Soundlotsen: Hamburger Tonstudios im Porträt

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Foto: Thomas Duffé

Thomas Soltau, Sascha Krüger (Autoren), Thomas Duffé (Fotograf), Florian Zeh (Grafiker) und Alex Gramlich (Ideengeber und Interviewkoordinator) haben für das Buchprojekt „Soundlotsen“ Hamburger Tonstudios und deren Betreiber porträtiert. Ein Gespräch mit Soltau über Frank Spilkers Rumpelhäuschen, Franz Plasas XXL-Aufnahmeareal und Dennis Rux’ 60s-Sound-Labor

Interview: Erik Brandt-Höge

SZENE HAMBURG: Thomas Soltau, im Vorwort von „Soundlotsen“, das am 24. April erschienen ist, heißt es, ihr hättet vor der Arbeit daran keine Ahnung gehabt, welche Schätze in Hamburgs Tonstudios auf euch warten würden. Was habt ihr euch denn zumindest erhofft, dort zu finden?

Thomas Soltau: Gute Geschichten! Denn eins war uns als Kollektiv, das das Buch ohne Verlag gemacht hat, von vornherein klar: Wir wollten keinen Hightech-Porn machen und nur von Ausstattungen und Maschinen erzählen.

Uns ging es darum, zu zeigen, wer die Leute in den Studios sind, was dort passiert, welche Anekdoten es gibt. Und ich muss vielleicht auch noch dazu sagen, dass die fast 20 Studios, die jetzt im Buch zu finden sind, von uns nicht im Vorfeld genauso aufgelistet wurden.

Vielmehr haben wir dieses Projekt peu à peu zusammen geschnibbelt und für die ganze Nummer rund 18 Monate gebraucht. In dieser Zeit kamen immer mehr Studios dazu, die uns von bereits besuchten Studiobetreibern empfohlen wurden. Die haben oft gesagt: „Wenn ihr schon bei uns seid, dann müsst ihr auch noch da und dort hin!“ Es war also ein Prozess.

Die Empfehlung von Studiobetreibern, auch bei Kollegen vorbeizuschauen, zeigt einmal mehr, dass Hamburger Musikschaffende an einem Strang ziehen. Waren sie euch gegenüber auch sofort offenherzig und angetan von der Buchidee?

Es war schon so, dass einige Betreiber uns erst mal ein wenig skeptisch gegenüberstanden. Als sie dann aber gesehen haben, wie viel Leidenschaft in unserer Arbeit steckt, ging die Vernetzung schnell.

Es gab auch überhaupt keine Berührungsängste zwischen Betreibern, die Indie produzieren, und welchen, die seichten Pop machen. Grenzen, von denen viele denken, dass sie da sind, waren einfach nicht da.

Soundlotsen – Die Tour durch das Buch

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Und wann hast du den ersten Schatz in einem der von dir besuchten Studios entdeckt?

Das war gleich bei meinem ersten Studiobesuch. Ich war zu Gast bei Frank Spilker in dessen Die Sterne Studio. Das hat Spilker in einem kleinen, windschiefen Haus in Altona eingerichtet, es ist so ziemlich der Gegenentwurf zum schicken Hightech-Studio. Es ist ein wenig unaufgeräumt, überall liegen und stehen alte Geräte herum. Es hatte unheimlich viel Charme! Da war ich also zum ersten Mal geflasht.

Und eine richtige Studiomagie habe ich zum ersten Mal in den H.O.M.E. Studios von Franz Plasa erlebt. Plasa prägt die Hamburger Musikszene ja schon seit Jahrzehnten. Er hat ein 500 Quadratmeter großes Studio mit mehreren Räumen, in denen zig Musikgrößen ihre Alben aufgenommen haben, unter anderem Mariah Carey und Depeche Mode.

Und als Plasa erzählte, wie es mit Depeche Mode war, als die bei ihm über mehrere Monate diszipliniert an ihren Songs gearbeitet haben, wurde mir bewusst, was für ein historischer Ort das ist. So historisch, dass, wie Plasa meinte, dort sogar mal zwei Busse voller Depeche-Mode-Fans aus aller Welt vorgefahren sind.

Haben die Betreiber eigentlich häufig die gängigen Klischees erfüllt, die um sie kreisen? Etwa, dass sie kauzig, nerdig, irgendwie verrückt sind?

Da kann ich nur von den Betreibern sprechen, die ich besucht habe, nämlich die Hälfte derer, die im Buch sind, bei der anderen Hälfte war mein geschätzter Kollege Sascha Krüger. Und ich kann sagen, dass ich auf keine Leute gestoßen bin, die solche Klischees bestätigten.

Im Gegenteil: Ich habe die Betreiber als sehr in sich ruhend erlebt, als sehr klar bei allem, was sie im Studio machten, auch als sehr zugänglich. Und wenn ich Franz Plasa fragte, wie es denn im Studio mit dem alten „Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll“-Klischee aussehe, bekam ich nur die Antwort: „Die Zeiten sind vorbei.“

Soundlotsen_CoverSo was hätte es noch in den 80er und 90er Jahren gegeben, auch allerhand Extravaganzen von Künstlern, aber heute passiere das nicht mehr. Heute können die Leute sogar ihre Musik zu Hause aufnehmen, und die Betreiber wissen natürlich, dass das, was sie da machen, in Teilen anachronistisch ist.

Wobei man dann wiederum sagen muss, dass es auch Betreiber wie Dennis Rux gibt, der sich in seinen Yeah! Yeah! Yeah! Studios auf den Sound der 60er Jahre fokussiert, genauer: auf den Garage- und Beat-Bereich. Er hat dafür spezielles Equipment wie alte Schlagzeuge und Röhrengeräte, auch ein altes Mischpult, das es so nur zwei- oder dreimal gibt, und das er extra mit einem Lastwagen aus Holland geholt hat – einfach nur, um den gewünschten Sound hinzukriegen. Eine solche Leidenschaft gibt es dann eben doch nur in Tonstudios.

„Soundlotsen“, 24,50 Euro; bestellbar unter: copasetic.de 


Cover Szene Juni 2020 SZENE HAMBURG Stadtmagazin, Juni 2020. Das Magazin ist seit dem 30. Mai 2020 im Handel und  auch im Online Shop oder als ePaper erhältlich! 

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