Camran: „Ich komm‘ nicht am Kino vorbei“

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SZENEzeigen Camran: „Ich komm’ nicht am Kino vorbei“ (Foto: Rosa Krohn)

Tagein, tagaus wirbeln knapp zwei Millionen Menschen durch Hamburg. Wir fischen sie für einen Moment aus ihrem Alltag und lauschen ihren Geschichten. Diese Woche sind wir Camran begegnet

Protokoll:Rosa Krohn

„Ich arbeite neben meinem Studium im Passage Kino. Ich bin absolut filmbegeistert und kann mit dem Job einen Teil meiner Leidenschaft ausleben. Als Mitarbeiter im Kino ist man meist unsichtbar und trotzdem ist es großartig, ein Teil von Hamburgs Kinowelt zu sein. 2017 habe ich hier das erste Mal einen Film gesehen und sofort nach offenen Stellen gefragt. Seitdem bin ich im Ticketverkauf oder an der Bar tätig. Was ich aber am liebsten mache, ist der Job des Platzanweisers. Damit ist man am nächsten an dem dran, was tatsächlich im Kinosaal passiert. Auf der Leinwand können dabei Dinge stattfinden, die so tief in das Leben oder in das, was man sich vom Leben erhofft, eindringen, wie es der Realität oft nicht gelingt. Man reist durch die Zeit und durch die Welt.

Der Film und die Stadt

Neben meiner Arbeit hier gehe ich selbst zwei- bis dreimal wöchentlich ins Kino. Dabei liegen mir besonders die Programmkinos am Herzen. Sie führen mich durch die Stadt. Das Schöne am Film ist, dass man nach dem Kinobesuch ganz anders mit der Stadt interagiert. Ich liebe das wiederkehrende Gefühl, nach einem guten Film zurück ins Leben zu gehen. Auf Hamburgs Straßen zu spüren, wie man durch das, was man soeben im Saal erlebt hat, geprägt ist. Zu sehen, wie die Stadt darauf reagiert. Mal ist Hamburg dann eine italienische Stadt in den 1960er-Jahren, mal New York im Winter oder eine Wüste im Iran. Die Stadt hat die Fähigkeit, Gesehenes zu erweitern und zu verschönern, ohne es naiv zu idealisieren. Ich habe mich schon oft vor einem Film schlecht gefühlt und danach wieder gut.

Die Realität bleibt wichtiger

Der gemeinsame Nenner guter Filme liegt für mich darin, wie persönlich sie sind, so beschrieb es auch der norwegische Regisseur Joachim Trier kürzlich in einem Interview. Für mich kann ein Film unabhängig von Genre und Form gut sein. Wenn er mich einnimmt und auffordert, dem Wunsch nachzugehen, innerlich zu handeln und zu erfahren, was uns ausmacht, was schön und was gut ist. Trotzdem ist es mir wichtig zu betonen, dass ich das Leben dem Film immer vorziehe. Die Realität ist und bleibt wichtiger. Letztlich ist das Kino für mich nüchtern betrachtet mein Arbeitsplatz und dennoch: Als die U3 lange Zeit nicht fuhr, kam ich auf dem Nachhauseweg täglich mit dem Bus hier entlang und stieg jedes Mal aus. Immer. Ich komm’ einfach nicht am Kino vorbei.“


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