Pohlmann: „Musik ist immer größer als man selbst“

Er ist aus der deutschsprachigen Singer/Songwriter-Szene nicht wegzudenken: Pohlmann. Der Hamburger Musiker geht im Dezember und Januar auf seine traditionelle „Jahr Aus Jahr Ein“-Tour, gastiert natürlich auch in Hamburg. Ein Gespräch über das aktuelle Programm
Auf „Jahr Aus Jahr Ein“-Tour: Reiner „Kallas“ Hubert, Pohlmann, Hagen Kuhr (v. l.) (©Malli)

SZENE HAMBURG: Ingo, zum siebten Mal bereits steht die „Jahr Aus Jahr Ein“-Tournee an. Man möchte meinen, du könntest sie daher ganz routiniert und entspannt angehen. Ist das so oder ist jede Tour doch aufs Neue aufregend?

Ingo Pohlmann: Durch Corona kämpft natürlich jedes mittelständische musikalische Unternehmen um Publikum – allein das ist schon aufregend. Wir haben das Glück, dass es für uns bisher ganz gut gelaufen ist. Das ist das Eine. Das andere ist, dass wir vor mittlerweile zehn Jahren entschieden haben, eine Tour nicht mehr mit der Veröffentlichung einer Platte koppeln zu wollen. Wir fanden: Da geht mehr. Also haben wir die „Jahr Aus Jahr Ein“-Tour ins Leben gerufen und etablieren können. Und die ist tatsächlich immer wieder neu gestaltet und daher auch aufregend.

Probst du im Vorfeld viel mit deinen Mitmusikern, dem Cellisten Hagen Kuhr und dem Schlagzeuger Reiner „Kallas“ Hubert?

Wir proben nicht oft, aber natürlich proben wir vor jeder Tour. Wir wollen dem Publikum ja neben den üblichen verdächtigen auch immer neue Songs vorstellen.

Vom BP1 bis „Wenn jetzt Sommer wär“

Euer Trio wird nun volljährig – seit 18 Jahren spielt ihr zusammen. Kann man mittlerweile von einem blinden musikalischen Verständnis sprechen?

Bei manchen Songs auf jeden Fall. Ich würde da aber gerne etwas weiter ausholen. Ich bin ja Autodidakt. Ich war Maurer, habe irgendwann aufgehört, im Akkord an der Wand zu arbeiten und angefangen, Akkorde zu greifen. Anfang der 90er-Jahre bin ich nach Hamburg gekommen und habe mich am Pop-Kurs beworben. Ich bin sofort durchgefallen. Ich hatte Talent, aber es fehlte noch an allen Ecken und Enden. Zwar hatte ich recht bald dann doch einen Plattenvertrag, aber die Band war zerstritten und es ging nicht weiter …

… dann hast du als Kellner in der Bar BP1 angefangen …

… und meine eigene musikalische Schule gestartet. Ich habe den Laden abends um neun aufgemacht, die Gitarre auf den Tisch gelegt, gekellnert und immer wieder zwischendurch für die Gäste gespielt – bis morgens um 11 Uhr. Teilweise habe ich in der Schicht sieben Stunden Musik gemacht. Zwei Jahre lief das so, dann habe ich meine erste Platte gemacht – und „Wenn jetzt Sommer wär“ erschien. In dieser Zeit habe ich die beiden wirklich genialen Musiker Hagen und „Kallas“ kennengelernt. Es dauerte nicht lange, bis wir zusammen teilweise mit geschlossenen Augen spielten, weil es einfach richtig gut passte und wir es total genossen, zusammen zu spielen. Das ist bis heute so.

Konzerte sind keine Trauerveranstaltungen

Das Programm von „Jahr Aus Jahr Ein“ ist immer ein Mix aus alten Hits und neueren Stücken. Wie hält sich das aktuell die Waage?

50 Prozent des Programms sind Songs, die wir immer spielen und die bei den Leuten auch für eine gewisse positive Grundstimmung sorgen. Darauf lehnen wir uns aber nicht zurück. Man darf den Kuchen nicht zu lange im Ofen lassen – sonst brennt er an (lacht). Es gibt so viele Themen, die mich interessieren und mit den Jahren zu Songs wurden. Das geht ausgehend von der Menschheitsgeschichte mit dem Blick von oben auf die Welt, von Philosophischem bis zur Auseinandersetzung mit dem Klimawandel. All das zeichnet das aktuelle Programm genauso aus wie die Kultsongs.

Es dauerte nicht lange, bis wir zusammen teilweise mit geschlossenen Augen spielten

Pohlmann

Apropos Kultsongs: Wer an Pohlmann denkt, denkt auch an „Wenn jetzt Sommer wär“. Das Lied will vermutlich auch jeder hören, der zu einem Pohlmann-Konzert kommt. Willst du’s auch immer noch gerne spielen?

Ja! Das macht mir immer noch Spaß. Da geht es ja auch um die beiden großen Themen Würde und Respekt. Ich meine: Musik ist doch immer größer als man selbst. Wenn man diese Haltung hat, erlebt man sich selbst und seine Musik durch die Emotionen der Menschen, die diesen Spaß an einen weiterreichen, immer aufs Neue. Man hat zwar ein Ego, ist aber auch Mittelsmann beziehungsweise -frau der Musik und das rettet einen. Songs wie „Wenn jetzt Sommer wär“ bringen zudem eine Leichtigkeit mit sich, die ich bei meinen Konzerten auch transportieren will. Es sollen ja keine Trauerveranstaltungen sein.

Pohlmann live gibt es am 20. Januar 2024 um 20 Uhr in der Fabrik

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 12/2023 erschienen.

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