„EO“ ist ein Film, der die Welt durch die Augen eines Esels betrachtet. Ein stilistisches Meisterwerk, meint unsere Autorin
Text: Rosa Krohn
Wie sieht die Welt durch die Augen eines kleinen, zottligen Esels aus? Hingebungsvoll hat sich der polnische Starregisseur Jerzy Skolimowski dieser Frage in seinem neuen Film „EO“ gewidmet.
Der Zirkusesel EO und seine sanftmütige Showpartnerin Kasandra (Sandra Drzymalska) unterhalten ihr Publikum mit kleinen Artistiknummern. Als Umweltschützer die landesweite Freilassung aller Zirkustiere fordern, wird auch EO in die vermeintliche Freiheit entlassen – eine Reise ins Ungewisse beginnt …
Mit seinem ungewöhnlichen Protagonisten – unzweifelhaft inspiriert von Robert Bressons „Zum Beispiel Balthasar“ (1966) – wirft „EO“ einen unkonventionellen, stoischen Blick auf eine Welt, in der die brutale Ausbeutung des Tieres zum Zwecke der Kleidungs-, Nahrungsmittel- und Unterhaltungsindustrie an der Tagesordnung ist. Auf seinem „Roadtrip“ bis über die Grenzen Polens hinweg wird EO Zeuge von – sowohl tierischem als auch menschlichem – Leid, tiefen Abgründen und auch rührenden Momenten der Güte. Immer wieder im Close-up: die ruhigen, melancholisch anmutenden Augen EOs, der seine Umwelt alles andere als emotionslos zu beobachten scheint.
Polens Oscar-Beitrag 2023
Mit seiner beeindruckenden visuellen Umsetzung ist Skolimowski („Deep End“) ein stilistisches Meisterwerk gelungen. Während die ideologische Position des Films bereits in seiner ungewöhnlichen Erzählperspektive liegt, sind Form und Einsatz der Stilmittel nicht minder originell: Surreale Bilder – mal blutrot gefärbt, mal mit einer völlig entfesselten 360-Grad-Kamera gefilmt – ergeben ein knapp 90-minütiges, cineastisches Fest.
„EO“ war in Cannes für den Jury-Preis nominiert und ist Polens Oscar-Beitrag 2023. Im Oktober feierte der kleine Esel bereits seine Deutschland-Premiere auf dem Filmfest Hamburg. Denen, die diesen Termin verpasst haben, sei der Gang ins Kino wärmstens empfohlen.
„EO“, Regie: Jerzy Skolimowski. Mit Isabelle Huppert, Sandra Drzymalska, Lorenzo Zurzolo. 88 Min. Ab 22. Dezember im Kino
Hier gibt’s den Trailer zum Film:
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