„Schachnovelle“: Oliver Masucci brilliert als Hauptdarsteller

Bartok (Oliver Masucci) entdeckt in seiner Isolationshaft das Schachspielen; Foto: Studiocanal/Walker + Worm Film/Julia Terjung
Bartok (Oliver Masucci) entdeckt in seiner Isolationshaft das Schachspielen; Foto: Studiocanal/Walker + Worm Film/Julia Terjung

In seinem auf Stefan Zweigs gleichnamigen Buch basierenden Film „Schachnovelle“ zeigt Regisseur Philipp Stölzl auf fesselnde Weise, wie die menschliche Vorstellungskraft die schlimmsten Situationen zu überstehen vermag – wenn auch nicht ohne Verluste

Text: Marco Arellano Gomes

Wien 1938. Der österreichische Notar Dr. Josef Bartok (Oliver Masucci) ist ein wohlhabender, gebildeter Lebemann. Genüsslich raucht er seine Carath-Zigaretten und gönnt sich einen kleinen Braunen, morgens liest er Goethe und die Tageszeitung, noch ehe er das Bett verlässt. „Ohne meine geistige Nahrung würde ich elendig verhungern“, gesteht er einem seiner Dienstmädchen. Am Abend besucht Josef mit seiner Frau Anna (Birgit Minichmayr) die Staatsoper. Der neue „Schwanensee“ soll „mehr als ergreifend“ sein – so stand es in seiner Zeitung. Ergreifend ist dann bereits die Fahrt dorthin, vorbei an revoltierenden Anhängern der Nationalsozialisten, die sich den Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland wünschen. „Reiches Pack“ schallt es ihnen entgegen, bevor eine Gruppe auf den Mercedes eindrischt.

Unaufhaltsamer Untergang

Bartok gibt sich gelassen: „Am Sonntag sei der Spuk schon vorbei“, sagt er seiner Frau – so stand es in der Zeitung. „Solange Wien tanzt, kann die Welt nicht untergehen“, flüstert er seiner Frau beim abendlichen Walzer zu. Doch der Untergang ist bereits im vollen Gange: Ein Freund warnt ihn, dass der Einmarsch der Nazis noch für diese Nacht geplant sei und gibt ihm zwei Tickets für eine Überfahrt von Rotterdam nach New York. Da die Nazis in Erfahrung gebracht haben könnten, dass er das beträchtliche Vermögen des österreichischen Adels verwaltet,  fährt Bartok aber zunächst in die Kanzlei, um die entsprechenden Unterlagen zu vernichten. Noch während die Dokumente brennen, wird er gefasst. Er wird zur Vernehmung in das luxuriöse Hotel Métropole gebracht, dem neuen Hauptquartier der Gestapo. Nach einer Unterredung mit dem Gestapo-Leiter Böhm (Albrecht Schuch), der Zugang zu den Konten erhalten will, kommt Bartok in Isolationshaft.

Eine Verfilmung des Romans von Stefan Zweig; Foto: Studiocanal/Walker + Worm Film
Eine Verfilmung des Romans von Stefan Zweig; Foto: Studiocanal/Walker + Worm Film

Über Wochen, Monate, Jahre wird er verhört und gefoltert. Bartok droht mit der Zeit den Verstand zu verlieren. Bis er durch Zufall an ein Schachbuch kommt …

Besetzung: großartig

Beim Schach ginge „es darum, dass Ego des Gegners kleinzukriegen“, sagt der Gestapo-Leiter Böhm bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Und im gesamten Film geht es genau darum: dem Duell der beiden Protagonisten, das auf zwei Ebenen stattfindet. Die Besetzung hätte mit Oliver Masucci („Werk ohne Autor“) und Albrecht Schuch („Systemsprenger“) nicht besser gewählt sein können. Das Kammerspiel der beiden ist fesselnd und ergreifend. Regisseur Philipp Stölzl („Der Medicus“) gelingt eine eindrucksvolle, bildstarke Verfilmung des gleichnamigen erfolgreichsten Romans von Stefan Zweig (1881–1942). Geschickt werden zwei Handlungsstränge parallel erzählt: Zum einen eine Überfahrt nach New York, zum anderen das Verhör im Hotel. Wie beide Erzählstränge zusammenhängen, wird zum Schluss aufgelöst. So wie der Gewinner beim Schachspiel erst zum Ende einer Partie feststeht, es sei denn es gibt keinen.

Schachnovelle, Regie: Philipp Stölzl. Mit Oliver Masucci, Albrecht Schuch, Birgit Minichmayr. 111 Min. Ab 23.9. im Kino

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