Vom Wohnzimmer in die ganze Stadt

Radiomoderator Tim Gafron wurde als einer der letzten Mitarbeiter von Radio Hamburg ins Homeoffice geschickt. Ausgestattet mit einem 25.000 Euro teuren Home-Studio sendet er seit ein paar Wochen aus seinem Wohnzimmer. Wie sein neuer Alltag aussieht und wer ihn unbedingt mal zu Hause besuchen soll, erzählt er im Interview.
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Foto: Tim Gafron

SZENE HAMBURG: Tim, ist dein Zuhause gerade mehr Wohnung oder mehr Studio?

Sowohl als auch (lacht). Es fühlt sich aber zumindest noch nicht so an, als wenn ich auf der Arbeit übernachten würde.

Radiomoderatoren müssen auch in der Krise die Stellung halten. Wie kam es dazu, dass dein Wohnzimmer zum Studio wurde?

Das kam durch die Omikron-Variante. Bis auf uns Moderatoren sind die meisten im Sender seit Monaten im Homeoffice.

Mir wurde ein Home-Studio gebaut, damit wir uns noch weiter separieren können. Die „Morning Show“ kommt jetzt morgens aus dem Hauptstudio in der Spitalerstraße, der Vormittag wird in der Mönckebergstraße übernommen und dann wird das Staffelholz zu mir in die Wohnung nach Eimsbüttel übergeben. Ich habe schon vom Hamburger Dom oder von Konzerten aus gesendet. Über mehrere Wochen zu Hause zu moderieren ist aber eine Besonderheit.

„Aufpassen, dass ich die Nachbarn nicht belästige“

Wurde das Studio als Paket zu dir nach Hause geschickt und du hast es dann selbst aufgebaut, oder wie kann man sich das vorstellen?

Tatsächlich kam das bei mir alles in einem großen Kasten an. In dem Moment bin ich mir vorgekommen wie ein Superstar, der auf Tour geht. Bei Konzerten haben Musiker ihre Instrumente auch immer in solchen riesigen Koffern. In so einem Ding waren auch mein großes Mischpult und die Monitore.

Ein Techniker hat das innerhalb von einer Stunde bei mir zu Hause aufgebaut. Meine größte Angst ist, dass ich bei den ganzen Kabeln und dem verlegten Strom etwas kaputt mache und wir dann nicht mehr auf Sendung sind. Vom Schnittplatz, übers Mischpult bis hin zu den Monitoren habe ich mir das hier alles mittlerweile etwas zurechtgestellt.

Also gibt es zu einem normalen Studio eigentlich keinen großen Unterschied mehr?

Normalerweise drehe ich die Musik im Studio auf volle Lautstärke. Ich fühle mich unbeobachtet bei der Arbeit und tanze auch gerne. Zu Hause muss ich aufpassen, dass ich die Nachbarn damit nicht belästige. Manche Hörer haben gesagt, dass sie an Stelle meiner Nachbarn sagen würden, dass alle Pakete bei Tim Gafron abgegeben werden können.

Ein Home-Studio für 25.000 Euro

Es gibt eine ganze Reihe an Dingen, die im Homeoffice schief gehen können. Internetprobleme stehen ganz oben auf der Liste. Kannst du nachts ruhig schlafen?

Ich schaffe es noch nachts zu schlafen (lacht). Allerdings gibt es auch mal Internetstörungen. Wir haben aber eigentlich für ein Back-up gesorgt. In meinem Pult sind verschiedenste Handykarten von wirklich jedem Netzanbieter.

Radio Hamburg hat also keine Kosten und Mühen gescheut …

Ich musste schlucken, als ich gehört habe, dass diese ganze Aktion um und bei 25.000 Euro gekostet hat. Das ist jetzt definitiv das Wertvollste in meiner Wohnung.

Auch andere Redaktionen haben Formate im Homeoffice ausprobiert. Ist das Home-Studio die Zukunft des Moderierens?

Man muss dabei immer unterscheiden zwischen Moderieren und Kommentieren. Der große Unterschied bei uns ist, dass ich ein komplettes Studiopult in meinem Wohnzimmer habe. Ich weiß gar nicht, ob es das so überhaupt schon einmal bei einem Sender in Deutschland gab. Ich habe hier Zugriff auf alles, was beim Radio wichtig ist. Das so etwas möglich ist, finde ich wahnsinnig spannend.

Willst du überhaupt zurück ins Hauptstudio?

Für eine gewisse Zeit finde ich das echt okay so. Nach meiner Sendung bin ich aber immer ziemlich aufgekratzt. Die eigentliche halbstündige Bahnfahrt ist ideal, um runterzukommen. Es ist schon komisch, wenn ich nach der Sendung im Wohnzimmer sitze, den Rechner zuklappe und noch völlig aufgekratzt anfange, in der Küche zu kochen.

Hörer in der Küche

Im Studio empfängst du gerne mal den einen oder anderen Popstar. Wenn du einen Wunsch frei hättest, wer sollte dich dann unbedingt mal zu Hause besuchen?

Wer es zum Beispiel nicht weit hätte, wäre Zoe Wees. Die kommt aus meinem Stadtteil. Würde sie jetzt sagen: „Tim, ich bin in zwanzig Minuten da“, dann würde ich ihr auch einen ganz tollen Kaffee machen (lacht).

Generell ist es ein kleiner Traum, dass mich ein Künstler mal in meinem Home-Studio besuchen kommt.

Bevor du ins Homeoffice gegangen bist, hast du aus dem „gläsernen Studio“ in der Barkhoff Passage moderiert. Beides ist auf eigene Art und Weise gläsern. Auf Instagram kann man dir außerdem bei der Arbeit zusehen. Wo hattest du das Gefühl, mehr Privates von dir preiszugeben?

Es kommt immer drauf an was man zeigt. Klar sieht man jetzt ab und zu Teile aus meinem Wohnzimmer. Ich habe die Hörer am Nachmittag auch manchmal mit in die Küche genommen wenn ich mir einen Kaffee gemacht habe. Ich finde es als Moderator aber gerade schön, dieselben Probleme zu haben wie meine Hörer: Der Rechner funktioniert nicht, die Nachbarn sind zu laut oder es ist eine nervige Baustelle vor der Tür.

Wirklich beobachtet habe ich mich im gläsernen Studio gefühlt. Da kann jeder vorbeikommen und die ganze Zeit dastehen und zuschauen. Bei mir zu Hause geht das nicht. Ich wohne zum Glück nicht im Erdgeschoss (lacht).


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