14 Nummer-eins-Alben in den Billboard Charts und 14 Songs des neuen Albums gleichzeitig auf den obersten Plätzen der US-Single-Charts – alles, was Taylor Swift anfasst, wird zu Gold. Oder, um es in Musikindustrie-Vokabular zu sagen: zu Platin. Aus dem All-American Girl, das seine Karriere 2006 als Country-Musikerin startete, ist im Laufe der Zeit ein wandelbarer und selbstbestimmter Superstar geworden. So nahm die Sängerin vier ihrer Alben mit dem Zusatz „Taylor’s Version“ selbst neu auf. Der Grund: Die Rechte an den Master Recordings liegen bei ihrem alten Plattenlabel, mit dem sie sich zerworfen hat.
Zuletzt hat die 34-Jährige im April ihr elftes Studioalbum „The Tortured Poets Department“ veröffentlicht, seit März 2023 ist sie auf ausverkaufter „The Eras Tour“ rund um die Welt. Und diese führt Taylor Swift am 23. und 24. Juli auch nach Hamburg ins Volksparkstadion. Was die glücklichen Fans, die im aufwendigen Ticketvergabeverfahren eine Konzertkarte ergattern konnten, erwartet? Eine rund dreistündige Show, bei der die Pop-Ikone mehr als 40 Songs quer durch ihre Diskografie performen wird. Jedes Album stellt eine andere und neue Taylor-Ära dar, die mit jeder Menge Bühnenbild-, Licht-, Instrumenten- und Kostümwechseln einhergeht. Den Support für das Taylor Swift-Konzert in Hamburg übernimmt die Alternative-Band Paramore.
Wer beim Ticketverkauf leer ausgegangen ist oder sich nach dem Konzert mehr Swift-Sound geben möchte, kann an beiden Abenden im Hamburger Kent Club weiterfeiern. Hier findet die Taylor Swift Night statt, eine deutschlandweite Partyreihe des Unternehmens A&L Chances – von Swifties für Swifties, wie sich die Fans der Sängerin selbst bezeichnen. „In der ersten Stunde spielen wir Lieder von verwandten Künstlern wie Olivia Rodrigo und Harry Styles, damit niemand sein Lieblingslied verpasst. Danach gibt es ausschließlich Taylor Swift. Zusätzlich haben wir eine ‚Sad Song Half Hour‘, in der die emotionaleren Lieder gespielt werden“, fasst Veranstalterin und Geschäftsführerin Annalena Mätzner das Event-Konzept zusammen.
Aftershowparty in Hamburg: Taylor Swift Night
Ende April war die Taylor Swift Night schon einmal in Hamburg zu Gast. Ein bunt gemischtes Publikum zwischen 18 und 50 Jahren feierte zu Hits wie „Shake It Off“ und „I Did Something Bad“. Laut Mätzner gehe es bei den Partys besonders familiär und herzlich zu. „Jeder kann sich kleiden und stylen, wie es ihm gefällt. Die Gäste können ihre Gefühle beim Feiern frei ausleben“, sagt sie. Ein Eindruck, den Clubleiter Holger Stein bestätigen kann. „Uns gefällt vor allem die positive Stimmung und, dass alle sehr respektvoll miteinander sind. Dieses Feedback bekommen wir auch von unseren Mitarbeitenden.“ Auf der Aftershowparty sieht er neben Konzertbesucherinnen und -besuchern noch eine andere Zielgruppe: „Es werden wahrscheinlich auch eine Menge Fans in Hamburg sein, die für die Konzerte keine Karten mehr ergattern konnten. Es freut uns, für sie eine Möglichkeit zu schaffen, dennoch das Swiftie-Fieber in der Stadt zu erleben.“
Die thematisch abgestimmten Partys sind nur ein Ausdruck der Taylor Swift-Fankultur. Mittlerweile bieten einige Universitäten Seminare an, in denen die Teilnehmenden gemeinsam die Texte der Musikerin analysieren. In Melbourne fand im Februar 2024 sogar eine ganze akademische Konferenz dazu statt, das erste „Swiftposium“. In der Hansestadt bietet Hochschulsport Hamburg immerhin ein „The Eras Workout“ an: ein 90-minütiges Training zu den Hits von Taylor Swift. Dabei stehen Aufwärmphase, Hauptteil und Cool-down in Verbindung zu ihren verschiedenen musikalischen Ären. Und selbst die Bücherhallen lockten im Mai mit einem „Cruel Summer in Lokstedt“. Bei diesem Angebot konnten Swifties an einem Nachmittag Buttons, Jutebeutel und die unter Fans so beliebten Freundschaftsbändchen gestalten, um sich auf die Konzerte im Juli einzustimmen.
