„Lindenberg! Mach dein Ding!“: Biopic über Udo Lindenberg

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Jan Bülow gibt den jungen Udo (Foto: DCM Letterbox / Sandra Hoever)

Wer war eigentlich dieser Udo, bevor er seinen großen Durchbruch hatte? Hermine Huntgeburth erzählt in „Lindenberg! Mach dein Ding!“ die Geschichte des jungen Rockmusikers, der nach Hamburg kam

 Text und Interview: Patrick Heidmann

Eigentlich konnte niemand anderes dieses Biopic inszenieren als Hermine Huntgeburth, trägt die Regisseurin doch den gleichen Vornamen wie Udo Lindenbergs von ihm verehrte Mutter, nach der er 1988 sogar ein Album betitelte. Davon abgesehen natürlich, dass die Regisseurin seit mehr als 25 Jahren zu den erfolgreichsten und vielseitigsten Film- und Fernsehschaffenden des Landes gehört, ausgezeichnet mit dem Deutschen Filmpreis, dem Deutschen Fernsehpreis und mehreren Grimme-Preisen.

In „Lindenberg! Mach dein Ding!“ erzählen sie und Drehbuchautor Alexander Rümelin nun nicht das komplette Leben von Deutschlands wohl bekanntestem Rockstar nach, sondern widmen sich seinen musikalischen Anfängen im Hamburg der 70er Jahre, inklusive Rückblenden in seine Kindheit im westfälischen Gronau. Die Hauptrolle spielt der aufstrebende Newcomer Jan Bülow, außerdem standen unter anderem Max von der Groeben, Julia Jentsch, Detlev Buck und Charly Hübner vor Huntgeburths Kamera. Wir trafen die Wahlhamburgerin zum Interview.

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SZENE HAMBURG: Hermine Huntgeburth, welchen Bezug hatten Sie zu Udo Lindenberg vor der Arbeit an diesem Film?

Hermine Huntgeburth: Mich hat er eigentlich schon begleitet, seit ich bewusst angefangen habe, Musik zu hören. Da war er immer irgendwie da. Und als ich dann 1977 nach Hamburg zog, war er dort sowieso ganz präsent. Das war die Zeit, als er mit Peter Zadek arbeitete und immer im Atlantic war. Aber persönlich gekannt habe ich ihn nicht.

Was war denn Ihr erster Gedanke, als man Sie fragte, ob Sie die Regie bei „Lindenberg! Mach dein Ding!“ übernehmen wollen?

Erst mal wunderte ich mich, wie der Produzent Michael Lehmann auf mich kam, denn ich hatte so etwas ja noch nicht wirklich gemacht. „Die weiße Massai“ war zwar auch die Geschichte einer lebenden Person, aber natürlich doch ein anderer Fall als dieser. Was mich dabei besonders reizte, war der Gedanke, einen Musikfilm zu drehen. Und ausschlaggebend war auch die Tatsache, dass die Handlung nur bis zu Udos erstem großen Konzert ging, also bevor er zu dem wurde, der er heute ist. Kaum jemand kennt ja noch den jungen Mann, der damals aus Nordrhein-Westfalen nach Hamburg kam.

Gab es trotz der Beschränkung auf den jungen Lindenberg ein paar Biopic-Fallstricke, die Sie umgehen mussten?

Ich durfte natürlich nicht in die Falle geraten, ein Udo-Lookalike-Ding aus der Sache zu machen. Natürlich habe ich mich ein paar Mal mit Udo getroffen, aber dabei war für mich vor allem wichtig, so eine Essenz herauszufinden und der Figur eine Wahrheit zu geben. Ich konnte und wollte ihn nicht einfach kopieren.

Hatte er ein Mitspracherecht?

Natürlich war uns wichtig, dass Udo der Film gefällt, aber es ging nie um Gefälligkeiten. Dass ich meinen eigenen Film mache, war immer klar. Wir haben ihn von Anfang an mit einbezogen und ihm das Drehbuch zu lesen gegeben.

Er hat auch Jan Bülow kennengelernt, nachdem wir die Hauptrolle besetzt hatten. Und wenn es Kleinigkeiten gab, die ihm nicht behagt haben, sind wir auch darauf eingegangen. Aber Udo schenkte mir großes Vertrauen und war immer ausgesprochen positiv, was den Film angeht.

… eine Rampensau sein und das Rock’n’Roll-Gen haben

Wie viel Fiktion steckt denn eigentlich im Film?

Das lässt sich gar nicht so ohne Weiteres sagen. Denn auch viele seiner Songtexte, die ja sehr politisch sind, haben viel mit seinen Lebenserfahrungen zu tun. Wir haben zum Beispiel diese vier jungen Frauen im Drehbuch, die mir sehr wichtig waren, weil ich auch starke Frauenfiguren in der Geschichte haben wollte. Und die basieren teilweise auf realen Figuren, teilweise aber eben auch auf seinen Texten. Der Drehbuchautor Alexander Rümelin hat sehr kunstvoll versucht, das alles miteinander zu verweben.

Am Ende steht und fällt ein Film wie dieser natürlich mit dem richtigen Hauptdarsteller. Wie lange dauerte es, bis Sie Ihren Udo gefunden hatten?

Sehr lange! Die Casterin Simone Bär und ich haben uns eigentlich alle jungen Schauspieler angesehen, die es so gibt. Unser Protagonist musste natürlich viel mitbringen, denn man möchte ja keinen normalen Udo sehen. Wir brauchten jemanden, der nicht nur ein hervorragender Schauspieler ist, sondern er musste auch eine Rampensau sein und das Rock’n’Roll-Gen haben. Sensibel musste er sein und witzig, ein tolles Körpergefühl mitbringen und auch sexy sein.

Jan Bülow erfüllte alle diese Kriterien, und ist auch ein richtiger harter Arbeiter, der sich zum Beispiel Monate Zeit genommen hat, um Schlagzeugspielen zu lernen. Er musste den ganzen Film tragen, und das mit 21 Jahren, frisch von der Schauspielschule. Aber dass man ihn eigentlich noch gar nicht kennt, war auch von Vorteil.

Wer heute durch St. Pauli läuft, weiß, dass da kaum noch etwas an die 70er Jahre erinnert. Wie ist es Ihnen gelungen, diese Zeit wiederauferstehen zu lassen?

Das geht heutzutage nur mit VFX, also mit Computertricks. Dort zu drehen, ist ohnehin schwierig geworden. Kann man nur noch montags und dienstags, und alle Geschäfte müssen mitmachen. Am Ende versucht man dann, mit der Kamera alles nur bis zu einer gewissen Höhe einzufangen und alles, was zu modern aussieht, abzudecken. Der Rest wird dann später digital gemacht.

Das Schlimmste sind heutzutage eigentlich die Tags an den Wänden. In den Siebzigern gab es ja noch gar keine Sprayer, heute aber ist alles vollgeschmiert.

Eine Szene haben Sie auch im Alten Elbtunnel gedreht …

Ja, als Referenz an Roland Klicks Film „Supermarkt“ von 1974. Die Szene dort ist das Ende eines LSD-Trips von Udo und seinem Kumpel Steffi Stephan, der in der Gestaltung der Farben und der Stimmung wiederum an die Likörelle erinnert, die Udo heute malt, und entsprechend einen gewissen kindlichen Faktor haben sollte.

Regie: Hermine Huntgeburth. Mit Jan Bülow, Detlev Buck, Max von der Groeben. Ab 16.01.2020


 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Dezember 2019. Das Magazin ist seit dem 20. Dezember 2019 im Handel und  auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich! 


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