Frankreich, Mitte des 18. Jahrhunderts. Jeanne Vaubernier (Maïwenn), uneheliche Tochter einer Näherin, verzaubert schon als Kind durch Schönheit und ihren Charme Künstler und Adlige. Sie steht Modell, den väterlichen Gönnern folgen die weniger fürsorglichen Liebhaber. Männer umschwärmen sie, suchen ihre Nähe, spekulieren auf gesellschaftlichen Aufstieg an ihrer Seite. Ein perfides System der Ausbeutung, aber Jeanne kennt die Mechanismen, weiß sie für sich zu nutzen, stilisiert sich zum betörenden Engel der Sinnlichkeit. Die Heirat mit Comte du Barry eröffnet ihr den Zugang am Hofe von Louis XV. (Johnny Depp).
Eine Traumrolle für die Regisseurin
Direkter Blickkontakt mit dem Monarchen ist in Versailles strengstens untersagt, könnte es doch als Einladung zur Frivolität aufgefasst werden. Jeanne bricht bewusst die Etikette, wenn sie vor versammeltem Hofstaat den alternden König strahlend anlächelt. Der spürt die Ironie, bewundert ihren Mut. Louis XV. erwacht aus seiner Erstarrung, verteidigt die irrwitzige Amour fou gegen alle Anfeindungen. Die beiden genießen es, gemeinsam die rigiden höfischen Regeln zu brechen. Jeanne revolutioniert die Mode, trägt Männerkleidung. Ihre Unberechenbarkeit, ihr unvergleichliches Lachen prägt das vielschichtige Historien-Epos – eine Traumrolle für Maïwenn, die auch Regie führte.
„Jeanne du Barry“: Die Kamera und das Licht sind die eigentlichen Stars
Die 47-jährige französische Autorenfilmerin erkennt sich in der Protagonistin wieder. Früh als Kinderstar vermarktet, begann sie mit 15 Jahren eine Beziehung zu Regisseur Luc Besson. Plötzlich war sie Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und fühlte sich doch seltsam machtlos. Maïwenn versteht sich auf Bilder, die unter die Haut gehen – ob in dem schonungslosen Sozialdrama „Poliezei“ oder in „Mein ein, mein alles“, der Chronik einer selbstzerstörerischen Beziehung. Für diesen eher wortkargen Film verändert die Regisseurin ihren Erzählrhythmus radikal, erklärt die Kamera, das Licht, zum eigentlichen Star. Die Szenen ähneln Gemälden des 18. Jahrhunderts: opulent, von exquisiter Ausstattung und atemberaubender klassischer Schönheit, ganz in der Tradition von Kubricks „Barry Lyndon“.
„Jeanne du Barry“, Regie: Maïwenn. Mit Maïwenn, Johnny Depp, Benjamin Lavernhe. 117 Min. Ab dem 24. August 2023 im Kino
Hier gibt’s den Trailer zum Film:
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Dieser Artikel ist in einer ersten Version in der SZENE HAMBURG 08/2023 erschienen.