Martin McDonagh: „Ich möchte die Fäden in der Hand behalten“

Martin McDonagh The Banshees of Inisherin
Martin McDonagh und Colin Farrell auf dem Set von „The Banshees of Inisherin“ (©Jonathan Hession/Searchlight Pictures/20th Century Studios)

Gerade ist sein neuer Film „The Banshees of Inisherin“ im Kino angelaufen. Im Interview mit SZENE HAMBURG spricht Regisseur Martin McDonagh („Brügge sehen … und sterben?“) über die größten Herausforderungen, die erneute Zusammenarbeit mit Colin Farrell und Brendan Gleeson sowie die Schwierigkeit, den richtigen Ton zu treffen

Interview: Patrick Heidmann

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„Es interessiert es mich nicht sonderlich nach Hollywood zu ziehen und irgendwelche Studioproduktionen zu übernehmen“, sagt Regisseur Martin McDonagh (©Greg Williams Photography)

SZENE HAMBURG: Mr. McDonagh, die Geschichte Ihres neuen Films „The Banshees of Inisherin“ handelt von der Freundschaft zweier Männer und ist, was die Handlung angeht, einigermaßen schlicht. Was war daran die größte Herausforderung?

Martin McDonagh: Gerade diese Schlichtheit hinzubekommen, war keine Selbstverständlichkeit. Mir war wichtig, dass der Film wirklich nichts anderes ist als die Geschichte einer Trennung mit all dem Schmerz und der Traurigkeit, die zu einer Scheidung gehören. Nur dass es hier eben nicht um eine romantische Beziehung geht, sondern eine platonische Männerfreundschaft. Das auf den Kern zu reduzieren, aber im zweiten Schritt genug Bedeutungsebenen und Facetten einzubauen, damit man wirklich versteht, warum der von Brendan Gleeson gespielte Kerl seine Entscheidung trifft, war kein Kinderspiel.

Sowohl sein Colm als auch Colin Farrells Pádraic sind unverheiratet und leben auf einer recht abgeschiedenen Insel. Ist der Film nicht auch eine Auseinandersetzung mit Einsamkeit?

Da ist sicherlich etwas dran. Allerdings glaube ich nicht, dass Brendans Figur unbedingt einsam ist. Oder überhaupt in solchen Begrifflichkeiten denkt. Und Colins Figur hält sich selbst nicht für einsam, genauso wie er die Liebe zu seiner Schwester Siobhan kaum zu schätzen weiß, bevor sie irgendwann nicht mehr da ist. Erst ganz am Ende realisiert er, dass er womöglich der einsamste Mensch der Welt ist. Von daher sind Einsamkeit und Verzweiflung in diesem Film nicht unbedingt das eigentliche Thema, aber definitiv Hauptbestandteil des Subtextes.

„Ich wollte unbedingt wieder einen Film mit den beiden drehen“

Nichtsdestotrotz ist „The Banshees of Inisherin“ auch eine Komödie mit sehr speziellem, bitterem Humor. Wie trafen Sie da den richtigen Tonfall?

Bevor die Dreharbeiten begannen, haben wir mehrere Wochen geprobt, das half enorm. Da konnten wir ausprobieren, welche Gags und Dialoge vielleicht beim ersten Mal lustig sind, sich nach ein paar Wiederholungen aber doch als zu belanglos herausstellten. Die feine Balance war vor allem deswegen nötig, weil es hier ja um eine Komik geht, die nur wir als Publikum sehen, ähnlich wie damals schon in meinem Film „Brügge sehen … und sterben?“. Denn für die Figuren in der Geschichte ist die Situation ja alles andere als witzig, sondern im Gegenteil todtraurig.

In „Brügge sehen … und sterben?“ spielten damals auch schon Farrell und Gleeson die Hauptrollen. Haben Sie das Drehbuch dieses Mal explizit für die beiden geschrieben?

Ja. Ich wollte unbedingt wieder einen Film mit den beiden drehen. Da gab es auch keine Alternativen.

Nach dem riesigen Erfolg von „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ dürften Ihnen ohnehin alle Türen offen gestanden haben. Dachten Sie auch mal darüber nach, eine echte große Hollywood-Produktion zu stemmen?

Für mich ist „The Banshees of Inisherin“ ehrlich gesagt ein ziemlich großes Projekt. Aber Größe, Budget und diese Dinge sind für mich ohnehin eher zweitrangig. Das Einzige, worauf es mir wirklich ankommt, ist Kontrolle. Ich möchte die Fäden in der Hand behalten, wenn ich Regie führe, deswegen interessiert es mich nicht sonderlich nach Hollywood zu ziehen und irgendwelche Studioproduktionen zu übernehmen. Wobei in „The Banshees“ ja auch Geld aus Hollywood steckt, ich sträube mich also nicht prinzipiell dagegen. Ganz unabhängig davon, ob mein vorheriger Film erfolgreich war oder nicht. Am Ende geht es für mich nur um die Freiheit, genau den Film drehen zu können, der mir vorschwebt.

Der neue Film von Martin McDonagh läuft seit dem 5. Januar in den deutschen Kinos.

Auf szene-hamburg.com findet sich außerdem eine ausführliche Filmkritik zu „The Banshees of Inisherin“.

Hier gibt’s den Trailer zum Film:

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