Tagein, tagaus wirbeln knapp zwei Millionen Menschen durch Hamburg. Wir fischen sie für einen Moment aus ihrem Alltag und lauschen ihren Geschichten. Diese Woche sind wir Isa begegnet.
Protokoll: Max Nölke
„Früher war nicht alles besser – es war alles anders. Was bringt es dir, ständig zurück zu schauen? Genauso wenig ist es sinnvoll, den Blick immer Richtung Zukunft zu richten. Nein, ich finde, man ist dazu verpflichtet, sich selber glücklich zu machen. Und zwar hier und jetzt. Auch mit 81 Jahren.
Meine Mutter ist früh gestorben und ich habe mein erstes Kind verloren. Heute habe ich ein Kind und drei Enkeltöchter, die alle in ihren Zwanzigern sind. Fürs Studium leben nun alle drei in Hamburg. Das macht mich zu einem wunschlos glücklichen Menschen. Manchmal sitzen wir bei mir zu Hause, machen bis nachts um zwei Uhr Musik und dann sagt eine von ihnen: ‚Nirgends ist’s so schön wie bei dir, Oma‘.
Da fällt mir ein, es gibt dieses Lied von Herbert Grönemeyer: Sekundenglück. Und es stimmt einfach, was er darin singt. Glück besteht nicht aus immerwährenden Dingen wie Reichtum oder sonst einem Tralala. Es besteht aus Momenten. Du machst morgens um zehn vor sechs das Fenster auf und da singt ein winziger Vogel mit einer unglaublichen Power. Dann stelle ich mir vor, wie viele Leute das gerade hören und sich das gleiche denken wie ich.
Von nichts abhängig
Wenn du glücklich werden willst, bist nur du selbst dafür zuständig, das kann kein anderer. Bei mir hat es 45 Jahre gedauert, bis ich das verstanden habe. Aber ich erinnere mich noch an eine Situation, in der mir das bewusst geworden ist. Es ist eigentlich eine unspektakuläre Geschichte: Da war ein Freund von mir, wir wohnten im selben Haus und er sagte: ‚Wenn du mir erzählst, was ich heute anziehen soll, dann nehme ich dich in meinem Auto mit‘.
Ich habe mich drauf eingelassen und ihm bei der Krawattenauswahl geholfen, dann hat er mich in seinem Wagen herumgefahren. Und plötzlich habe ich gemerkt, dass ich gar nicht in diesem Auto sitzen möchte. Ich wollte den Weg viel lieber laufen, weil ich wusste: Um diese Uhrzeit geht in der Straße um die Ecke immer die Sonne auf. Da ist mir zum ersten Mal wirklich bewusst geworden, dass ich von nichts abhängig bin. Erst recht nicht von irgendeinem scharfen Sportwagen.“