SZENE HAMBURG: Alex und Simon, wie probt ihr? Gibt’s das eine oder andere Konzert außerhalb der offiziellen Spielzeiten?
Alex Schöppl: Konzerte außerhalb der offiziellen Spielzeiten gibt es nicht. Geprobt wird als Lichtspieler trocken. Ich muss allerdings gucken, dass die Musik nur drinnen zu hören ist, nicht draußen.
Simon Roessler: Mit dem Wasser üben wir auch trocken. Es wird auch dieses Jahr ein neues Programm geben – mehr darf ich nicht verraten. Da treffen wir uns einmal alle zusammen und machen die Anlage an. Dann ist hier plötzlich ganz viel Wasser. Ein einziges Mal.
Welche Art der Fontänen gibt es?
Simon: Es gibt Fontänen, die gehen senkrecht hoch. Es gibt Fontänen wie Fächer. Es gibt kleinere Fontänen, die sich im Kreis drehen. Und es gibt den Effekt, dass es keine Fontäne gibt und einfach verschiedene Farben auf dem Wasser glänzen.
Was ist beim Spiel mit dem trägen Element Wasser zu beachten?
Simon: Das erste ist das Timing. Je nachdem, wie schnell das musikalisch ist, muss ich ein Viertel oder ein Achtel, bevor etwas zu sehen sein soll, den Regler bewegen. Das Wasser muss ja steigen. Wind ist auch eine wichtige Sache. Wenn es windstill ist, kann ich langsam Unterschiede aufbauen. Wenn eine Windstärke-5-Böe drüberweht, kann ich mir das alles schenken. Dann wird es grobschlächtiger.
Werden die Zuschauer auch mal nass?
Simon: Die werden bestimmt auch mal nass.
Licht oder Wasser? Beides ist gleich schwer
Welche Lichteffekte gibt es?
Alex: Wir haben als Farben Blau, Rot, Gelb, Grün und Weiß. Standardgemäß heißt es: Beleuchtung an oder aus. Wir spielen aber auch relativ viel mit Impulsen. Ich kann mit den Spieltasten An-Aus, An-Aus, An-Aus machen, dabei die Farben auch mischen. Ich habe die Möglichkeit, Farben vorzuschalten und sie in verschiedene Richtungen laufen zu lassen. Jede Fontänengruppe ist einzeln beleuchtbar. Ich kann zum Beispiel die Fontäne in der Mitte blau und die beiden äußeren grün machen.
Simon: Was anders ist als bei einer Orgel oder einem Keyboard: Es ist nicht Licht, so lange ich drücke, sondern ich schalte es ein und wieder aus. Sonst könnte ich ja nur so viele Lichter bedienen, wie ich Finger habe.
Alex: Seit zwei Jahren haben wir einen Stroboskopeffekt. Den mach ich an und alle Lichter sind auf Stroboskop. Theoretisch können wir noch mit dem Computer feintunen, wie schnell das geht. Wir haben auch einen Fader, mit dem ich die Lichter langsam rein- und rausfaden kann. Das sieht als Effekt cool aus, finde ich.
Wer hat den schwereren Job? Der Lichtspieler oder der Wasserspieler?
Simon: Beides ist gleich schwer. Im Wasser bist du im Fluss und musst laufend etwas verändern. Du bist Teil der Gestaltung. Es gibt aber auch Bilder, die zwei Minuten stehen. Beim Licht heißt es schon mal: hier Flash-Flash, da Flash-Flash. Aber du musst erst schalten, wenn sich die Stimmung ändert.
Alex: Beim Licht hast du eher Blöcke. Da hast du auch mal zehn Sekunden Zeit, eine größere Schaltung vorzubereiten. Und es gibt diese Spielelemente, bei denen du als Lichtspieler einen Rhythmus mitspielt. Währenddessen kannst du aber schon andere Lichteffekte vorbereiten. Es gibt Stücke, die sind für Lichtspieler schwerer und andere für Wasserspieler. Wenn viel passiert, ist es für alle schwierig (lacht).
Wasserspiele: Nicht aus der Ruhe bringen lassen
Wer schreibt die Choreografie für Licht und Wasser?
Simon: Das schreibt der künstlerische Leiter Hector González Pino. Einige Programme sind noch von älteren Vorgängerleitern. Es steht immer bei den Programmen, wer sie geschrieben hat.
Alex: Meistens sind es ein, zwei Stücke pro Saison, die nicht von Hector sind. Ältere Evergreens (lacht).
Die Kunst ist, die Fehler so einzubauen, als wäre es richtig
Simon Roessler
Müsst ihr auch mal improvisieren?
