SZENE HAMBURG: Sven, ist Rosé ein Künstlername?
Sven Rosé: Das Einzige, was ich geerbt hab von meinem Opa, ist sein Name. Er war auch nicht mein leiblicher Opa, aber der Name Rosé ist ein französischer Name und nicht so häufig. Zum Glück. Deshalb bin ich froh, dass ich diesen Namen habe. Außerdem mag ich ihn auch sehr gern.
Du heißt nicht nur Rosé, auch fast dein gesamter Zoo ist rosa. Was fasziniert dich an der Farbe?
Rosa ist halt eine smarte Farbe.
Du malst bevorzugt Tiere.
Tiere und Schiffe hauptsächlich. Ich male meine Bilder mit dem Herzen, deshalb haben meine Tiere große Augen, mit denen man Kontakt aufnehmen kann. Mit Tieren kann man sich gut ausdrücken, finde ich.
Menschen malst du gar nicht?
Menschen mal ich eigentlich ungern.
Rosa ist halt eine smarte Farbe
Sven Rosé
Warum?
Ich habe mich mit der Materie noch nicht so auseinandergesetzt.
Von Sven Rosés Leben als Straßenhändler
Du nennst deinen Stil „Love Art“. Was steckt dahinter?
Ich versuche das, was mir an Intellekt fehlt, mit dem Herzen auszugleichen. Ich bin beim Malen auf mein Herz fokussiert, deshalb Love Art.
Du bist über eine Maltherapie zur Kunst gekommen. Wie hilft Kunst bei persönlichen Problemen?
Mein Problem ist ein psychisches. Ich habe ein Problem, mich zu präsentieren. Einfach nur als Mensch da zu sein. Deshalb versuche ich das mit Kunst auszugleichen.
Was hast du gemacht, bevor du Künstler wurdest?
Ich bin der letzte Straßenhändler Deutschlands (lacht). Mit 16 habe ich auf der Straße Socken verkauft. Dann bin ich nach Frankfurt getrampt, hab da jemand auf der Autobahnraststätte getroffen, den ich kannte. Der hat mich zu einem Modeschmuckgroßhändler mitgenommen. Ab da habe ich in Deutschland Modeschmuck auf der Straße verkauft.
Kurz vor der Wende bin ich dann nach Berlin gezogen. Dort habe ich was Dummes gemacht: Ich bin aus Versehen einfach über die Grenze von West nach Ost gegangen. Die haben mich nicht kontrolliert. Am nächsten Morgen habe ich das beste Bier meines Lebens getrunken. Dann weiß ich nichts mehr und wurde wohl verhaltensauffällig. Die im Osten haben gesagt: Psychiatrie oder Gefängnis. Ich bin in die Psychiatrie und dachte, ich komm da schnell wieder raus. Das war leider nicht so. Ich habe auch noch einen Selbstmordversuch gemacht. Das war heftig. Dann habe ich aber doch noch die Biege zur Kunst hingekriegt. Das ist ziemlich cool. Angefangen zu malen habe ich bei der Johann-Wilhelm-Rautenberg-Gesellschaft e. V., die mich auch künstlerisch betreut.
Herzensprojekte, verkaufte Bilder und echte Rosés
Du findest das Material für deine Bilder auf der Straße?
Das mach ich sehr gerne. Ich male auf Obstkisten, auf Kaffeesäcken, auf alten Schallplatten, auf allem, was ich so finde. Im Moment versuche ich etwas mit Collagen und Alufolie zu machen. Die Leute stehen auf meine Tiere und ich versuche, die auf verschiedenste Art und Weise zu präsentieren. Wenn man Materialien verwendet, die andere wegwerfen, kann man die Leute vielleicht auch etwas zum Nachdenken bringen. Ich finde es schön, etwas aufzuwerten, was andere nicht mehr haben wollen.
Ich bin der letzte Straßenhändler Deutschlands
Sven Rosé
Was ist deine Botschaft?
Liebe. Ich habe als Kind zu wenig Liebe bekommen. Das versuche ich jetzt durch meine Bilder auszudrücken.
Du bist, wenn man so will, in einer Art Dauerausstellung. Du verkaufst deine Bilder vorm Mercado, auf St. Pauli und in Övelgönne. Wie reagieren die Leute auf dich und deine Kunst?
Das Problem mit meinen Bildern ist, dass so viele Leute schon ein Bild von mir haben. Aber das macht nichts. Wenn man das kombiniert mit einem anderen Bild oder auch eines daneben hängt – das sieht auch sehr schön aus. Außerdem kann man meine Bilder auch sehr schön verschenken. Statt einer Flasche Wein einen echten Rosé (lacht). Insgesamt reagieren die Leute sehr positiv. Ich habe schon so viele Bilder verkauft, dass ich das gar nicht mehr in Zahlen erfassen kann. Das ist kein Spruch oder so.
Gab es auch mal ungewöhnliche Reaktionen?
Nee, im Großen und Ganzen mögen die Leute einfach meine Bilder.
Sven Rosé über Kunst und Inklusion
Du bist schon ziemlich bekannt. Was ist ein nächstes Ziel?
Ich würde gern mal in eine andere Preisliga kommen. Hierzu plane ich, etwas mit Acrylglas zu machen. Da muss ich sehen, dass ich das mit Katharina Holstein-Sturm zusammen auf die Reihe kriege. Insgesamt will ich mich aber darauf fixieren, das zu machen, worauf ich Lust habe. Geld verdienen macht mir natürlich auch Spaß, aber ich will mich auf Sachen fokussieren, bei denen ich sage: Das möchte ich gerne machen.
Katharina Holstein-Sturm begleitet dich als Kunstmentorin. Wie sieht die Unterstützung aus?
Katharina versucht gemeinsam mit der Hamburger Arbeitsassistenz in Kooperation mit EUCREA, ein Verband, der sich seit 1989 für die Förderung von Kunst und Inklusion einsetzt, mir als behindertem Künstler mehr Teilhabe zu verschaffen. Katharina ist selbst Künstlerin und teilt ihr Wissen mit mir. Sie berät mich in kreativen Fragen und hilft mir, mich professioneller aufzustellen. Und sie macht meine Pressearbeit. Das war ziemlich cool, was sie da geschafft hat. Sie hat mich in die „Mopo“ gebracht. Und im „Hamburg Magazin“ wurde ein Bild von mir verlost. Kürzlich hat mich eine Dame auf der Straße von Sat.1 angesprochen. Die haben bei mir in der Werkstatt im Kölibri am Hein-Köllisch-Platz gedreht.
Hast du in nächster Zeit Ausstellungspläne?
Die nächste Ausstellung findet im Haus5 Restaurant in der Seewartenstraße 10 statt: vom 6. Januar bis 24. Februar 2025. Die Vernissage beginnt um 16 Uhr. Da muss ich mich noch drauf vorbereiten. Das ist immer eine Herausforderung für mich. Aber Lampenfieber hat, glaube ich, jeder.
Weitere Infos und aktuelle Werke gibt es auf der Website von Sven Rosé.
Dieses Interview ist zuerst in SZENE HAMBURG 01/2025 erschienen.