Lukas Dührkoop: Der rappende Werber

„Ich rappe, seit ich zwölf bin“: Lukas Dührkoop; Foto: Lukas Dührkoop
„Ich rappe, seit ich zwölf bin“: Lukas Dührkoop; Foto: Lukas Dührkoop

Lukas Dührkoop, 20, hat als Schüler der Hamburg School of Ideas beim diesjährigen Art Directors Club (ADC) drei Awards gewonnen – sogenannte Nägel. Ein Gespräch über Ideen, Doubletime-Rap und Werbung

Inteview & Fotos: Markus Gölzer

SZENE HAMBURG: Lukas, Gratulation zu zwei Silbernägeln und einem Bronzenagel. Mit welcher Idee hast du abgeräumt?

Lukas Dührkoop: Der Funkspot hieß „Autofahrer Workout“ für die Radiosender 97,1 FM und Rock Antenne Hamburg mit meiner Praktikumsagentur thjnk. Ich bin Rapper. Die Idee kam von meinem CD (Creative Director) Constantin Sossidi, der von meinen Rap-Sachen wusste.

Ich habe eine Affinität zum Schnellrappen. Doubletime-Rap nennt man das. Das heißt, dass man zum Takt eine Stufe schneller rappt als normal. Das haben wir versucht zu nutzen. Ich spreche zum Autofahrer und beschreibe, was er unterwegs sieht: Links ist eine Ampel, rechts parkt ein Auto und so weiter. Das wird immer schneller. Final ist es so schnell, dass man nicht mehr hinterherkommt. In der schnellsten Stufe haben wir einen kleinen Jungen versteckt, der auf der Straße einem Ball hinterherrennt. Am Ende kommt die Frage: „Und? Hast du mitbekommen, wie der Junge über die Straße gelaufen ist? Dann runter vom Gas.“

Wie lange rappst du schon?

Ich mach Mucke, seit ich zwölf bin. Ich finde meine Beats auf YouTube oder BeatStars. Ich arbeite auch mit jungen Producern aus Hamburg, die mir den einen oder anderen Beat gebaut haben. Aber seit zwei Jahren eher alles alleine von zu Hause. Mein Mikro steht in einem Kleiderschrank. Den habe ich mit Eierkartons schalldicht gemacht.

Hast du einen Künstlernamen?

Ja, Doktor Lukas Frank. Von Frank Lucas. Das war ein Gangster aus New York, der vor ein, zwei Jahren gestorben ist. Weil ich Lukas heiße, überhaupt nicht wie ein Gangster aussehe und keinen Doktor habe. Meinen Künstlernamen kann man nicht weniger authentisch verkörpern.

Hast du schon was veröffentlicht?

Aktuell ist meine neue EP „Rapmonument“ überall im Stream. Spotify, Amazon, Apple Music, Youtube. Wenn die Leute Lust haben – gerne anhören.

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Wie bist du rappender Werber geworden?

Durch meinen Klassen­lehrer. Ich war in der Schule nicht so ein krasser Über­flieger. Aber ich konnte Laberfächer immer ganz gut. Deutsch, Philosophie und solche Geschichten. Mein Klassenlehrer wusste, dass ich eine Affinität zum kreativen Schreiben habe. Er hat mir irgendwann so einen Zettel in die Hand gedrückt für einen Unitag. Da hat sich die Hamburg School of Ideas vorgestellt. Ich habe gefragt, ob ich da schulfrei hätte. Er meinte: „Yo, alles klar.“ Ich dachte mir: „Wenn ich da nicht zur Schule muss an dem Tag, umso besser.“

Ich habe mir die Hamburg School of Ideas angesehen und fand es ganz cool. Das war nicht der erste Plan nach der Schule, ich wollte eigentlich den Rettungs­sanitäter machen. Aber das war dann ja mit Corona alles schwierig.

Musstest du einen Aufnahmetest machen?

Ja, zuerst gab es einen „5­Minuten­Kreativcheck“ und danach ein „Aufnahme­ briefing“, so nennen die das. Das sollten wir von zu Hause aus machen. Wenn die Tests einigermaßen gut ausgefallen sind, wurde man zu einem Assessment-­Termin eingela­den. Da gab es dann noch mal einen Kreativtest vor Ort und persönliche Gespräche. Das war die letzte Stufe, dann wurde entschieden, wer in den Jahrgang rein darf und wer nicht. Da habe ich, glaube ich, eine ganz okaye Figur gemacht.

Wie sieht dein Tag so aus?

Es ist relativ eng getaktet. Man absolviert zwei Vollzeit­ praktika. Das Erste habe ich von Oktober bis März bei thjnk gemacht. Das sind acht Stunden von 9 bis 17. Um 18 geht die Vorlesung los. Das geht dann so bis 20, 21 Uhr. Corona­-bedingt ist das meiste immer noch von zu Hause aus. Aber das weicht sich jetzt auch schon wieder auf. Die Inzidenz­ zahlen sinken, jetzt habe ich seit einer Woche schon wieder Präsenzunterricht.