So ticken Swifties
Katharina wird Taylor Swift in Hamburg und Gelsenkirchen live erleben. Eines der Tickets hat sie von ihren Freundinnen geschenkt bekommen, Freundschaftsbändchen mit dem Schriftzug „Fearless“ – so heißt das zweite Album der Sängerin – inklusive. Dieses wird sie bei den Konzerten tragen und mit auf ihre Lieblings-Era „Midnights“ abgestimmten Outfits kombinieren. Inspiriert vom Song „Lavender Haze“ zieht Katharina am ersten Abend ein Glitzertop mit einem lavendelfarbenen Blazer an, am zweiten ein buntes Paillettenkleid, das zum Lied „Bejewels“ passt. Die Musik von Taylor Swift fühlt sie seit dem Album „Reputation“, „weil ich das mit meinem Masterstudium und meinen Freundinnen aus dieser Zeit verbinde“, sagt sie.
Auch Melike zählt sich zu den Swifties. Die 29-Jährige hat zwar keine Tickets für eines der Deutschland-Konzerte bekommen, will aber mit einer Freundin nach München reisen, um dort vom Olympiaberg aus die Show mitzuverfolgen. Was sie an der Musikerin so fasziniert? „Anfangs war es die Tatsache, dass sie mit 16, 17 Jahren ihre ganzen Songs wirklich selbst, teilweise nur mit einer anderen Songwriterin geschrieben hat.“ Auch dass Taylor Swift so jung schon ihre eigenen Gefühle reflektieren konnte, habe sie beeindruckt. Seitdem die Sängerin im November 2008 ihr zweites Album „Fearless“ rausgebracht hat, ist Melike Fan – und steht dazu. „Mir ist das nicht unangenehm und es ist mir auch egal, wenn dies von anderen belächelt wird. Viele Nicht-Swifties haben leider ein etwas verzerrtes, teilweise auch falsches Bild von Taylor, besonders in Deutschland“, sagt sie. Mit anderen Fans wiederum habe sie über ihre Liebe zu dem Weltstar bereits Freundschaften geschlossen.
Warum wird Taylor Swift so gehypt?
Für ihre Fans ist Taylor Swift das größte musikalische Genie und ein Vorbild als Sängerin, aber auch als Geschäftsfrau. Doch was unterscheidet sie von anderen, ebenfalls erfolgreichen und stimmlich versierten Popstars? Für Prof. Dr. Tobias Kurwinkel vom Institut für Germanistik an der Universität Hamburg sind es neben der Eingängigkeit ihrer Musik und den Geschichten, die ihre Songs erzählen, vor allem die Inszenierungspraktiken, die ein bestimmtes Medienbild der Person erzeugen. „Nicht nur Taylor Swift inszeniert sich auf eine gewisse Art und Weise, sondern auch – und vielleicht vor allem – der Kontext, der Musikbetrieb, in dem sie sich bewegt“, erklärt der Dozent, dessen Forschungsschwerpunkt auf Kinder- und Jugendliteratur und -medien liegt. „Wahrheit und Authentizität“ seien dabei zwei wichtige Dimensionen ihres Medienbildes. „Taylor Swift signalisiert, dass sie nahbar, nicht abgehoben wie andere Stars sei“, sagt Kurwinkel.
Es gibt wohl keinen Star, der ein derart enges Verhältnis zu seinen Fans pflegt
Prof. Dr. Tobias Kurwinkel
Dabei wisse die Sängerin, was sie ihren Fans schulde. „Es gibt wohl keinen Star, der ein derart enges Verhältnis zu seinen Fans pflegt. So schreibt sie mit ihnen auf verschiedenen Social-Media-Kanälen und kennt ihre Fans entsprechend sehr genau.“ Weil Taylor Swift ihre Fans dabei regelrecht beobachtet, gibt es für diese Interaktionen von und mit ihr sogar einen eigenen Begriff: „Taylurking“, abgeleitet vom englischen Verb „to lurk“ (dt., insbesondere auf Social Media, fremde Beiträge im Hintergrund mitlesen, ohne selbst Content zu posten). Für die Swifties ist es das Größte, wenn ihr Idol sie „stalkt“ und einen Beitrag von ihnen likt oder Bilder repostet.
Taylor Swift-Konzerte in Hamburg: Hotels haben noch Kapazitäten
Für alle, die kurzfristig an eine Karte für eines der Hamburg-Konzerte von Taylor Swift gelangen und von außerhalb anreisen, hat Kathrin Wirth-Ueberschär, Vizepräsidentin des DEHOGA Hamburg und Direktorin des Hotels Reichshof Hamburg, eine gute Nachricht: „Es gibt in der Stadt noch Betten.“ Dennoch habe die Ankündigung des Tourtermins von Beginn an Auswirkungen auf die Hotelbuchungen in der Stadt gehabt. „Mit dem Start des Ticketverkaufs stieg die Nachfrage“, sagt sie. Wenn die Zimmer knapp werden, rät sie dazu, die Buchungsplattform von Hamburg Tourismus zu nutzen, um noch fündig zu werden. Doch ein Hotel in Hamburg zu finden, sollte für Swifties das geringste Problem sein, um ihrem Star nahe zu sein.
Taylor Swift live, am 23. und 24. Juli 2024 im Volksparkstadion, 18 Uhr
Dieser Artikel ist zuerst in SZENE HAMBURG 07/2024 erschienen.