigene künstlerische Praxis mit einbeziehen.

„Kunst&Quer“: Gelebte Vielfalt im Altonaer Museum 

Hör mal, was da murmelt: Der Künstler des Projektes Kunst&Quer Christian Hebel macht es vor (©Kristine Thiemann)

Um welche Sammlungsstücke handelt es sich denn und in welcher Form haben sich die Künstlerinnen und Künstler mit ihnen beschäftigt?

Ganz unterschiedlich! Die Gruppe trifft sich einmal wöchentlich in der Sammlung. Alle kennen die Objekte wirklich gut. Mal hat sich jemand zeichnerisch mit einer Engelsskulptur auseinandergesetzt, mal filmisch mit einer aus Alltagsgegenständen konstruierten Murmelbahn, mal animationstechnisch mit einem wuchtigen Holzschrank, dessen Ornamente mit etwas Fantasie zu lebendigen Monstern mutieren. Ich finde, dass da auf organische Weise eine echt kreative Mischung entstanden ist – und „Kunst&Quer“ so auch, ganz allgemein gesprochen, ein wichtiges Zeichen für gelebte Vielfalt in der Kunstvermittlung setzt.

Das habe ich genauso wahrgenommen, als ich bei der ersten öffentlichen Führung im vergangenen Dezember dabei war. Die Veranstaltung hatte ein bisschen was von einem kunsthistorischen Seminar vor Originalen, allerdings ganz ohne akademische Strenge, im Gegenteil: Die Inhalte kamen umso klarer an, gerade weil die Atmosphäre so entspannt war. War diese Form der Vermittlung immer schon euer Ziel?

Die Veranstaltungsform war von Anfang an klar, ja. Unser Ziel war es aber vor allem auch, dass die Künstlerinnen und Künstler ihre eigene Arbeit mit unseren Objekten in eine Beziehung bringen und bei den Führungen mit den Besuchern interagieren. Der Gedanke des Austauschens und der Nahbarkeit ist für ein so offenes und experimentelles Kunstvermittlungsformat essenziell. Genau darin liegt aber auch die Herausforderung, vor allem für die Künstlerinnen und Künstler, die sehr vieles gleichzeitig meistern müssen: vor einer Gruppe performen, Gespräche moderieren und sich dabei auch noch persönlich öffnen, indem sie eigene Werke zur Diskussion stellen. Das ist schon eine großartige Leistung, die sie da jedes Mal vollbringen.

Ein Projekt des Kunstmuseums Bonn als Vorbild

Heike Roegler, Projektleiterin von „Kunst&Quer“ und Fachbereichsleiterin Bildung und Vermittlung des Altonaer Museums  (©Kristine Thiemann)

Wie kam das Projekt eigentlich zustande?

Die Idee liegt schon ein paar Jahre zurück. Inspirationsgrundlage war damals ein inklusives Kunstvermittlungsprogramm des Kunstmuseums Bonn, das in Kooperation mit dem Kölner „Kunsthaus Kat18“ – einem Ateliergemeinschaftsprojekt der „Gemeinnützigen Werkstätten Köln GmbH“ – Workshops für Schulklassen und Kinder angeboten hatte. „Tandem“ hieß das, wenn ich mich richtig erinnere. Gemeinsam mit Jutta Schubert von „EUCREA“ und der freien Künstlerin und Kunstvermittlerin Mona Harry entstand dann die Idee, ein ähnliches Projekt hier in Hamburg aufzuziehen und bei „Aktion Mensch“ anzuklopfen. Es war viel Arbeit, klar, aber am Ende hat es geklappt und wir sind sehr glücklich darüber.

Wie sieht denn die Zukunft von „Kunst&Quer“ aus? Wie lange plant ihr die Führungen anzubieten?

So lange wie möglich. Am liebsten würden wir das Projekt natürlich verstetigen – und zwar unabhängig von projektbezogenen Drittmitteln. Aktuell ist aber das Ziel, erst mal eine Anschlussförderung zu bekommen, damit das Programm sich festigen und weiterentwickeln kann. Unsere Künstlerinnen und Künstler könnten sich nämlich auch vorstellen, Workshops für Schulklassen zu geben. Im Idealfall wären sie sogar als Guides individuell buchbar. All das ist denkbar, braucht aber vor allem Zeit – und öffentliche Aufmerksamkeit. Doch da bin ich zuversichtlich: „Kunst&Quer“ hat Perspektive.

Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 03/2025 erschienen. 

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