Die 1920er-Jahre, gern die Goldenen genannt, verlieren beim näheren Anschauen an Glanz. Und genau hingeschaut hat das Team vom Axensprung Theater, bevor es sich daran machte, jene wegweisende Epoche ebenso spannend wie unterhaltsam für die Bühne aufzubereiten. Das Ergebnis: die Weimar-Trilogie, bestehend aus den drei Abendfüllern „Gier“, „Vulkan“ und „Ruin“. Der Erzählzeitraum umfasst die Jahre von 1919 bis 1933 und stellt die Entstehung und Niederschlagung der ersten deutschen Demokratie ins Zentrum. Unlängst wurde der dritte Teil uraufgeführt, und der thematisiert mit „Weimar – Die geschasste Republik“ den (un-)aufhaltsamen Aufstieg der NSDAP. Das Alleinstellungsmerkmal aller drei großartigen Schauspiele: Historisch verbürgte Personen treffen auf fiktive Charaktere, Menschen mit Ecken und Kanten, und auf diese Weise wird hautnah spürbar, wie damalige politische Ereignisse den Alltag beeinträchtigten.
Knackige Dialoge in zeitgemäßem Ambiente
Marta beispielsweise, politisch links, kapituliert im Konflikt mit ihrem Sohn, der unbedingt zum Treffen der „Hitlerjugend“ will. Ihre Freundin Lucy erhofft sich als Fotografin durch den Kontakt zu Leni Riefenstahl einen Karriereschub, wird indes als Jüdin fallengelassen. Musiker Karlo soll im Auftrag von Hamburgs Gauleiter Kaufmann etwas Passendes zwischen Hymne und Marsch komponieren, für die Einweihung einer NSDAP-Zentrale. Bei diesem Fest will auch Paul erscheinen, SPD-Mann, und er hat ein besonderes Mitbringsel dabei eine Bombe … Erik Schäffler entwickelte gemeinsam mit dem Ensemble (Oliver Hermann, Angelina Kamp und Mignon Remé) die knackigen Dialoge, er inszeniert und schlüpft in mehrere Rollen. Stilsicher steuert Markus Voigt passende Songs bei, großflächige Projektionen (O. Hermann) sorgen für das zeitgemäße Ambiente. Erstmals sind nun alle drei Stücke gebündelt zu sehen. Mit der Weimar-Trilogie gelingt Axensprung ein Quantensprung im Genre Theater.
„WEIMAR-Trilogie“ im Tschaikowsky-Saal. Termine unter anderem: Gier, 18.–22., 30. September 2023; Vulkan, 22.–24., 26., 27. September 2023; Ruin, 27.–29. September 2023
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 09/2023 erschienen.