Sind Freundschaften entstanden in der Schule?

Freundschaft ist ein großes Wort. Gute Bekanntschaften habe ich geschlossen. Die Stärke von der Schule ist: Man hat fast jeden Abend einen neuen Dozenten zu Gast. Die wenigsten Dozenten sind zweimal da. Ich glaube, 150 sind es an der Zahl, die man über ein Jahr hinweg kennenlernt. Plus natürlich die 40 anderen Leute aus dem Jahrgang. Am Ende der Ausbildung hat man ein gutes berufliches Netzwerk.

Was haben deine Mitschüler zuvor gemacht?

Die meisten sind Quer­einsteiger. Wir haben eine ehemalige Apothekerin, eine andere hat Kirchenfenster gebaut. Beim Assessment lernte ich eine Lehrerin kennen.

Mucke machen

Was treibt dich an?

Ich würde sagen: die Begeisterung fürs Schreiben. Klingt total kitschig natürlich, aber ich rappe halt, seit ich zwölf bin. Schon vor dem Rappen habe ich als Kind Ge­schichten aufgeschrieben. Das ist das, was mir am meisten Spaß macht. Also tatsächlich, wenn’s spezifisch ums Schrei­ben geht. Kampagnenideen ausdenken, kann auch Spaß machen. Aber ich arbeite am liebsten ganz direkt mit Worten.

Geht das noch in digitalen Zeiten mit ihren knappen Texten?

Das kann man zum Teil schon machen. Natürlich hat Social Media krass übernom­men. Man muss viele Posttexte verfassen. Da kann man rhetorisch nicht allzu kreativ sein. Es gibt solche und solche Agenturen. Ich bin auf der Suche nach einer Agentur, wo ich im Oktober anfangen kann als Juniortexter. Am Montag war ich bei Fuse, die sitzen in der Stadthausbrücke. Die haben einen großen redaktio­nellen Anteil. Die machen ein Aida­-Magazin. Das ist immer noch Werbung, aber mit viel Worten.

Hast du einen Trick, wie du auf Ideen kommst?

Schwierig. Ich persönlich glaube gar nicht so an Tipps und Tricks bei der Kreativität. Wir haben viel Dozenten, die Vorlesungen halten, wie man schnell kreativ sein kann. Da gibt’s ja wirklich tolle Techni­ken. Ich glaube, und ich weiß natürlich nicht, ob ich da richtig liege: Entweder man ist kreativ oder man ist es nicht. Und wenn man eine Schreib­blockade hat und auf nichts kommt, dann ist die beste Medizin, nicht zu schreiben. Einfach was anderes machen.

Wie merkst du, dass eine Idee gut ist?

Wenn sie mir gefällt, ist das natürlich schon eine gute Voraussetzung (lacht). Aber die Frage ist dann natürlich, ob sie dem CD auch gefällt. Die besten Ideen sind die, die einem einen Tag später oder nach einer Woche noch gefallen. Wenn man sie mit mehr Abstand und weniger euphorisiert betrachtet. Und ich glaube, gute Ideen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich schnell runterschreiben lassen.

Meine Erfahrung war sowohl beim Muckemachen als auch in der Werbung: Die Sachen, an denen man so lange hängt, wo man nicht weiterkommt und permanente Blockaden hat, selbst wenn man das durchspielt und zu Ende schreibt – so richtig geil wird’s dann eigentlich nicht. Die Sachen, in denen man 100 Prozent Qualität findet, die schreiben sich am schnellsten runter – ist mein Eindruck.

Welche Kampagne findest du aktuell gut.

Ich finde es geil, wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die sozialen Medien bespielen. Das seh ich mir gern an. Auch fritz kola macht viele coole Sachen.

Es gibt viele Vorurteile gegen Werber. Welche sind falsch?

Also, „Mad Men“ ist schon mal ganz falsch, wenn man davon ausgeht, dass da nur gekokst und gesoffen wird. Das habe ich nicht kennengelernt bisher. Vielleicht noch nicht die richtigen Agenturen gesehen. Ein Vorurteil, das nicht ganz richtig ist, ist, dass man den ganzen Tag nur den geilen Award-­Scheiß macht und heftige Werbefilme auffährt. Die Realität ist, dass man sich als Juniortexter erst mal hocharbeiten muss. Die geilen Sachen sind bestenfalls 10 Prozent. Die restlichen 90 Prozent sind PoS­-Texte, Flyer ausdenken, Markenvor­teile interessant verpacken.

Hast du nach dem ADC-Gewinn Jobangebote bekommen?

Büschn was kam tatsäch­lich auf mich zu. Bin gerade selbst auf der Suche, es gab auch ein, zwei Agenturen, die sich von sich aus gemeldet haben. Ich habe aber noch keinen Vertrag unterschrieben.

Was war der beste Tipp, den du in der Ausbildung bekommen hast?

Ein Dozent hat mal zu uns gesagt: Wenn’s mal nicht klappt, entspannt euch. Es ist nur Werbung.


 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Juli 2021. Das Magazin ist seit dem 26. Juni 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!

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