SZENE HAMBURG: Stefanie und Luca, seit 2017 erfüllt der Hamburger Wünschewagen letzte Herzenswünsche von sterbenskranken Menschen. Wie seid ihr zu dieser Arbeit gekommen – und wie genau sieht diese im Alltag aus?
Luca Möhring: Ich habe 2018 ehrenamtlich angefangen und wurde dann während meines Studiums 2019 gefragt, ob ich die Projektkoordination übernehmen möchte – und seitdem bin ich hier. Dabei kümmere ich mich um die Koordination, alle technischen Fragen und Anforderungen an den Wünschewagen, unsere Wunschfahrten und begleite auch hin und wieder Wunschfahrten.
Stefanie Meyer: Ich bin tatsächlich über einen Fernsehbericht im NDR auf den Wünschewagen aufmerksam geworden. Nach 25 Jahren in einer sehr kommerzgeprägten Branche im Zeitschriftenverlag, fand ich die Vorstellung für etwas sinnstiftendes neue Wege zu gehen, sehr reizvoll. Kurze Zeit später bin ich über die Stellenausschreibung für das Fundraising, die Öffentlichkeitsarbeit und Koordination gestolpert, habe mich beworben und nun bin ich mittendrin. Die Wunschfahrten prägen unseren Alltag stark und machen ihn leider oft schwer planbar. Morgens haben wir meist einen Plan, der im Verlauf des Tages durcheinandergerüttelt wird. Viele Wunschfahrten müssen kurzfristig abgesagt werden, weil sich der Gesundheitszustand der Menschen verschlechtert oder der Wünschende verstorben ist. In solchen Fällen versuchen wir, unsere Ehrenamtlichen nicht zu entlasten, sondern den nächsten Wünschenden trotzdem eine Fahrt zu ermöglichen. Dadurch planen wir mehrfach am Tag neu. Nebenbei bleibt natürlich der normale Alltag mit Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit und Co. bestehen.
Wir versuchen, alles zu ermöglichen
Luca Möhring

Noch einmal einen Delfin streicheln, ins Fußballstadion gehen, das Eheversprechen erneuern: Es wurden schon ganz verschiedene letzte Wünsche erfüllt. Sicherlich war das immer sehr berührend. Erinnert ihr euch dennoch an besonders emotionale Momente?
Luca: Besonders emotional war die Hochzeit eines jungen Paares, 25 und 30 Jahre, das noch heiraten wollte. Wir haben den Wünschenden aus dem Krankenhaus abgeholt, zur Hochzeit und Feier begleitet – das war wirklich hoch emotional. Es gibt aber viele weitere bewegende Momente, bei denen die Umstände mitspielen. Zum Beispiel haben wir kürzlich eine Fahrt nach Wacken begleitet. Wenn man sieht, wie das Team vor Ort, das Publikum und auch die Bands auf uns zukommen und diesen Tag zu etwas Besonderem machen, bewegt das uns zutiefst und wirkt oft noch Tage oder Wochen nach.
Gab es auch schon Wünsche, die ihr aus bestimmten Gründen nicht erfüllen konntet?
Luca: Grundsätzlich können wir keine Wünsche erfüllen, die eine Fahrt in die Schweiz beinhalten – aus rein rechtlichen Gründen. Ansonsten versuchen wir, alles zu ermöglichen. Die Idee ist oft, dass die Fahrt an einem Tag realisiert werden kann, weil Ehrenamtliche diese Fahrten begleiten und Zeit investieren, wobei die Ehrenamtlichen meist am nächsten Tag wieder arbeiten müssen. Es gab jedoch auch Fahrten mit Übernachtungen in Dänemark oder in Österreich. Manchmal teilen wir Fahrten außerdem mit Wunschwagen aus anderen Bundesländern, damit jeder möglichst nur eine Teilstrecke fahren muss.
Spenden für den Wünschewagen Hamburg
Der Wünschewagen finanziert sich durch Spenden. Klappt das in Hamburg soweit ganz gut?
Stefanie: Ja, in Hamburg klappt das soweit gut. Wir haben sehr treue, langjährige Dauerspender, sowohl Stiftungen als auch Privatpersonen, die unser Projekt kontinuierlich unterstützen und damit einen festen Hebel für unsere Arbeit bilden. Dazu kommen regelmäßig spontane Spenden, die unser Vorhaben zusätzlich stärken und am Laufen halten. Besonders erfreulich ist, wie kreativ die Menschen geworden sind: Es gibt immer mehr Anlässe, zu denen Spenden gesammelt werden. Geburtstage, Trauerfeiern – statt Blumen –, oder Spendenaktionen im Sportverein – auch im Kollegenkreis am Arbeitsplatz entstehen vielfältige Initiativen. Es berührt uns, zu sehen, dass immer mehr Menschen darüber nachdenken, wie sie etwas Nachhaltiges schaffen können – und dass dabei die Idee des Gemeinsamen, Hilfsbereiten und Zukunftsorientierten im Vordergrund steht.
Dieser Artikel ist zuerst in der SZENE HAMBURG 09/25 erschienen.