Molotow: „Geld frisst Stadt“

Einen Tag vor Silvester zogen mehrere Tausend Menschen für das Molotow durch die Stadt. Kurz vor Schließung der Läden an der Sternbrücke wurde auch dem beliebten Live-Musikclub an der Reeperbahn gekündigt. Erste Lösungsgespräche zwischen Club, Bezirk, Kultur- und Finanzbehörde führten bis Redaktionsschluss zu keinem Ergebnis. Molotow-Chef Andreas Schmidt über öffentliche Aufmerksamkeit und Clubs als Kulturgut
Eine Ansage von oben: „Molotow must stay“ (©Sebastian Madej)

SZENE HAMBURG: Andi, kurz vor Weihnachten kam die Kündigung. Was war daran überraschend?

Andi Schmidt: Der Investor und Vermieter hat uns zugesichert, uns ein Jahr vor der Kündigung Bescheid zu geben, weil unser Booking-Vorlauf so lang ist. Insofern kam die Kündigung zum 30. Juni 2024 sehr überraschend und sehr unpassend.

Was bedeutet sie für den Clubbetrieb?

Ohne Planungssicherheit kann man nicht arbeiten. Wir können jetzt keine Konzerte mehr booken und verlieren darüber hinaus Bookings.

Ein Club ist kein Monopoly-Spielstein, den man beliebig verschieben kann

Andi Schmidt

Und für dich und die Mitarbeitenden?

Wir stehen noch unter Schock. Alle hoffen auf eine Lösung. Im Moment gibt es zum Glück Gespräche mit der Stadt und das Bemühen, Lösungen zu finden.

Für eine Übergangslösung?

Wir wollen keine Übergangslösung, sondern eine endgültige. Wir sind schon oft genug umgezogen. Ein Club ist kein Monopoly-Spielstein, den man beliebig verschieben kann, sondern er ist eher wie ein Kartenhaus, das zusammenfällt, wenn man es woanders hin verfrachtet.

Wird die Reeperbahn zum Amüsierstrip?

Molotow-Chef Andi Schmidt
Molotow-Chef Andi Schmidt auf der Demo (©Sebastian Madej)

Ist das Aus am aktuellen Standort definitiv?

Keine Ahnung.

Hältst du eine Rückkehr an den alten Standort auf dem Gelände der ehemaligen Esso-Häuser überhaupt noch für realistisch?

Ich kann aus meinem Wohnzimmerfenster auf das leere Grundstück schauen und es sieht im Moment beim besten Willen nicht danach aus.

Wäre ein Umzug in die Kasematten hinter den Deichtorhallen, wo unter anderem Fundbureau und Beat Boutique unterkommen, für euch denkbar?

Nein. Das Molotow und Live-Musik gehören auf die Reeperbahn. Es kann nicht sein, dass diese weltberühmte Meile mehr und mehr zu einem beliebigen Amüsierstrip wird, wie es ihn überall gibt. Hotels, Systemgastronomie und Fastfood-Ketten gibt es in jeder Stadt.

Geld? Keines da!

Demo für das Molotow am 30.12.23
Tausende gingen am 30. Dezember 2023 fürs Molotow auf die Straße (©Sebastian Madej)

Ihr bekommt gerade sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit. Hat das schon etwas gebracht?

Sehr viel. Das Presse-Echo war enorm! Noch mal unendlichen Dank an alle Unterstützer, an Alex Strauss vom Demo Rave, von Bands wie Team Scheisse, an das Clubkombinat, an alle vom Molotow und natürlich an alle, die am 30.12. bei der Demo waren.

Was hast du gedacht, als du die Demo auf den Seiten der „Tagesschau“ gesehen hast?

Ich habe mich gefragt, warum nicht in der Sendung? Im Ernst, ich habe mich sehr gefreut, dass das Thema eine solche Beachtung findet. Geld frisst Stadt – so was findet ja leider nicht nur in Hamburg, sondern überall statt.

Was muss konkret passieren, damit es das Molotow nach der Kündigung noch gibt?

Das Molotow muss bleiben! Darüber hinaus braucht es eine langfristige Lösung, um explodierende Mieten und laufende Kosten mit einem kleinen, niedrigschwelligen Club zu finanzieren.

Wie lange könntet ihr mit einer Pause überleben?

Ohne Finanzierung überhaupt nicht.

Von wem soll die kommen?

Von uns schon mal leider nicht, denn wir haben kein Geld.

„Clubs sind fester Bestandteil der Kulturlandschaft“

Zurzeit läuft der Betrieb noch. Welche Programm-Highlights stehen im Februar an? 

2.2. Black Foxxes. 5.2. Bipolar Feminin. 8.2. Depri Disko. 15.2. Tränen. 17.2. Sprints. 24.2. Courettes. 28.2. Bikini Beach und jeden Samstag Motorbooty – Die Indie-Tanz-Party!

Plant ihr eine Abrissparty?

Wissen wir noch nicht, aber in irgendeiner Form auf jeden Fall.

Zum Schluss die Frage: Was wäre deine Traumvorstellung für das Molotow in zehn Jahren?

Es ist immer noch da und steht auf sicheren Beinen und man muss nicht mehr jedes Jahr das Molotow retten. Clubs sind fester Bestandteil der Kulturlandschaft und müssen nicht um ihr Überleben bangen.

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