Alex und Simon: Ja.
Alex: Manchmal steht in den Noten: Mit den und den Tasten improvisieren. Es ist nicht komplett frei, aber innerhalb der Tastengruppierung.
Was solltet ihr vermeiden während der Show?
Alex: Du darfst dich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wenn du mal einen Einsatz zu spät genommen hast – keine Panik. Wie das halt auch als Musiker so ist.
Simon: Die Kunst ist nicht, keine Fehler zu machen. Die Kunst ist, die Fehler so einzubauen, als wäre es richtig (lacht).
Ihr seid beide ausgebildete, professionelle Musiker. Wo spielt ihr noch?
Alex: Ich habe eine Indieprojekt „Leroy Jönsson“ und viele klassische Sachen. Ich spiele in dem Salonorchester „Presto Rosso“ mit. Ich habe das Duo „tief & tausend“ mit einer Geigerin und ein Trio mit Tänzerin und Geigerin für Kindermusikkonzerte. Unser Programm heißt: „Olivia und eine Reise der Gefühle“. Außerdem bin ich öfter dazugebucht mit Theatermusik.
Simon: Ich habe am liebsten Duos. Das ist handlich, da ist man zu zweit und hat viel Freiraum. Ein Duo ist zusammen mit einem Perkussionisten. Das heißt einfach „Roessler & Kratzer“. Wir machen krautigen Jazz, büschen weird, büschen postapokalyptisch. Außerdem mache ich viel prozedurale Musik. Prozedural bedeutet: Es gibt Regeln und Ideen, aber du entwickelt Sachen während des Spiels. Es ist improvisierte Musik. So was spiele ich auch gerne alleine. Und ich habe wieder ein richtiges Jazz-Quintett mit Saxofon: „Lure“ wie der Köder. Wir spielen Jazz-Funk-Rock. Macht auch mal wieder Spaß, so mit mehr Leuten und Noten.
Es gibt tatsächlich so Ultra-Fans
Alex Schöppl
„Es macht einfach Spaß, anderen eine Freude zu bereiten“
Wie ist es da zu arbeiten, wo andere chillen?
Alex und Simon: Schön!
Alex: Im Sommer ist es nett, abends zum Spielen in den Park zu gehen. Es macht Spaß zu sehen, dass es immer voll ist und die Leute sich das gern angucken und anhören. Schöner Job. Auch wenn die Gäste dich nicht sehen und viele vielleicht gar nicht wissen, dass das wirklich live gespielt ist. Da sind einige doch immer wieder erstaunt. Es ist eine schöne Wertschätzung, dass es über die Jahre so gut angenommen wird.
Simon: Wir hören auch das Feedback. Im Sommer haben wir Fenster und Türen auf – da kreischen Kinder vor Freude, wenn die großen Fontänen angehen. Das macht richtig Spaß. In den Messehallen waren wegen des Syrienkriegs und des Ukrainekriegs viele Geflüchtete untergebracht. Da sind viele Familien mit ihren Kindern hergekommen. Es ist umsonst und draußen im Park. Es macht einfach Spaß, anderen eine Freude zu bereiten.
In Hamburg regnet’s oft. Spielt ihr auch mal vor wenigen Zuschauern?
Alex: Das wenigste waren fünf, sechs Leute. Da hat’s aber auch wirklich ganz doll geregnet und gewittert. Wir wurden vorher gefragt, ob wir denn spielen würden. Aber wir haben gespielt, und es war gut.
Simon: Ich habe Regenhose, Regenjacke und fahr mit dem Fahrrad her. Du kommst an und denkst dir: Da ist kein Mensch. Dann stehen irgendwo unter einem Baum ein paar Gäste und freuen sich, dass du spielst.
Habt ihr Fans?
Simon: Ein Gast aus Münster kam einmal im Jahr mit dem Zug angefahren, um sich das hier anzugucken. Der hat sich ein Hotelzimmer genommen, weil abends nach dem Spiel kein Zug zurückfuhr. Das ist jetzt schon Jahre her. Den habe ich hier öfter getroffen. Der war jeden Sommer da.
Alex: Es gibt tatsächlich so Ultra-Fans. Bei Programmen, in denen viel improvisiert wird, sagen die dann: „Das hat mir heute besonders gut gefallen. Ich weiß ja, an der Stelle ist es immer büschen anders.“ Es gibt wirklich Leute, die die Programme gut kennen. Die sind dann wahrscheinlich genauso oft hier wie wir.
2024 starten die Wasserlichtkonzerte am 1. Mai und gespielt wird bis zum 30. September.
Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 05/2024 erschienen.