Der Grund für die Umbenennung liegt auf der Hand. Der Begriff Mohrenstraße stammt aus dem 18. Jahrhundert und ist geprägt von kolonial-rassistischer Sprache. Er diskriminiert schwarze Menschen und macht einen Unterschied zwischen dem „Wir“ und „den anderen“. Werte, die unsere heutige Gesellschaft nicht mehr vertritt. Seit dem 23. August ist die Straße nun nach Anton Wilhelm Amo, dem ersten bekannten Philosophen afrikanischer Herkunft, der im 18. Jahrhundert in Deutschland lehrte, benannt.
Seit den 1990er-Jahren gab es aber auch immer wieder Stimmen die sich gegen eine Umbenennung aussprachen. Kritiker brachten beispielsweise vor, dass der Name Mohrenstraße dazu anrege, sich kritisch mit dem Berlin der Zeit um 1700 auseinanderzusetzen und zu reflektieren. Die Umbenennung von Straßennamen könne auch als ein Verbergen der schuldhaften Vergangenheit fungieren.
Es ist eine ähnliche Frage wie mit dem Streichen rassistischer Begriffe aus Kinderbüchern, aus denen jüngst rassistische Begriffe gestrichen und durch neutralere ersetzt, um rassistische Sprache nicht weiter zu verbreiten. Fakt ist, dass Straßennamen ein probates Mittel sind, um Personen zu ehren. Die Ehrung des ersten bekannten lehrenden Philosophen afrikanischer Herkunft in Deutschland ist also in jedem Fall ein Gewinn.
Kolonialgeschichte Hamburgs: Straßenumbenennungen auch in der Hansestadt ein wichtiges Thema
Auch in Hamburg gab es Ende letzten Jahres Umbenennungen von Straßen, die bis dato Täter des Kolonialismus ehrten. Kaufmann und Reeder Adolph Woermann war Mitbegründer der Kolonie Deutsch-Südwestafrika und profitierte stark von der Ausbeutung der Einheimischen. Der Woermannsweg in Hamburg-Ohlsdorf wurde daher in Louisa-Kamana-Weg umbenannt. Kamana und ihr Neugeborenes wurden 1903 von einem deutschen Händler erschossen, als sie sich gegen einen Vergewaltigungsversuch wehren wollte. Auch eine Umbenennung des Woermannstiegs in Cornelius-Fredericks-Stieg wurde Ende 2024 beschlossen. Cornelius Fredericks war ein wichtiger Widerstandskämpfer gegen die deutsche Kolonialherrschaft.
Jüdische Straßennamen: Neben der Kolonialzeit sind auch Straßennamen durch die NS-Zeit gezeichnet
In Hamburg läuft zudem seit 1985 ein Prozess zur Umbenennung von Straßen, die NS-belastete Personen ehren. Die Nationalsozialisten selbst hatten in den Jahren 1933 bis 1938 einer Umbenennung aller Straßen, die jüdische Namen trugen per Erlass befohlen und umgesetzt. Noch heute tragen viele Straßen in Hamburg die Namen von NS-Tätern und -Profiteuren. Eine vollständige Liste aller betroffenen Namen läge laut „Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen“ nicht vor. Zuletzt wurde Anfang August 2025 die Hindenburgstraße in Hamburg-Nord in Traute-Lafrenz-Straße umbenannt. Paul von Hindenburg war Reichspräsident in der Weimarer Republik und ernannte Adolf Hitler 1993 zum Reichskanzler. Traute Lafrenz war Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ und von großer Bedeutung für deren Hamburger Zweig.