Klima und Konsum sind untrennbar miteinander verbunden. Denn jeder Kauf hat Folgen für die Umwelt. Ob diese gut oder schlecht sind, hat nicht nur der Verbraucher in der Hand. Die Markenmacher der Hamburger Agentur mattrs wollen ihre Kunden auf den Weg zu mehr Nachhaltigkeit bringen gegenüber den Menschen, den Prozessen und Produkten sowie der Umwelt. Denn nur ressourcenschonend können sie vor allem eines sein: ready for future
Text: Ilona Lütje
Mattrs. Eigentlich ist der Name der Agentur aus den Initialen ihres Inhabers entstanden. Doch seit die Bewegung Black Lives Matter mit dem gewaltsamen Tod von George Floyd 2020 mit neuer Kraft um die Welt ging, gewann der Agenturname auch für Mathias Rüsch noch einmal mehr an Bedeutung. Denn Gewalt gehört nicht in die Welt des Hamburgers, für den andere Dinge zählen: Rücksicht zum Beispiel. Auf Mitmenschen. Und auf die Welt.
Diese Haltung ist auch eine der Grundfesten seiner Agentur und die Motivation seiner Mitgründer und Kollegen. Für andere Unternehmen entwickeln die Kommunikationsprofis Marken und Ideen für eine bessere Welt. Social Design nennt sich das dann und ist weit mehr als nur ein marketingträchtiger Werber- Slogan. „‚Social Design‘ ist nicht das Umfärben eines Logos auf grün, um es dann auf braunen Karton zu drucken“, sagt Mathias Rüsch. „‚Social‘ heißt für mich: Nicht heute auf Kosten von morgen; nicht hier auf Kosten von woanders. ,Design‘ steht für einen Prozess, der zu einem innovativen Ergebnis führt. ‚Social Design‘ steht also für zeitgemäße Lösungen.“ Das Ziel: ein ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltiger Effekt.
Der erste Schritt
69 Prozent der Bevölkerung sehen der Studie „Nachhaltiges Leben 2020“ zufolge Marken und Unternehmen zukünftig nämlich in der gesellschaftlichen Verantwortung. „Der erste Schritt ist wichtiger als das perfekt zu Ende gedachte Nachhaltigkeitskonzept“, heißt es bei mattrs. Dass Kunden es in der Agentur dabei mit Idealisten zu tun haben, liegt auf der Hand. „Nachhaltigkeit gehört zum guten Ton“, sagt Mathias Rüsch.
Mit der eigenen Kampagne „10 Schritte zur nachhaltigen Agentur“ stellt sich mattrs darum auch selbst auf den Prüfstand. „Wir wollen schauen, welche Stellschrauben wir drehen können, um komplett nachhaltig zu agieren“, sagt Mathias Rüsch. Die 10 Schritte will er anschließend als Leitfaden über Social Media rausgeben. „Wir wollen Nachhaltigkeit vorleben“, so Rüsch.
Dieser Müll tut dem Klima gut
Wie gut ihm das gelingt, wird schnell klar. Denn statt über sich selbst zu reden, seine Erfolge mit kleinen und großen Unternehmen bis hin zu Klinikkonzernen in den Mittelpunkt zu rücken, erzählt Mathias Rüsch lieber leidenschaftlich von seinem aktuellen Hoffnungsträger bei dem Versuch, das Klima und damit die Welt zu retten: nOa.
Aus Überzeugung hatte er das Start-up als Kunden pro bono ins Boot geholt und erst den Namen und dann die Marke entwickelt. Als er die beiden Südafrikaner in Hamburg kennenlernte, war schnell klar, dass sie eine grandiose Idee und allerhand Erfahrung mit nachhaltigen Lösungen, netzunabhängigen Lösungen, organic waste management und nicht vorhandenen Infrastrukturen aus der Heimat im Gepäck hatten. Heute produziert nOa Heimbiogasanlagen, die Biomüll und andere organische Substanzen in Biogas und flüssigen Biodünger verwandeln – zum Kochen, Heizen oder zur Stromgewinnung. Wer eine dieser Biogasanlagen betreibt, könne damit jedes Jahr seinen gesamten CO2-Fußabdruck kompensieren. „Ich hatte sofort das Potenzial in dieser Idee gesehen“, sagt Mathias Rüsch. Denn nicht nur für private Haushalte sei nOa attraktiv. „Das Start-up leistet einen Riesenbeitrag zur Müllentsorgung“, betont er. Dass dabei CO2 kompensiert wird und somit eigene Zertifikate veräußert werden können, sei auch für die ganz großen Konzerne interessant, die ihre CO2- Emissionen in den Griff bekommen müssen.
Mittlerweile sind sogar große Projekte mit der UN in Planung. „Auch in abgelegenen Regionen und Flüchtlingscamps oder Siedlungen ohne Versorgungsnetz eröffnen sich durch die netzunabhängige Energieversorgung ganz neue Möglichkeiten – das wird ein großes Ding“, ist Rüsch überzeugt.
Sauberes Trinkwasser und klimaneutrale Rucksäcke
Und dass Überzeugung eine große Rolle spielt, zeigt auch ein anderes Beispiel. Mitte der 2000er, als der damalige St. Pauli-Spieler Benny Adrion in Kuba ein Trinkwasserprojekt starten wollte, war Rüsch auch sofort mit Begeisterung dabei. Als Vorstand kümmerte er sich um die Entstehung der Marke Viva con Agua, die heute international bekannt und aktiv ist. Die Non-Profit-Organisation setzt sich weltweit für einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung ein. Längst wurden weitere Social Businesses in den Bereichen Kunst und Klopapier aufgebaut.
Diese altruistische Haltung habe er einfach in sich, sagt Rüsch. Er wolle Kunden zum Umdenken und Andersdenken anregen. „Es ist heute unabdingbar, Marken zukunftsfähig auszurichten.“ Dogmatisch wolle er das Thema Nachhaltigkeit aber nicht angehen, betont er. Jeder solle tun, was er tun kann. Bei Rüsch ist es halt immer ein bisschen mehr. Und so wundert es auch nicht, dass seine Agentur mit einer sozial und ökologisch nachhaltigen Strategie für einen klimaneutralen Schulrucksack für den German Brand Award nominiert ist.
Ab Juni 2021 soll er auf dem Markt sein und nicht nur das Klima schonen. „Mit einem Teil des Erlöses wollen wir sozial benachteiligten Kindern die universelle Sprache der Kunst näherbringen“, sagt er. Ein Verein befindet sich bereits in Gründung. Womit wir wieder am Anfang wären. Denn schließlich ist das Soziale eine der tragenden Säulen der Nachhaltigkeit. Let’s mattr!
Sondermagazin SZENE HAMBURG NACHHALTIGKEIT, 2021. Das Magazin ist seit dem 7. Mai 2021 im Handel und auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich!