Vielfalt sprechen: Kleines Glossar der Diversität 

Vielfalt – so facettenreich wie das Wort selbst sind auch die Begriffe, die damit in Verbindung stehen. Dabei ist die Liste lang, wächst stetig und aktualisiert sich dauerhaft. Einige ausgewählte Begriffe zum Thema sind in diesem Glossar versammelt
Vielfalt und Diversität im Regenbogen
Diversität und dessen Anerkennung braucht eine sensiblere Sprache und dieses Glossar gibt einen ersten Überblick (©unsplash/katie rainbow)

Ableismus

Ableismus kommt aus dem Englischen („ableism“ = deutsch: Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) und beschreibt das Reduzieren von Menschen mit Behinderung auf eben diese und betont die ungleiche Behandlung und stereotype Zuschreibungen, die Menschen aufgrund ihrer Einschränkung erfahren. Der Begriff beruht auf der Vorstellung einer vermeintlichen Norm von kognitiven und körperlichen Fähigkeiten („able“ = deutsch: fähig) und kann sowohl in abwertender als auch aufwertender Form („Das ist dir trotz deiner Behinderung richtig gut gelungen.“) auftreten. 

Ageism

Ageism kommt ebenfalls aus dem Englischen („ageism“ = deutsch: Altersdiskriminierung). Während im beruflichen Umfeld älteren Leuten oft weniger körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zugetraut wird, erfahren jüngere Menschen häufig die unbegründete Zuschreibung von Naivität. Dabei werden Potenziale der Vielfalt verschenkt, da das Alter einer Person keine Auskunft über ihre Persönlichkeit, Kompetenzen oder Fähigkeiten gibt. Auch Ageism äußert sich in abwertender und aufwertender Form („Du hast dich aber gut gehalten für dein Alter.“).

Ally(ship)

Ally(ship), aus dem Englischen („ally“ = deutsch: Verbündete:r), bedeutet die Solidarisierung mit von Diskriminierung betroffenen Gruppen, zu denen man selbst aber nicht gehört. Am Beispiel Rassismus etwa inkludiert das die Prüfung eigener Privilegien, die Erkennung von Alltagsrassismus sowie eine Reaktion darauf, Bildung zum Thema Rassismus und die aktive Unterstützung betroffener Personen. 

Awareness

Aus dem Englischen („to be aware“ = deutsch: aufmerksam sein). Awareness ist ein Konzept, um diskriminierende Strukturen aufzulösen und persönliche körperliche und psychische Grenzen zu wahren, indem grenzüberschreitendes Verhalten aufgezeigt und nicht toleriert wird. Die Grundsätze beinhalten unter anderem Vertraulichkeit und Parteilichkeit (Solidarität mit der betroffenen Person), um den öffentlichen Raum für alle sicherer zu gestalten und so auch die Selbstbestimmung verschiedener Communitys zu stärken.  Damit geht „woke“ zu sein einher – Diskriminierungen und soziale, politische und/oder strukturelle Missstände werden gesehen, weil man wach(sam) ist. 

Barrierefreiheit

Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen ohne fremde Hilfe am öffentlichen Leben teilnehmen können und damit mehr Vielfalt ermöglicht wird. Dabei geht es um mehr als Aufzüge und Rollstuhlrampen: Formulare in Leichter Sprache, Vorträge mit Gebärdensprachdolmetscher:in oder Untertitelung gehören ebenfalls dazu. Im Zuge der Digitalisierung bedeutet Barrierefreiheit auch, dass Bildbeschreibungen für blinde Menschen hinterlegt werden oder Videos mit Audiodeskription verfügbar sind.

BIPoC

Als Ablösung des kolonialistischen Begriffs „farbig“ wurde Person/People of Color (PoC) zu einer politischen Selbstbezeichnung für Menschen, die von der Mehrheitsgesellschaft als nicht-weiß angesehen werden und mit rassistischen Erfahrungen konfrontiert sind. Die inklusive Erweiterung zu BIPoC steht für: Black, Indigenous, People of Color. Außerdem schließt sie damit Schwarze und indigene Menschen ausdrücklich mit ein. Mit Schwarz und weiß ist in diesem Kontext nicht die Schattierung der Haut eines Menschen gemeint, sondern eine (gesellschafts-)politische Positionierung, um Lebensrealitäten in einer nach wie vor rassistisch strukturierten Gesellschaft abzubilden. Um diesen Unterschied deutlich zu machen, wird Schwarz in diesem Zusammenhang immer großgeschrieben. Bei weiß dagegen gibt es zwei Schreibweisen: analog zu Schwarz ebenfalls mit großem Anfangsbuchstaben, oder aber klein und kursiv.

Cisgender

Aus dem Lateinischen (Präfix „cis-“ = deutsch: diesseits); als cisgender oder cisgeschlechtlich werden die Menschen bezeichnet, deren bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht ihrer Geschlechtsidentität entspricht. Die Verwendung des Begriffs dient zur Verdeutlichung, dass keine Geschlechtsidentität mehr oder weniger selbstverständlich ist als andere. Der Überbegriff trans* (Präfix „trans-“ = deutsch: über, durch) dagegen umfasst die Menschen, die sich nicht oder nur teilweise mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren können. Damit sollen alle Personen abgeholt werden, die sich selbst als transgender, transgeschlechtlich, transsexuell oder transident bezeichnen. Verwendung: trans* Frau – cis Frau oder trans* Mann – cis Mann. 

Diversity-Dimensionen

Nach der Charta der Vielfalt e. V., einem gemeinnützigen Verein zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen, sind die sieben Kern-Dimensionen von Diversität: 1. Alter, 2. ethnische Herkunft und Nationalität, 3. Geschlecht und geschlechtliche Identität, 4. körperliche und geistige Fähigkeiten, 5. Religion und Weltanschauung, 6. sexuelle Orientierung und 7. soziale Herkunft.

Empowerment

Empowerment, aus dem Englischen („empower = deutsch: ermächtigen, befähigen, stärken), bedeutet Stärkung von Eigenmacht und Autonomie. Der Begriff steht dabei für die aktive Aneignung von Kraft und Selbstbestimmung von Personen, die (Mehrfach-)Diskriminierung erfahren. Betroffene erleben durch diese Erfahrungen oft ein Gefühl der Ohnmacht, wobei Empowerment sie aus diesem Zustand heraustreten lässt.

FLINTA*

FLINTA* ist die Abkürzung für: Frauen (Personen, die sich als weiblich identifizieren), Lesben (weiblich gelesene Personen, deren sexuelle Orientierung homosexuell ist), inter* Personen, die von Geburt an sowohl als männlich als auch als weiblich konstruierte Geschlechtsmerkmale vereinen, nicht-binäre Personen, die sich weder nur mit dem männlichen noch nur mit dem weiblichen Geschlecht identifizieren, trans* Personen und agender Personen, die kein Geschlecht haben, sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen oder das Konzept Geschlecht ablehnen. Das Sternchen beinhaltet im Sinne der Vielfalt auch alle Menschen, die sich nicht mit den genannten Geschlechtsidentitäten identifizieren können, aber dennoch in einer patriarchalen, heteronormativen Mehrheitsgesellschaft marginalisiert werden. 

LGBTIQA+

Der Begriff beinhaltet verschiedene sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten, die häufig deswegen Diskriminierung erfahren. Die Abkürzung steht für lesbian (lesbisch), gay (schwul), bisexual/biromantic (bisexuell/biromantisch), trans*, inter*, queer und asexual/aromantic (asexuell/aromantisch). Das Pluszeichen am Ende verdeutlicht, dass es noch mehr nicht-heteronormative Lebensweisen gibt, die nicht in die Abkürzung eingeflossen sind. Auch der Begriff LGBTIQAP+ ist geläufig. Dabei wurde die Abkürzung noch um pansexual/panromantic (pansexuell/panromantisch) ergänzt. Also Menschen, die sich sexuell und/oder romantisch zu Personen aller Geschlechter hingezogen fühlen beziehungsweise ihre Anziehung nicht vom Geschlecht des Gegenübers abhängig machen. 

Lookismus

Aus dem Englischen („look“ = deutsch: Aussehen) abgeleitet; bezeichnet die Diskriminierung von Personen aufgrund ihres äußerlichen Erscheinungsbildes. Das Phänomen resultiert aus gesellschaftlichen Idealvorstellungen zu bestimmten optischen Merkmalen wie beispielsweise Gewicht, Größe und Aussehen und geschieht oft unterbewusst.

Menschen mit internationaler Geschichte

Eine Alternativformulierung zu der Bezeichnung „Menschen mit Migrationshintergrund“, da diese zunehmend kritisiert wird. Der Migrationshintergrund sagt nämlich nichts über die Lebensrealität der betroffenen Person aus, etwa ihre Diskriminierungserfahrungen. Auch können sich Menschen, die in Deutschland geboren wurden, aber mindestens einen Elternteil haben, der nicht von Geburt an die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, nicht mit diesem Label identifizieren. Weitere Alternativen: Diverskulturelle, Interkulturelle, Menschen mit Einwanderungsgeschichte. 

Neurodiversität

Überbegriff zur Zusammenfassung des breiten Spektrums neurologischer Entwicklungsvielfalt, zum Beispiel Autismus, ADHS oder Dyslexie. Menschen, die sich in diesem Spektrum verorten, gelten als neurodivergent. Wohingegen Menschen mit einer neurologischen Entwicklung innerhalb der psychischen und medizinischen Norm als neurotypisch gelten. Der Begriff basiert auf dem Ansatz, dass neurobiologische Unterschiede keine Störung oder Krankheit darstellen.

Dieses Glossar erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sprache vielfältig, ständig im Wandel und daher sind auch diese Begriffe ständiger Anpassung und Wandlung unterworfen. 

Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG „Divers(c)ity“ 2023 erschienen.

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